Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Opfer)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 


 

Stichwort: Opfer

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.

 

  • Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)

    Hat das verhängniß mir den steg zu dir verzehrt /
    Kan ich / o Göttin! nicht dein rein altar berühren /
    Soll auf dein heiligthum ich keinen finger führen /
    So hat mir doch die pflicht noch keine zeit verwehrt.
    Mein geist muß
    opfer seyn / mein herze wird der herd /
    Ich thue / was ich kan / und was sich wil gebühren /
    Ich weiß / du wirst itzund mehr als genug verspüren /
    Was vor ein reiner dampf zu deinem throne fährt.
    Ich ehre dich allhier / zwar ohne licht und kerzen /
    Durch einen heissen trieb / aus einem reinem herzen /
    Die flamme brennet zwar itzt durch verdeckten schein /
    Und beug ich keine knie / so beug ich das gemüthe /
    Acht wörter rühren mir itzunder mein geblüte:
    Die Gottheit wil geehrt / und nicht geschauet seyn.
    _____

     

 

18. Jh.

 

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    Kurz und gut

    Sollt ich mich denn so ganz an sie gewöhnen?
    Das wäre mir zuletzt doch reine Plage.
    Darum versuch ichs gleich am heutgen Tage
    Und nahe nicht dem vielgewohnten Schönen.

    Wie aber mag ich dich, mein Herz, versöhnen,
    Daß ich im wichtgen Fall dich nicht befrage?
    Wohlan! Komm her! Wir äußern unsre Klage
    In liebevollen, traurig heitern Tönen.

    Siehst du, es geht! Des Dichters Wink gewärtig
    Melodisch klingt die durchgespielte Leier,
    Ein
    Liebesopfer traulich darzubringen.

    Du denkst es kaum, und sieh! das Lied ist fertig
    Allein was nun? - Ich dächt, im ersten Feuer
    Wir eilten hin, es vor ihr selbst zu singen.
    _____

     

  • Johann Christian Günther (1695-1723)

    Eröfne mir das Feld der Brüste,
    Entschleus die wollustschwangre Schoos,
    Gieb mir die schönen Lenden blos,
    Bis sich des Monden Neid entrüste!
    Die Nacht ist unsrer Lust bequem,
    Die Sternen schimmern angenehm
    Und buhlen uns nur zum Exempel;
    Drum gieb mir der Verliebten Kost,
    Ich schencke dir der Wollust Most
    Zum
    Opfer in der Keuschheit Tempel.
    _____


     

19./20. Jh.

 

  • Udo Brachvogel (1835-1913)

    Wie soll ich meine Gluthen Dir bekennen?
    Es hat die Welt kein Wort um sie zu nennen.
    In tausend Schmerzenslanzen will ich freudig
    Für Dich, ein Winkelried der Liebe rennen.
    Nimm hin zu stetem Schmuck mein Lied, mein Herzblut,
    Und laß mich einst, wenn uns Dämonen trennen,
    Zum Scheiterhaufen thürmend diese Lieder,
    Zu Füßen Dir als
    Opfer mich verbrennen!
    _____

     

  • Carl Ferdinand Dräxler-Manfred (1806-1879)

    Du fern, fern von mir, o Pein!
    Ich kann es nicht länger ertragen,
    Nicht länger kann ich durch Täuschung und Schein
    Dieß Sehnen des Herzens vertagen.
    Fern meinem glühenden Kusse, der still,
    Gleich einer heiligen
    Opferflamme
    Auf dem Altare deiner Reize brennen will;
    Fern meiner Sehnsucht, die einer Venus gleich
    Aus den Wellen deiner Schönheit aufgestiegen,
    Sich in deinen Armen, so weiß und weich
    Liebetrunken einzuwiegen.
    _____

     

  • Ilse Franke-Oehl (1881-1938)

    Liebesopfer

    Laß uns glühende Rosen und Kerzen
    Zum Altar des Lebens tragen.
    Laß uns unsre blühenden Herzen
    Opfernd zerschlagen.

    Unsrer Liebe Brunst
    Hat noch trüben Schein.
    Aber in Rauch und Dunst
    Bläst Gottes Odem hinein,
    Wenn wir in Demut
    Unsre Glut
    Ihm weihn.

    Vor seinem Atem zerstieben
    Asche und Rauch.
    Nun ist unser Lieben
    Rein wie Gottes Hauch.
    _____

     

  • Else Galen-Gube (1869-1922)

    Götzendienst

    Ich knie vor dem Altar, den ich der Liebe
    für dich geweiht, doch bring ich weder Kerzen,
    noch Rosen, und auch Weihrauch streu ich nicht.
    Ich hab für dich noch andre
    Opferspenden.
    Zum Allerheiligsten in meinen Händen
    trag ich als Liebesgabe ein Gedicht.

    Ein Lied, ein schlichtes Lied nur will ich singen
    vom Glück, geboren einst in heilger Stunde,
    ein Hymnus voller Jubel soll es sein.
    Laß mich ihn knieend dir zu Füßen legen
    und spende mir als Priester deinen Segen,
    du, meines dunklen Schicksals Sonnenschein!
    _____

     

  • Elisabeth Grube geb. Diez (1803-1871)

    Der Liebe
    Opferdienst

    Ein wundersames Räthsel ist die Liebe,
    Sie thaut hernieder wie ein Maienregen
    Und ihrem stillen mütterlichen Segen
    Entkeimen hold die zarten Frühlingstriebe,
    Auf daß mein Herz ein jugendfrisches bliebe
    Strahlt mir dein Blick jungfräulich mild entgegen,
    Vor deinem Gruße klopft's mit heißen Schlägen
    Und schnell erwacht die Schlummernde, die Liebe.
    O, zweifle nicht, siehst du den Schein erblassen -
    Und ist es schwer das Ideal erreichen -
    Wir zünden des Altares Flamm' auf's Neue;
    Zum
    Opferdienst laß mich die Hände fassen,
    Die anmuthvoll sich mir entgegen reichen,
    Ich liebe dich, - ich glaub' an deine Treue.
    _____

     

  • Ida von Hahn-Hahn (1805-1880)

    Trostlosigkeit

    Warum weckt ihr, rauhe Lüfte,
    Mich aus meinem Grab, so tief? -
    Meine Liebe ist mir ferne -
    O, wie ich so selig schlief!

    Warum weckt mich Morgensonne
    Aus des Traumes stiller Nacht? -
    Weiß sie nicht: von Ihm zu träumen,
    Holder ist's, als wenn sie lacht.

    Warum wecken Blum' und Sterne
    Glüh'nde Sehnsucht in mir auf,
    Warum nehmen Flut und Wolken
    Ewig meiner Liebe Lauf? -

    Warum singen Nachtigallen
    Mit dem süßen Klagelaut
    Alle Schmerzen meines Busens,
    Die ich keinem Ohr vertraut?

    Ein Gedächtniß seiner Schöne
    Ist für mich nur die Natur,
    Und worauf der Blick auf falle,
    Sieht er seines Wesens Spur.

    Ewig wandelt mir zur Seite
    Trauernd die Erinn'rung mit;
    Wie ich Aug' und Sinn auch wende,
    Sie nur leitet jeden Schritt.

    Nun denn Liebe, heil'ge Liebe,
    Dir geweiht sei mein Altar,
    Und dies Herz, das du verzehrest,
    Bringt sich selbst als
    Opfer dar.
    _____

     

  • Wilhelm Ritter von Hertz (1835-1902)

    Komm, laß mit Myrthen dir umlauben
    Der Wangen rothgeküßtes Licht!
    Und frage nicht nach meinem Glauben,
    Du kleiner Träumer, frage nicht!

    Ob ich zum Himmelsbürger tauge,
    Lehrt dieses Busens Heiligthum;
    Es predigt mir dein dunkles Auge
    Ein heitres Evangelium.

    Und seit du meine Augenlider
    Mit nektarfeuchtem Kuß geweiht,
    Schau' ich die schöne Gottheit wieder
    In aller ihrer Herrlichkeit.

    Ihr Tempel ist der ew'ge Aether,
    Dein Marmorleib ist ihr Altar,
    Dort bringe ich, ein trunk'ner Beter,
    Der Liebe
    Flammenopfer dar.
    _____

     

  • Alma Johanna Koenig (1887-1942)

    Ich habe dich wie einen Gott verehrt,
    den man lobpreisend nur in Hymnen nennt,
    das
    Opferfeuer, das noch heute brennt,
    das hat nicht Öl, mein Blut hat es genährt.

    Ich, die der Liebe große Mythen kennt,
    ich blieb wie alle Frauen unbelehrt -
    denn nie ertrug's ein Mann je, so verklärt
    zu ragen ins erbleichte Firmament.

    Ich schuf dich neu, den Gott erschaffen hat,
    ich gab dir Ewigkeit und pflückte mir
    vom Kranze deiner Jugend Blatt um Blatt.

    So
    opfert ich - und frevelte an dir.
    Und der Ambrosia der Götter satt,
    fraßest du dunkle Erde wie ein Tier.
    _____

    Herr, gib, daß ich den wilden Sinn bezwinge,
    da mir die Qual geschieht, um die Du weißt!
    Herr, gib mir, daß das Herz mir nicht vereist,
    wenn ich sein Alles Dir zum
    Opfer bringe!

    Herr, gib, daß nicht mein Wunsch das Band zerreißt,
    das mich noch fesselt an die Welt der Dinge!
    Herr, gib, daß Deinen Frieden ich erringe,
    wenn ich vollbracht, was Dein Gebot mich heißt.

    Dein Wille, nicht mein armer Wunsch geschehe.
    Du weißt es, Herr, woran es mir gebricht.
    Durch Tränenschleier ahn ich Deine Nähe.

    Nur Du, o Herr, - nur Du verlaß mich nicht,
    da ich am Abgrund aller Welten stehe.
    Im Dunkel stehe. Denn mir brennt kein Licht.
    _____

     

  • Theodor Körner (1791-1813)

    Poesie und Liebe

    Der Sänger rührt der Leier goldne Saiten,
    Und in der Seele ist das Lied erwacht;
    Es strahlt durch das gewalt'ge Reich der Nacht
    Ein göttlich Licht zum
    Opfer aller Zeiten.

    Ein Wesen nur vermag den Klang zu deuten;
    Es naht sich still in süßer Himmelspracht,
    Und wie vom Götterhauche angefacht,
    Erglüht das Lied, die Wolken zu durchschreiten.

    Da wogt ein üpp'ges Meer von Harmonieen;
    Es schwebt das trunkne Lied im Strahlenflore
    Durch Lichtgefilde einer ew'gen Klarheit.

    Wo Lieb' und Dichtkunst ineinander glühen,
    Da öffnen sich des Himmels Rosentore,
    Und aufwärts fliegt das Herz zur heil'gen Wahrheit.
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  • Rosa Mayreder (1858-1938)

    Bei jenem Glück, das wir vereint genossen,
    Ein Glück, das paradiesisch wunschlos war,
    Als ich dich mir gewann und morgenklar
    Der Neigung erste Strahlen dich umflossen -

    Bei jenen Tränen, die du einst vergossen,
    Beredte Zeugen einer heilgen Wahl,
    Als sich vor deinem Blick zum ersten Mal
    Die Tiefe meiner Liebe aufgeschlossen -

    Laß uns, die dunklen Mächte abzuwehren,
    Die aus dem Bann sich reißen, der sie hielt,
    Das Werk des lichten Reiches zu verheeren -

    Wie fromme Seelen weihen
    Opferkerzen,
    Entzündet vor der Himmelsliebe Bild,
    Laß uns als
    Opfer weihen unsre Herzen!
    _____

     

  • August Graf von Platen (1796-1835)

    Es sei gesegnet wer die Welt verachtet,
    Denn falscher ist sie, als es Worte malen:
    Sie sammelt grausam unsern Schmerz in Schalen,
    Und reicht zum Trunk sie, wenn wir halb verschmachtet.

    Mir, den als Werkzeug immer sie betrachtet,
    Mir preßt Gesang sie aus mit tausend Qualen,
    Läßt ihn vielleicht durch ferne Zeiten strahlen,
    Ich aber werd als
    Opfertier geschlachtet.

    O ihr, die ihr beneidetet mein Leben,
    Und meinen glücklichen Beruf erhobet,
    Wie könnt in Irrtum ihr so lange schweben?

    Hätt ich nicht jedes Gift der Welt erprobet,
    Nie hätt ich ganz dem Himmel mich ergeben,
    Und nie vollendet, was ihr liebt und lobet.
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