Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Venus)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



 

Stichwort: Venus

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.

 

  • Anonyme Barockdichter

    Der
    Venus klag um Adonis grab

    Adonis grab ist hier; mehr sagt die liebe nicht /
    Und
    Venus seel entschläft bey diesem leichen-steine.
    Ach hochgeliebter leib! ach werthste todten-beine!
    Ach himmlischer Adon! mein mattes herze bricht
    In lieb und thränen aus: die thränen sollen zeugen /
    Daß meine liebe wird zu keinen zeiten schweigen.
    Wo ist Adonis sarg? wo ist Adonis grab?
    Daß
    Venus nicht zugleich sich auf die baare leget /
    Wie wenn ein rauher wind die blumen niederschläget /
    Schlägt tulp und nelck entzwey / und bricht die blumen ab.
    So war mein lebens-geist von herz und seel entrissen /
    Als meinen lieben schatz ein wildes schwein gebissen.
    Ach ewiger verlust! unwiderrufflich fall!
    Ich habe deine schoos dem himmel vorgezogen /
    Holdseeliger Adon! nun seel und geist verflogen /
    So stirbt die
    Venus auch. Ich hörte fast den schall
    Und wie du mich zuletzt / mein tausend-lieb / gesegnet /
    Als dir diß ungeheuer im finstern wald begegnet.
    Ich ging und suchte drauf mein leben in dem häyn /
    Und fand da meinen tod / Adonis sternen-glieder
    Sind durch des wildes biß besprützet hin und wieder
    Vom schaum des rothen bluts. Ich bracht ihm himmel-wein
    Und edlen perlen tranck / herzstärckende muscaten /
    In hoffnung meinem sohn und besten schatz zu rathen;
    Vergebens! ob ich schon den weichen mund geküst /
    Und tausend mahl geschryn: erwache meine seele!
    So regte sich kein glied / ja was ich nicht verheele /
    Ich habe selbst zuletzt krafft / seel und geist vermist.
    Ich werd auch nimmer schön / mein' anmuth ist gestorben /
    Und mit Adonis pracht der
    Venus glanz verdorben.
    Bedenck ich jene lust und gegenwärtig leid /
    Ja wenn der himmel gleich in lauter rosen lebte /
    Wenn höchst' ergötzlichkeit um meine scheitel schwebte /
    So blieb ich unbewegt / biß daß die süsse zeit
    Mich gab Adonis gunst / den ich verschwendrisch küste /
    Sein alabaster arm umschränckte meine brüste;
    So hat niemand geliebt / und niemand weiß es so /
    Die seelen nur allein beschlossen was geschehen /
    Der monde hat uns offt ganz holdreich zugesehen /
    Er ward an meiner brust / und ich an seiner froh;
    Sein mund hier mein rubin / ich schenckt ihm himmels-flüsse
    Und selbte macht ich noch mit liebes-zucker süsse.
    Nun seh ich nichts als noth / und dein verblichner leib /
    Mein einzig liebes kind / entseelt mein kranckes herze:
    Doch daß ein denckmal sey / wie hoch ich dich beschmerze /
    So bau ich hier dein grab / das keine zeit zerreib' /
    Und in vergessenheit die lange nächte stürtze /
    Mit thränen salb ich dich statt weit-geholter würze.
    Hier ist Adonis grab und auch mein heiligthum.
    Ein mensch mag bahr und gruft mit göldnen ampeln zieren /
    Ich göttin will um dich die stern als fackeln führen.
    Und wie die leichen sonst schmückt eine schöne blum /
    So soll das schöne blut in anämonen sincken /
    Und bey dem rosen-lenz in purpur-kleidern blincken.
    Was mehr? den leichgesang / das bittre todten-lied
    Stimmt
    Venus ewig an / der himmel hilfft mir klagen /
    Die lüfte seuftzen mit / der westenwind soll sagen /
    Wie tief ich traurig sey: Ich bin nicht groß bemüht /
    Um das beliebte grab viel säulen aufzuführen /
    Die liebe soll es mehr mit ihren wundern zieren.
    Daß Artemis ja dort des ehmann asche tranck /
    Ist viel und liebes werth; Ich opffre meine seele /
    Die zwar nicht sichtbar ist / der lieben grabes-höle;
    Und saget nun iemand / daß
    Venus bleich und kranck /
    Der wisse / da Adon mein trost und lieb erblichen /
    Daß ich zugleich mit ihm aus der welt gewichen.
    Die überschrifft wird sonst dem marmel einverleibt;
    Ich will sie ins gemüth der späten nachwelt graben /
    Dran soll der buler volck den schönsten spiegel haben /
    Wo nicht der grosse schmerz die lieb ins elend treibt:
    Hier ruht der schönheit schatz und
    Venus holde zierden /
    Tritt nicht zu nah hinzu! der stein macht die begierden.
    _____


    Wie sie die schwanen auf dem
    wasser an sich lockte

    Als
    Venus neulich war zum himmel aufgeflogen /
    Weil frost und strenge lufft sich hier auf erden fand /
    Und sich in schneller eil der kalten welt entzogen /
    Doch ehstens hier zu seyn in frischer hoffnung stand;
    So ließ sie noch zuvor die schwanen für sich kommen /
    Die sonst der
    Venus volck und liebes-boten seyn /
    Und die sie anfangs bald zu diensten angenommen /
    Als diese göttin erst sich fand auf erden ein.
    Sie sprach: Mein werthes volck / ihr meine hof-trabanten /
    Die ihr mir jederzeit bisher getreu gewest /
    Und als der buhlerey geheimste abgesandten /
    Euch fleißig eingestellt bey meinem opfer-fest /
    Ihr zeugen meiner lust / ich muß itzt von euch scheiden /
    Die rauhe winters-zeit verjagt mich aus der welt /
    Ich muß / ob wolt ich nicht / euch eine zeitlang meiden /
    Und dort im himmel seyn den göttern beygestellt.
    Doch hof ich auch zugleich in kurzem euch zu schauen /
    Zieht ihr indessen hin / gebrauchet euch der zeit /
    Lebt wohl in süsser lust und lieblichem vertrauen /
    Biß meine gegenwart euch wiederum erfreut.
    Hiemit so hat sie sich bald in die lufft geschwungen /
    Und ließ dies weiße volck bestürzt und traurig stehn /
    Der schmerz kam hauffen-weiß auf sie herzugedrungen /
    Es schien / sie solten fast in noth und angst vergehn.
    Sie zitterten vor furcht und bebeten vor schrecken /
    Sie schwommen in der irr ganz einsam und betrübt.
    Und hat die bange zeit / so alles wil beflecken /
    Die gröste grausamkeit an ihnen ausgeübt.
    Doch gestern weiß ich nicht / wies das verhängnüs schickte /
    Diß aber weis ich wohl / es kam von ohngefehr /
    Daß diese schwanen-volck / Melinde / dich erblickte /
    Als es noch voller schmerz so irret hin und her.
    Wie häufig kamen sie nicht auf dich zugedrungen /
    Der meinung:
    Venus sey nun wieder auf der welt /
    Sie habe wiederum sich himmelab geschwungen /
    Und sich in deine zierd und schönste pracht verstellt.
    Sie sahen auch das feur in deinen augen blitzen /
    Das
    Venus nur allein in ihren sonnen trägt /
    Und das durch einen blick kan seel und geist erhitzen /
    Wann dieser wunderzeug die heissen kräffte regt.
    Den purpur / den sie sonst auff
    Venus mund gefunden /
    Der zarten wangen pracht und süße lieblichkeit /
    Diß alles sahen sie bey dir noch unverschwunden /
    Und in dem höchsten glanz vollkommen ausgestreut.
    Was wunder wann sie denn vor
    Venus dich erkanten /
    Und deinen bloßen winck in stiller furcht verehrt /
    Daß sie / der
    Venus volck und treuste abgesandten /
    Zu dir / als herrscherin sich alsobald gekehrt?
    Melinde / glaube dem / der dich noch nie belogen /
    Es hat dich die natur recht himmlisch ausgeziert /
    Kein wunder / wann du nun die schwanen hast betrogen /
    Ich selber bin von dir auch in das garn geführt.
    Drum gönne / daß ich dich darf meine
    Venus nennen /
    Und weil du schon mein herz hast einmal angezündt /
    So laß mich ferner noch in diesem feuer brennen /
    Das seine nahrung blos in deinen augen findt.
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    Auff ihre Schönheit

    Dein schöner mund kan rosen übersteigen /
    Und wenn dein arm mit der narcisse spielt /
    Muß die beschämt ihr haubt zur erden neigen /
    Weil sie die macht von deiner schönheit fühlt;
    Denn deiner hand gebleichte silber-liljen /
    Die können schnee und alabaster tilgen.

    Mein antlitz bricht / wenn dein entflammtes blitzen /
    Durch schwarze nacht verbulter augen schlägt /
    Ja wenn sich will dein heisser blitz erhitzen /
    Der meinen geist schier in die asche legt /
    So muß das gold der sonnen dieser erden /
    In einem nu erblast und dunckel werden.

    Die nackte brust gespitzet mit rubinen /
    Der schöne hals mit perlen überschneit /
    Die sind der ort wo
    Venus mir erschienen /
    Und wo ihr sohn mir waffen zubereit /
    Kurz du allein / (ich rede frey von höhnen)
    Bist und wirfst seyn die Crone aller schönen.
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    Die sorgen-volle liebe

    Was ist die lust des sorgen-vollen lieben
    So nur der eitle wahn hochschätzt?
    Hat Götter sie nicht von dem thron getrieben
    In unvollkommenheit gesetzt?
    Wer will mag mit dem Jupiter,
    Europen führen durch gefahr und meer.

    Traut nicht zu sehr den engel-gleichen blicken /
    Ihr glanz verdüstert unsre pracht /
    Ihr auge kan die unsrigen zu drücken /
    Wenn man seyn volles licht betracht;
    Ein donnerblitz offt viele blendt /
    Was wunder! wenn gedoppelt feuer brennt!

    Der haare zier sind trübsands sanffte wellen /
    Wo unsre ruh und geist versinckt /
    Ihr Meer kan wohl in stille sich verstellen /
    Woraus doch sturm und wetter dringt;
    Was hoffet man beständigs mehr /
    Die
    Venus kommt ja selbst von wellen her.

    Auff wangen blühn offt schmerzen gleiche freuden /
    Ihr purpur hegt versüste pein
    Hüllt nicht die sonn‘ ihr nebel-schwarzes scheiden
    Offt in gezwungne klarheit ein?
    Der strahl den uns der abend schickt /
    Wird bald hernach mit finsternüß bestrickt.

    Ein ander mag in
    Venus-Muschel schwimmen /
    Kein wasser leschet diese gluth /
    Auff diesem Meer sind der Syrenen stimmen /
    Bey welchen das verderben ruht /
    Drum soll mein letzter willen seyn:
    Man meide stets der
    Venus zauberschein.
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  • Johann von Besser (1654-1729)

    Ruhestatt der Liebe /
    oder
    Die schooß der Geliebten

    (...)
    Man sagt: die
    Venus sey / ihr wesen zu verstellen /
    Nicht nach gemeiner art / besonders aus den wellen
    In einer muschel helm empfangen und gezeugt /
    Wo sie des meeres schaum gewieget und gesäugt.

    Wer glaubet solches nicht / der
    Venus thun erweget?
    Weil aber eine schooß der muschel bildniß träget /
    Glaub ich / daß
    Venus gar / was sie ans licht gebracht /
    Hernach zu einer schooß der ganzen welt gemacht.

    Daß / als die herrscherin ihr muschel-schiff verlassen /
    Sie / aller menschen herz in diesen schrein zu fassen /
    Die muschel in die schooß der weiber eingeschrenckt /
    Und sich nachgehends selbst / zur wohnung / nachgesenckt.

    Wenn diesem also ist / wie wir es glauben müssen /
    Kein wunder daß uns denn die schooß zu sich gerissen /
    Wo alle reitzungen / wo
    Venus und ihr kind /
    Die liebe / ja wir selbst / mit ihr gebohren sind.

    Kein wunder daß man wünscht in dieser muschel-wiegen /
    Weil sie darinnen wohnt / der
    Venus beyzuliegen /
    Daß man die liebe sucht / wo ihre lager-statt /
    Da / wo diß kleine schild ihr hauß bezeichnet hat. (...)
    _____


    Sonnet
    Andere klage der
    Venus über den todt Adonis

    Ach weh! Ach ewig weh! mein leben das ist todt!
    Die seele / meine seel / Adonis ist erblasset /
    Ach! daß mich nicht zugleich des schicksals rath gefasset!
    O herber sternen-schluß! O unerhörte noth!
    Weg was ich sonst geliebt / weg was ich sonst gebot.
    Es ist durchaus geschehn! Ich bin mir selbst verhasset
    Ich ruf euch götter an / wie daß ihr mich verlasset?
    Euch sag ich ruff ich an / und mir zu hohn und spott.
    Verflucht sey dieses thier das meinen schatz zerritzet /
    Geseegnet dieser platz / der durch sein blut besprützet /
    Das grabmahl bau ich hier / das soll ihm heilig seyn /
    Aus diesem rothen safft soll blühn die Anemone /
    Des lenzens höchste zier und aller blumen krone /
    So lange leuchten wird der göldnen sonnen schein.
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  • Christoph Gottehr Burghart (1682-1745)

    Die schöne Comödiantin

    Was rühmt sich Spanien mit seiner Calderone /
    In deren liebes-Garn ein grosser Philipp fällt?
    Hier ist Angelica so ihr die wage hält /
    Ein ungemeines bild / das eher einer crone
    Als jene würdig ist / ja auff dem liebes-throne
    Wird sie der
    Venus schon als Göttin zugesellt /
    Den Fürsten lieben sie die götter unsrer welt;
    Was will Angelica denn mehr zu ihrem lohne?
    Ha! werthes vaterland dein ruhm muß ewig stehn /
    Dann / wenn von uns sie wird in frembde länder gehn /
    So werden diese gar / doch aber falsch gedencken
    Daß sie Elysien der schönheit sonn' entwandt /
    Nein! es ist ein Comet / den wir euch zugesandt /
    Die sonnen pflegen wir nicht leichtlich wegzuschencken.
    _____


     

  • Georg Greflinger (um 1620-1677)

    Nuda
    Venus

    Bringet eure Meynung ein/
    Ihr/ die ihr von
    Venus prahlet.
    Was für Uhrsach mag es seyn/
    Daß man
    Venus nackend mahlet?
    Uhrsach/ weil sie gerne liebt/
    Was sich bloß und nackend giebt.

    Es ist etwas. Aber hört:
    Sie wird darumb bloß gemahlet/
    Weil sie euer Gut verzehrt
    Und euch mit der Blösse zahlet/
    Der sich ihr zu viel vertraut
    Blösset sich an Gut und Haut.

    Sie ist bloß/ weil sie entdeckt
    Und diß alles bloß lässt sehen
    Was in unserm Hertzen steckt/
    Wie dem Simson ist geschehen.
    Billicht meine letzten Zwey/
    So stimm ich auch eurem bey.

    Es ist gefährlicher die
    Venus nackend sehen/
    Als den geharnschten Mars mit blosser Hand angehen/
    Mars würget nur das Blut/ du aber geiles Weib
    Erwürgest Seel und Leib.
    _____


    Neue Liebe

    Sey gnädig über Wort und Sinn/
    Die jemahls sind aus mir ergangen/
    Du aller Hertzen Zwingerinn/
    Daß du mich fort nicht mehr sollst fangen.
    Daß ich vor dir sehr franck und frey/
    Und allerdings gewapnet sey.

    O Göttin
    Venus/ deine Macht
    Lacht aller Zepter auff der Erden/
    Sie werden nur in Spott gebracht/
    Die deine Feind' und Spötter werden/
    Du bist mit aller Macht und List
    Dein Reich zu mehren ausgerüst.

    Wie plötzlich hastu gleich ein Strahl/
    Mein ungezäumtes Hertz durchpfeilet.
    Und solches/ ach! mit welcher Qual/
    Halb mir/ halb anderswo vertheilet.
    Ach Marianna/ dein Gesicht
    Hat mich so übel zugericht.

    Dein Augenblitzen ist der Pfeil/
    Der mir das Hertze hat zerspalten.
    Du hast nun dessen halben Theil/
    Die Helffte die hab ich behalten.
    Diß machet mir so Angst und Weh/
    Biß ich dich mir vereinigt seh.

    Wo ist der Schild/ wo ist der Mann/
    Der sich vor
    Venus kan bedecken/
    Weil sie sich in die Augen kan/
    Mit uns nach Lust zu thun/ verstecken.
    Sie ist mit aller Macht und List
    Ihr Reich zu mehren ausgerüst.

    Gib grosse Göttin daß mein Theil/
    Den Marianna hat gewonnen/
    Mir wieder werd/ und und mach mich heil/
    Soll er mier so nicht wieder kommen/
    So spalt' auch jhrs halb entzwey/
    Und leg es meiner Helffte bey.

    Damit so soll sie mich/ wie ich/
    Sie selber suche/ suchen müssen.
    Und werd ich sie/ so wird sie mich
    Von gleicher Art des Hertzens küssen/
    O mach' es so/ so sing ich frey/
    Daß deine Macht die gröste sey.
    _____


     

  • Ernst Christoph Homburg (1607-1681)

    An den Liebes-Gott Cupido/
    sampt dessen Mutter
    Venus
    Ode Jambica

    Cupido/ blinder Gott!
    Du
    Venus/ auch ingleichen
    Gescheuder Sinnen Todt!
    Weg! weg! ich wil durch Pein
    Euch nicht mehr pflichtbar seyn/
    Besondern ewren Spiel
    Hier stecken auff ein Ziel.

    Mein angefrischter Geist
    Beküsset das/ so bleibet/
    Dem Sterben uns entreist/
    Fort lencket sich mein Sinn
    Vielmehr zur Tugend hin/
    Als daß durch Phantasey
    Er stets bethöret sey.

    Was ist/ Cupido/ doch
    Dein sauer-süsses Leben/
    Dann nur ein leichtes Joch/
    Ein' angenehme Noht/
    Ein lebendiger Todt/
    Sampt freyer Dienstbarkeit/
    Ein liebes Hertze-Leid?

    Was/
    Venus/ deine List?
    Ein Netz'/ in dem du selbsten
    Zuvor gefangen bist;
    Ein Gifft/ der sacht/ und sacht
    Die Klugen närrisch macht/
    Der hohen Sinn und Geist
    Verformet allermeist.

    Drumb weg/ du schnöder Gott/
    Mit deinem Pfeil/ und Bogen/
    Du bist mir nur ein Spott:
    Weg!
    Venus/ scheide hin/
    Du Unglücks-Stiffterin/
    Du Pest der jungen Zeit/
    Weg! weg von hinnen weit!
    _____


     

  • Jacob Regnart (1540-1599)

    Venus du und dein Kind/
    seit alle bayde blind/
    Und pflegt auch zu verblenden/
    wer sich zu euch thut wenden/
    Wie ich wol hab erfahren/
    in meinen jungen Jaren.

    Amor du Kindlein bloß/
    Wem dein vergifftes Gschoß/
    Das Hertz einmal berhüret/
    Der wird als bald verführet/
    Wie ich wol hab erfahren/
    In meinen jungen Jaren.

    Für nur ein freud allein/
    Gibstu vil tausent pein/
    Für nur ein freundlichs schertzen/
    Gibstu vil tausent schmertzen/
    Wie ich wol hab erfahren/
    In meinen jungen Jaren/

    Drumb rath ich jederman/
    Von Lieb bald abzustahn/
    Dann nichts ist zu erjagen/
    In Lieb/ dann weh und klagen/
    Das hab ich alls erfahren/
    In meinen jungen Jaren.
    _____


     

  • David Schirmer (1623-1687)

    Sie hat jhn versehret

    Der Jupiter trägt Glut und Blitze.
    Die Pallas führt Medusen Schild.
    Der Ocean die dreyzackspitze.
    Den Mars macht Schwert und Harnisch wild.
    Wie kömpts denn/ daß Cupido stehet/
    Und ohne Pfeil und Bogen gehet?

    Ist seine Fackel denn verglommen?
    Ist denn sein heisses Feuer kalt?
    Wer hat jhm denn die Glut genommen?
    Wer machet jhn so ungestalt?
    Die
    Venus/ die mir gibt zu schaffen/
    Trägt in den Augen seine Waffen.

    Die
    Venus/ die ist Amarylle/
    Mein Auffenthalt/ mein Rosenblat.
    Das schöne Licht/ der Augen Fülle
    Ists/ das mich so versehret hat.
    Sie sendet mir die scharffen Pfeile/
    Weil ich nach jhrem Feuer eyle.

    Kom/ meine
    Venus/ Amarylle/
    Ich stelle dir ein Opfer an.
    Daß ich an mir den Schmertzen stille/
    Hab ich mich selbst dir abgethan.
    Dir bau ich ietzt ein Hauß von Rosen/
    Vom Purpur-Blut/ und Gold-Türckosen.

    Da will ich deine Göttlichkeiten
    Verehren wie ein Mensche soll.
    Brecht an/ jhr angenehmen Zeiten/
    Brecht an und macht mich Freuden voll!
    Daß sich nicht sehne mein Verlangen.
    Der Abendstern ist aufgegangen.
    _____


     

  • Philipp von Zesen (1619-1689)

    WEr hat der
    Venus solche Macht gegeben?
    Es muß ja alles Ihr zu Willen leben;
    Wirfft nicht Cupido über alle Lande
    Ketten und Bande?

    Alle Gewalten legt Er Ihm zu Füßen:
    Er als ein Blinder kann so grade schießen /
    Willig und gerne muß Ihm dienstbar werden
    Himmel und Erden.

    Mars weicht ihm selbsten / Jupiter auch fühlet /
    Der sonst mit Donner / Blitz und Hagel spielet /
    Den Pfeil der Liebe: muß vor Ihm sich schmiegen
    neigen und bügen.

    Kann Er doch selbsten seine Mutter zwingen /
    und sie ins schwere Joch der Liebe bringen;
    Wie solt' es kommen / daß Er dich nicht finden
    könte zu binden.

    Wenn du gleich wohntest / wo sich Phöbus leget /
    und wo Er wieder seinen Wagen reget /
    Würde dich dennoch mit den süßen Pfeilen
    Dieser ereilen.

    Drüm gib dich willig / Du o mein Verlangen /
    Du wirst doch sonsten anderwerts gefangen /
    Bleib / wiltu bleiben / diß mein Hertz und Leben
    wil ich Dier geben.
    _____



     

18. Jh.

 

  • Susanne von Bandemer (1751-1828)

    Hymne an die
    Venus

    Sie kömmt! ich fühle meiner Göttin Nähe.
    Noch eh' ich sie mit trunknem Blicke sehe,
    Fühl' ich ein neues Daseyn, neues Leben,
    Den Busen heben!

    Sie lächelt himmlisch gütig auf mich nieder,
    Sie nimmt das Opfer meiner kleinen Lieder
    Mit Götterhuld, winkt freundlich mir entgegen
    Der Liebe Segen.

    Und schenkt mir Rosen, um mein Haar zu kränzen,
    An deren Blätter Nektartropfen glänzen,
    Entdorn't von ihr, gepflückt von ihrem Sohne,
    Zu meinem Lohne.

    "Von allen Schmerzen, die du einst empfunden,"
    Sprach sie: "soll meine Dichterinn gesunden;
    "Und singen sollst du in der Laute Saiten
    "Die Seligkeiten,

    "Die du im Arm des Lieblings hast gefunden,
    "Mit dem ich dich im Myrtenhain verbunden,
    "Der, wie Adonis, süsse Küsse giebet,
    "Und feurig liebet!" -

    Das Taubenpaar vor
    Venus Muschelwagen
    Fing girrend mit den Flügeln an zu schlagen;
    Sie schnäbeln sich, und Amor hob den Bogen
    Scharf angezogen,

    Und schoss den Pfeil, mit Honigseim getränket,
    Mir in die Brust, die in Gefühl versenket,
    Die Welt vergass, um ganz dahin gegeben,
    Nur ihm zu leben.

    Heil dir, Alliebende! vor deinem Throne
    Wein' ich dir Dank, und deinem holden Sohne!
    Und neide dir nicht des Olympus Freuden;
    Mich musst du neiden.

    In einem Meer von Wonne ganz versunken,
    Fühlt deine Sängerinn sich nektartrunken,
    Und zittert, ach! vom heissesten Verlangen,
    Ihn zu umpfangen,

    Ihn, der des Herzens schönste Wünsche stillet,
    Das Ideal der Phantasie erfüllet,
    Den Geist bezaubert und das Herz entglühet,
    Das zu ihm fliehet.

    Ha! wenn nur bald die Götterstunde schläget!
    Die meine Sehnsucht ungestüm erreget,
    Wo er an meinen Busen zärtlich sinket
    Und Liebe winket.

    Dann wird Entzückung ganz mein Ich durchdringen:
    In seinem Arm werd' ich, wie Sappho, singen,
    Und an der Liebe heiligen Altären
    Dich, Göttin! ehren.
    _____


     

  • Philippine Engelhard (geb. Gatterer) (1756-1831)

    Lyda an die
    Venus

    O Göttin, Göttin! meine heissen Zähren,
    Sie fliehn zu dir!
    Nur du allein kannst ihrem Ausbruch wehren
    Und helfen mir!
    Du, der ich, seit ich meinen Mylon kenne,
    Mich ganz geweiht,
    Hilf jetzo ihm, für den ich zärtlich brenne;
    Und heile meines Herzens Traurigkeit.

    Ach Mylon, der wie junge Rosen blühte,
    Er welkt dahin!
    Auf dessen Wang' Aurorens Purpur glühte -
    Er welkt dahin!
    Er welkt und sinkt – durch Kummer und Beschwerde
    Zu sehr gebeugt:
    So sinkt die Sommerrose hin zur Erde,
    Vom Sonnenstrahl durchbrannt – ihr Haupt geneigt.

    Ich sah den Ulmbaum sich zur Rebe neigen,
    Sie hülfloß blühn;
    Er schloß sich an – sie schlang mit zarten Zweigen
    Sich fest um ihn.
    Jetzt, dacht ich, gleichen sie dem besten Paare
    An Zärtlichkeit:
    So lieb ich Mylon in dem Lenz der Jahre,
    Der sich so lang mir nur allein geweiht.

    Doch ach! ich sah den armen Baum einst fallen,
    Vom Sturm zerstückt!
    Ich sah die Rebe zitternd niederwallen,
    Vom Fall zerknickt!
    Wie sie, würd' ich dieß jammervolle Leben
    Voll Schrecken fliehn;
    Sollt' einst das Schicksal, das ihn mir gegeben,
    Zu grausam, meinen Mylon mir entziehn!

    Drum
    Venus lenke deine leichten Schritte
    Zum Eskulap:
    Dir stürbe ja, in dem, für den ich bitte,
    Ein Diener ab.
    Wie oft bewog nicht schon zu grossen Thaten
    Ein schöner Mund!
    Es läßt gewiß der gute Gott sich rathen,
    Und macht ihn gleich mit einem Wort gesund.

    Erhörst du mich, so trag ich deine Ketten
    Bis in das Grab.
    Doch wirst du meinen Mylon nicht erretten,
    So fall' ich ab!
    Und weihe mich in Vestens keuschem Tempel
    Zur Priesterin:
    Dort nähr' ich dann, der Nachwelt zum Exempel,
    Die heil'ge Flamme stets mit strengem Sinn!
    _____


     

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    An
    Venus

    Große
    Venus, mächtge Göttin!
    Schöne
    Venus, hör mein Flehn!
    Nie hast du mich
    Über Krügen vor dem Bacchus
    Auf der Erden liegen sehn.

    Keinen Wein hab ich getrunken,
    Den mein Mädchen nicht gereicht,
    Nie getrunken,
    Daß ich nicht voll gütger Sorge
    Deine Rosen erst gesäugt.

    Und dann goß ich auf dies Herze,
    Das schon längst dein Altar ist,
    Von dem Becher
    Güldne Flammen, und ich glühte,
    Und mein Mädchen ward geküßt.

    Dir allein empfand dies Herze,
    Göttin, gib mir einen Lohn.
    Aus dem Lethe
    Soll ich trinken wenn ich sterbe,
    Ach, befreie mich davon,

    Laß mir, Gütige - dem Minos
    Sei's an meinem Tod genung -
    Mein Gedächtnis!
    Denn es ist ein zweites Glücke
    Eines Glücks Erinnerung.
    _____


     

  • Johann Nikolaus Götz (1721-1781)

    Die himmlische und irdische
    Venus

    Mich ließ Apoll auf Parnaßes Höhen
    Die himmlische und ird'sche
    Venus sehen;
    Die ein' umgab von Tugenden ein Thor:
    Ich sah bey ihr die Weisheit selber stehen;
    Ihr Finger wieß entfernt des Glückes Thor.
    Die zwot', umhüpft von Scherzen und von Freuden,
    Warf Rosen aus, sang Amorn lächelnd vor.
    Wähl', sprach Apoll, die würdigste von beyden! -
    Gelehrter Gott, versetzt' ich demuthsvoll:
    Gebiete nicht, daß ich sie trennen soll:
    Gewähre mir, dann so nur geh' ich sicher!
    Die für mich selbst, die dort für meine Bücher.
    _____


     

  • Johann Georg Jacobi (1740-1814)

    Venus im Bade

    Schüchtern fliehn die Jungen Hirten?
    Wen verbergen diese Myrthen,
    In geheimnißvoller Nacht,
    Unter ihren leisen Blättern?
    O von tausend Liebesgöttern
    Wird der ganze Hain bewacht!

    Täubchen lassen sich hernieder,
    Huldgöttinnen singen Lieder:
    Ist es
    Venus? will sie hier
    In dem Silberteiche baden?
    Ihr gefälligen Dryaden,
    Einen Blick gewähret mir.

    Wollt ihr unter euern Zweigen
    Mich beschützen, mir sie zeigen?
    Ewig dank ich euch mein Glück,
    Ewig soll mein Lied euch ehren;
    Zeigt, ach! zeiget mir Cytheren:
    O ihr Nymphen, einen Blick!

    Die Gebüsche, die sie decken,
    Hören mich. O süßes Schrecken,
    Eine Göttin unverhüllt?
     Wag' ich es nach der zu blicken,
    Die mit Liebe, mit Entzücken
    Eine ganze Welt erfüllt?

    Darf ein Sterblicher? Es glühet
    Mars, wenn er die Reize siehet,
    Wenn ihr Busen sich empört,
    Und er nicht den Lärm des Krieges,
    Nicht den wilden Ruf des Sieges,
    Nur ein zärtlich Seufzen hört.

    O ihr Myrthen! o umschließet
    Sie vor mir. Der Gürtel fließet
    Nun auf heil'gen Rasen hin.
    Nieder steigt sie schon zur Quelle!
    Schon berührt der Fuß die Welle,
    Dem in Wüsten Rosen blühn.

    Nie wird euch ein Sturm entehren,
    Ihr Gebüsche, wo Cytheren
    Der verliebte Frühling fand.
    Kömmt ein Mädchen sich zu kühlen,
    An den Teich, so wird es fühlen,
    Was kein Mädchen noch empfand.
    _____


     

  • Christian Felix Weisse (1726-1804)

    Die Geburt der
    Venus

    Die Zephyr' wiegten sich auf sanft geschwollnen Wellen,
    Der Lenz schwebt' auf dem stillen Meer,
    Der Scherz' und Freuden schalkhaft Heer,
    Und die sich hüpfend zu ihm gesellen,
    Die Grazien, umringten Hand in Hand,
    Entgürtelt, den beblühmten Strand:
    Da stieg, so sagt uns die Fabel, Cythere,
    Vom Schaum geboren, aus dem Meere.

    Doch Bibulus verwarf den alten Aberglauben;
    Bey einem Glase blanken Wein
    Sah er das Ding weit besser ein:
    Die frohen Winzer kelterten Trauben;
    Der Most schäumt' auf; ein schönes Mädchen sprang
    Herbey mit einer Schal' und trank:
    Da ward, er sah es ganz deutlich, Cythere
    Geboren aus dem Saft der Beere.
    _____

     

 

19./20. Jh.

 

  • Paul Boldt (1885-1921)

    Meine Jüdin

    Du junge Jüdin, braune Judith, köstliche
    Frucht der Erkenntnis, weißer Blütenfall:
    Aus Kleidern steigst du nackt, ein All ins All,
    Mit deinen Brüsten, Mythenfrau, du östliche.

    Steige vom Sockel,
    Venus, aus zerballter
    Wäsche, Jungweib! Wie Morgensonne blitzt
    Dein Bauch – und in der Schenkel Schatten sitzt
    Wie Blüten saugend, fest, ein schwarzer Falter.

    Und Schwarzes fällt aus den gelösten Schleifen
    In den konkaven Nacken, wie Geruch.
    Und die zu großen, graden Zähne blecken,

    Als ob sie schon in Männerküssen stäken.
    Der Blick hängt glänzend über dem Versuch,
    Die Lippen über das Gebiß zu streifen.
    _____


     

  • Udo Brachvogel (1835-1913)

    Anadyomene

    Lass' den leichten Nachen uns besteigen,
    Deine Silberstimme laß erschallen,
    Daß beschämt von ihr die Nachtigallen
    Vor der Meisterin in Demuth schweigen.

    Sieh der Welle schaumgezierten Reigen,
    Lasse drein den Kranz von Lotus fallen,
    Gieb die Schilfe, die Dein Haupt umwallen,
    Gieb der Fluth auf's Neue sie zu eigen.

    Lass' die luftigen Gewänder sinken,
    Und nun tauche in die Wellen nieder,
    Die verliebt Dich zu umfangen winken:

    Zärtlich küssen sie die schönsten Glieder,
    Die wie Marmor im Krystalle blinken.
    Jetzt als
    Venus steigst empor Du wieder!
    _____


    Komm' Frühlingsnacht! In deinen dichten Schleier
    Verhülle rings die tagesmüden Matten,
    Lass' Sterne tanzen auf dem See, dem glatten,
    Die Taube träume nachbarlich dem Geier.

    Komm' Frühlingsnacht! Begierde regt sich freier,
    Genuß erwacht in dem verschwieg'nen Schatten,
    Wo glühend Rosen sich mit Rosen gatten,
    Entflamme auch für uns der Liebe Feier!

    Schon zittern Mund an Mund wie vor Entzücken,
    Die lästigen Gewande sinken nieder,
    Mein Haupt darf in die schönste Brust ich drücken.

    Ha! Ging das alte Hellas auch in Stücken,
    Neu blüht's in der Vollendung dieser Glieder:
    Frau
    Venus lebt - Tannhäuser lebet wieder!
    _____


     

  • Max Dauthendey (1867-1918)

    Heut abend

    Droben am Berglein im Kirschenland
    Heut abend ich mit meinem Vielliebchen stand,
    Wo sie manch Schlüsselblümlein fand.
    Sie winkte an des Bergleins Rand
    Den Wolken zu mit glücklicher Hand.
    Frau
    Venus trat aus der Himmelswand
    Aufleuchtend, weil sie zwei Selige fand.
    _____


     

  • Reinhold Eichacker (1886-1931)

    Die Augen der
    Venus

    Oft sah ich Deine dunklen Augen lachen
    das war, als stürzten Sonnen in die Stille
    des grauen Tags,
    verspritzten und verglühten
    sternschnuppengleich in winzig-goldene Drachen,
    und tausend flinke Leuchtraketen sprühten
    durch Deine lichtgewordene Pupille. —

    Lachfältchen tanzten schamlos-nackte Reigen
    und schaukelten in Deiner Locken Flimmern,
    wie Silbertau hing's in der Wimpern Zweigen
    und Amoretten spielten in den Zimmern.
    Das war ein einzig Jubeln und Entzücken
    und alles wurde jung in Deinen Blicken.

    Und manchmal sah ich Deine Augen weinen
    das war, als wüchse Nacht aus Deinen Locken,
    so tief und schwer,
    und dunkle Flammen woben
    darüber hin, und teilten sich zu feinen
    rotdüstern Schleiern, die im Sturm zerstoben —
    und meerversunken klangen ferne Glocken. — — —
    — Als wollte sie sich nur verblutend trennen,
    gebar die Wimper zögernd ihre Zähren,
    auf bleicher Wange sah ich rot sie brennen
    und Deiner Leiden Widerschein verklären. —
    "Warum? Warum nur?!" schien Dein Blick zu fragen
    - und selbst die Uhr hub traurig an zu schlagen. —

    Wie tief sind deine Augen, wenn sie träumen
    dann wacht das Märchen, weiß im Glanz der Glieder
    zum Leben auf,
    und stolze Schwäne tauchen
    aus goldnem Teich, — glatte Delphine bäumen
    sich sehnsuchtsvoll, und fahl im Mondlicht hauchen
    Seerosen fremde, niegehörte Lieder. —

    Um Deine Brauen liegt der Schatten Leben,
    auf Deinen Wangen leuchtet süßes Hoffen,
    die zarten Flügel Deiner Nase beben,
    und deine Lippen locken sehnsuchtsoffen —
    am weißen Halse atmen blonde Härchen,
    und selig träumend wirst Du selbst zum Märchen. — —

    Wie schön sind Deine Augen, wenn sie lieben —!
    Das ist, als stiege
    Venus aus den Fluten
    feuchtglänzend auf!
    Um ihre Hüften flammen
    blutheiße Wünsche, die versagt geblieben;
    die vollen Brüste preßt sie wild zusammen,
    als wehre mühsam sie der Sinne Gluten.

    An ihren weißen Sonnen schlummert trunken
    der Liebesgott — — und meine Adern singen,
    und jauchzend fühl' ich uns ins Moos gesunken
    und all mein Leben heiß in Deines dringen . . . .
    Dann bist Du schön! — Wenn Deine Augen werben
    und bleich vor Lust in meinen Küssen sterben!
    _____


    Venus Muse

    Du sahst mich schweigsam und in trüben Sinnen
    und kamst zu mir mit leisem, leichtem Gang,
    und lehntest stumm Dein Haupt an meine Schläfen,
    daß Deine Wärme in die meine drang.
    "Du quälst Dich, Liebster! Deine Hände brennen; —
    grämt Dich der Tag mit seinem blassen Gram?
    Darf nicht die Liebste Deinen Kummer kennen?"
    — und als ich dankbar Deine Hände nahm,
    gabst Du sie kühlend meiner heißen Stirne —
    "Ist es ein Wunsch, an den Dein Herz sich hing?"
    Ich schüttelte das Haupt — da frugst Du stockend:
    "war meiner Liebe Leuchten zu gering?"
    — Da schaute ich gequält in Deine Augen
    und trank den klaren, reinen Liebesblick —
    "Mich grämt kein Wunsch und keine Not des Tages,
    mich grämt mein Ich, und meines Ichs Geschick.
    Bin ich ein Dichter? Bin ich nur ein Stümper?
    Ist meine Kunst nicht Pfuschwerk oder Wahn?
    Ward mir das Recht, den Kranz Apolls zu tragen?
    Führt mich zur Höhe meines Strebens Bahn?
    Ich zweifle, Weib, an mir und meinen Waffen,
    weil alles mir so klein und wertlos scheint,
    und weil ich zweifle, kann ich nicht mehr schaffen,
    die Feder rostet, und die Seele weint!"

    — Da stieg ein Rot in Deine weichen Wangen,
    ich sah, daß ein Gedanke mit Dir stritt,
    dann warst Du plötzlich wie ein Hauch gegangen,
    die Türe schloß sich hinter Deinem Schritt.
    Ich schwieg erstaunt und sank in neues Sinnen —
    da kehrtest Du zurück — von Deiner Brust
    floß nur ein Schleier auf den Teppich nieder,
    aus Deinen Augen sang das Lied der Lust.
    So gabst Du Deinen Leib den weichen Kissen
    und löstest Deiner Haare rote Pracht,
    und legtest deinen Nacken in die Hände
    und Deine Glieder wuchsen aus der Nacht.
    Mit stillem Leuchten sahst Du mich erwachen,
    der Druck der Seele löste sich und wich,
    weit warfst Du Deine Arme in das Dunkel:
    "Hier lockt Dein Lohn! Jetzt, Liebster, dichte mich!"
    — Da sprang die Faust des Glücks mir an die Kehle,
    ich jauchzte laut: "Geliebte, Göttin, Weib!
    So werde
    Venus heute meine Muse,
    Ich dichte Dich und Deinen süßen Leib!"

    — Die Feder flog, gleich eines Malers Pinsel,
    die Augen raubten Dich mir Stück um Stück,
    berauscht von Schönheit gab ich Deine Wunder,
    gebannt in Bildern, farbensatt zurück.
    Ich sang von Deiner Augen Meerestiefe,
    von Deiner Locken dunklem Zauberhain,
    ich pflückte Deines Munds Granatenblüten
    aus Deiner Wangen lichtem Elfenbein;
    ich ließ des Halses zarte Adern spielen
    in Marmor, der belebt von meinem Kuß,
    ich trank die Lust aus deines Busens Kelchen
    und schlang den Arm um Deinen Hüftenschluß.
    Ich pries den Alabaster Deiner Füße,
    und bettete sie tief in Rosenflor,
    ich preßte meine Lippen auf die Säulen
    der schlanken Schenkel — deines Schoßes Tor
    ließ mich die Wonnen aller Welten ahnen
    und öffnete den Tempel aller Lust,
    und aus dem Dunkel stieg Frau
    Venus nieder
    wie ich in meinen Träumen sie gewußt:
    "Du wecktest mich durch Deine trunknen Lieder;
    der Schönheit Göttin, nicht ein Weib der Brunst
    gabst Du der Welt als wahre
    Venus wieder —
    so segne
    Venus Dich und Deine Kunst!"
    — Ich fühlte meine Lippen selig bluten
    vom Trank der Wonnen, die ihr Kuß entfacht,
    — da sah ich Dich in meinen Armen gluten:
    "Du schriebst dein Meisterwerk in dieser Nacht!"
    _____


    Venus im See

    Das war, wo der See sich im Walde versteckt,
    wo der Hochspitz sich herrisch ins Blaue reckt,
    wo kein Haus sich versteint, wo kein Pfad sich verliert,
    wo kein Wanderer dreist durch die Büsche stiert —
    da warfst Du voll Jubel, wie neidischen Tand
    ins Moos Deines Leibes gerafftes Gewand,
    und aus Deiner Schenkel geschlossenem Tor,
    wuchs strahlend Dein göttlicher Körper empor.
    Du botest die Brüste dem Sonnenbrand dar,
    wie einem Geliebten; Dein goldenes Haar
    lag tief Dir im Nacken, gefesselt und schwer,
    gleich einem gezähmten, gepanzerten Meer.
    An Deiner Füße durchblutetem Weiß
    zerschellten die Wellen, begehrend und heiß,
    und tosten und peitschten und saugten Dein Blut,
    und zogen Dich Jauchzende mit in die Flut,
    und buhlten, und reichten aus schäumender Hand
    von glitzernden Perlen ein Schuppengewand,
    und wiegten und warfen dich, närrisch vor Lust,
    und griffen nach Hüften, nach Schoß und nach Brust,
    umspülten des Rückens gepolsterte Bucht —
    da packte mich wütende Eifersucht:
    Hei! flogen die lästigen Kleider ins Gras!
    Hei! kreischte das feige, zerspritzende Naß!
    Ich drängte beiseite mit stürmendem Arm
    der buhlenden Wellen zerstiebenden Schwarm,
    ich schlug sie in Stücke, ich trat sie zurück —
    "Komm, hole mich, Liebster, und fange Dein Glück!"
    — Der See blies vor Freude die Backen sich leer,
    die Bergschatten tanzten im Wasser umher,
    die Wälder erwachten und winkten sich zu —
    und überall locktest und necktest nur Du!
    Bald lachtest Du hier, bald riefst Du mich dort
    bald trug eine kichernde Welle Dich fort,
    schon wähnte ich Dich in der haschenden Hand,
    da tauchtest Du schnell und entflohst mir zum Strand.
    Ich jagte Dir nach, und die Sonne sprang mit,
    das Moos küßte zärtlich den fliehenden Schritt,
    ich rannte — Du flohst ohne Ziel oder Steg,
    hier warf sich ein Fels, dort ein Busch in den Weg,
    der Haare gelöstes, entfesseltes Meer
    umbrandete Dich, wie ein fliegendes Heer,
    der Atem erstickte vom lachenden Lauf —
    — Du wanktest — da fing ich Dich Rasende auf,
    da riß ich Dich an mich — da sankst Du zurück:
    "Hier, nimm mich, du Wilder! Du fingst dir das Glück!"
    — — Das war, wo der See sich im Walde versteckt,
    wo der Hochspitz sich herrisch ins Blaue reckt,
    wo kein Haus sich versteint, wo kein Pfad sich verliert,
    wo kein Wanderer dreist durch die Büsche stiert;
    nur die Sonne, der Wald und der See hats gesehn,
    und die Luft ließ die zärtlichsten Seufzer wehn,
    und der Busch bot sich neidisch als Wächter dar,
    und das Moos war so seidig, wie Frauenhaar —
    dort fanden wir beide den bräutlichsten Platz,
    dort hoben wir beide den köstlichsten Schatz,
    dort haben wir beide das Eden entdeckt —
    — wo der See sich im wonnigsten Walde versteckt.
    _____


    Der Kuß der
    Venus

    Goldner Champagner im schlanken Pokal,
    glitzernde Perlen im reichsten Kristall,
    spielendes Feuer in zärtlichster Hand,
    blitzende Augen, wie lodernder Brand!
    Küsse mich,
    Venus, — — o küsse mich toll,
    — — gieß mir die Adern mit Feuerschaum voll!
    Perlzähnchen, schimmerndes Elfenbein,
    taucht in die glitzernden Fluten hinein;
    süßeste Zunge im rotesten Mund,
    bade Dich, schlürfe Dich, küsse Dich wund!
    Goldner Champagner im schlanken Pokal,
    glitzernde Perlen im reichsten Kristall —
    schöner, zwei Lippen, champagnerbesprüht,
    schöner, ein Mund, der in Sehnsucht erglüht;
    seligster Trunk, der dem Liebenden winkt,
    wenn er im Kusse der
    Venus ihn trinkt!

    — Badet euch, Lippen, in goldenem Wein,
    taucht in die perlenden Fluten hinein,
    schlürft sie verströmend in schäumendem Fluß,
    züngelt, ihr Zungen, im feurigsten Kuß!
    Goldner Champagner, von
    Venus geschürft,
    glitzernde Perlen von Lippen geschlürft;
    rinne zum Herzen, Du flackernde Glut,
    rinne und brenne in brausendem Blut!

    Sind meine Hände nicht züngelnde Schlangen?
    Brüste, wie bebt ihr in wildem Verlangen!
    Strafft euch und rafft euch;
    Glührosen, brecht auf!
    Adern, wie zuckt ihr in jagendem Lauf!
    Rasende Küsse auf Nacken und Brust,
    zitternder Schultern erschauernde Lust,
    sehnende Arme, umschlingend geschwellt,
    weicheste Wölbung, von Dufthaar umwellt.
    Bäumt euch, ihr Hüften! Mit herrischer Hand
    halt' ich die wonnigen Hügel umspannt!
    Taumelt, ihr Seufzer, in Wollust ertränkt,
    raset ihr Schenkel, von Sehnsucht verrenkt!

    Goldner Champagner und perlende Glut
    flammt euch im Fleische und braust euch im Blut,
    küßt euch die Herzen in jauchzender Qual,
    schlürft ihr die Flammen aus rotem Pokal.
    Beuge, Frau
    Venus, das stolze Genick,
    sterbet, ihr Augen, in brechendem Blick!
    Fühlst Du die Fackeln? Sie lodern zum Tanz,
    fassen Dich, schlingen Dich, trinken Dich ganz.
    Sterne und Himmel von Blutschein umglüht; —
    küsse mich,
    Venus, die Sonne zersprüht! —
    Stürzende Sinne, verbrennend im All,
    taumelnde Seufzer und stammelnder Schwall,
    jagende Träume in seligster Not — —
    Venus —! — Ich sterbe —! O göttlichster Tod!
    _____


    Venus in Maske

    Ich traf Dich auf rauschendem Feste
    in fröhlicher Masken Schwarm,
    ich trieb in der wogenden Menge,
    da hingst Du mir plötzlich am Arm.
    Aus glänzender, seidiger Maske
    zwei Blitze — schon stand ich in Brand,
    und küßte Dir für Deine Anmut
    die zierliche, zärtliche Hand.

    Dann blieben wir lachend beisammen
    und waren ein seliges Paar,
    ich küßte unzählige Male
    Dein braunes, berauschendes Haar.

    Ich küßte den herrlichen Nacken,
    den neckend Du niederbogst,
    ich küßte die schimmernden Schultern,
    wenn Du mir entgegenflogst.
    In lauschiger Nische verborgen
    gabst Du mir Dein Mäulchen zum Kuß,
    ich legte auf dürstende Lippen
    den süßesten, tiefsten Verschluß.

    Du preßtest mein Haupt auf das Lager
    der jungen, gefesselten Brust,
    — es war uns, als hätten wir ewig
    schon von unsrer Liebe gewußt.

    Du hattest das zierlichste Füßchen
    mit Fesseln, wie Träume, so fein,
    Du hattest ein seidenes Strumpfband
    am schlanksten, entzückendsten Bein.
    Du hattest die süßesten Hände
    mit Nägelchen, wie von Opal,
    und oben, im weichesten Arme
    das neckischste Muttermal. —
    Ich bat Dich, die Maske zu lüften
    da schriest Du: "ich gehe sofort!
    Versprichst Du, sie niemals zu rauben?!"
    — Ich gab Dir mein lachendes Wort.

    Noch zitterte in Deinem Händchen
    und auf Deinen Lippen der Schreck,
    da küßte ich Dir zur Versöhnung
    den niedlichsten Leberfleck. — —
    — Und als man die Türen geschlossen,
    als langsam verebbte der Braus,
    da hob ich Dich schnell in den Wagen
    und führte Dich mit mir nach Haus.

    Ich trug Dich wie eine Prinzessin
    auf Händen die Treppe empor,
    und sagte Dir, närrisch vor Sehnsucht
    die süßesten Dinge ins Ohr.
    Dann waren wir endlich geborgen
    mit unsrem verwegenen Glück —
    ich schälte Dich aus Deinen Hüllen
    und trank Dich mit trunkenem Blick.
    Ich sah Dich im Kleide der
    Venus,
    enträtselt, in Strümpfen und Schuh,
    ich trug Dich auf taumelnden Küssen
    dem wonnigsten Lager zu.

    — Du hattest nur Deine Maske
    als einzigen, neidischen Schutz,
    doch schien sie mir stolzer und reicher,
    als flimmernder, glitzernder Putz.
    Ach, Mädel, wie warst Du so durstig!
    Ach,
    Venus, wie warst Du so süß!

    Erst morgens vertrieb uns der Engel
    aus Taumel und Paradies. — —
    Dann gingst Du in Deiner Maske
    hinaus in die lieblose Welt,
    ich grübelte einsame Nächte,
    wer nun Dich gefangen hält — —
    — — — — — — — — — — —
    Frau Gräfin, Sie taten sehr frostig
    beim Hofball, als ich mich empfahl,
    doch trugen Sie heut ohne Maske
    — ein reizendes Muttermal! — —
    _____


     

  • Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

    Frau
    Venus

    Was weckst du, Frühling, mich von neuem wieder?
    Daß all' die alten Wünsche auferstehen,
    Geht über's Land ein wunderbares Wehen;
    Daß schauert mir so lieblich durch die Glieder.

    Die schöne Mutter grüßen tausend Lieder,
    Die, wieder jung, im Brautkranz süß zu sehen.
    Der Wald will sprechen, rauschend Ströme gehen,
    Najaden tauchen singend auf und nieder.

    Die Rose seh' ich geh'n aus grüner Klause
    Und, wie so buhlerisch die Lüfte fächeln,
    Errötend in die laue Flut sich dehnen.

    So mich auch ruft ihr aus dem stillen Hause -
    Und schmerzlich nun muß ich im Frühling lächeln,
    Versinkend zwischen Duft und Klang vor Sehnen.
    _____


     

  • Ludwig Jacobowski (1868-1900)

    Venusstern

    Oftmals lieb ich nicht die Sonne
    Vorlaut heiße Strahlenpracht,
    Denn manch trunkner Liebesseufzer
    Siegt viel leichter in der Nacht!

    Wenn das All verschlafen atmet,
    Sonnenlicht so himmelsfern,
    Preis' ich dich verschwiegnen Herzens,
    Venus: Morgen-, Abendstern! ...
    _____


     

  • Gustav Kühne (1806-1888)

    Mit dem Bild der Madonna

    O liebste Nuß, Du machst mir vieles Weh,
    Ja wohl, Du bist Frau
    Venus mir geworden,
    Du nymphenhafte, leichtbeschwingte Fee
    Mit Deiner Liebe heitern Lustaccorden.

    Die dunkle Donna geb' ich Dir zurück
    Mit ihrer Andacht feierlichen Gluthen;
    Dann mischen, wie zu süßem Harm und Glück,
    In Ernst und Scherz sich uns'res Lebens Fluthen.

    Dann zittert nicht das bange Erdenherz,
    Es weint und lacht und hat im Kampf doch Frieden,
    Dann steigen Engel auf- und niederwärts,
    Den Himmel birgt die Erde schon hienieden.

    Frau
    Venus lacht mit hellem Lerchenschlag,
    Madonna weint in dunkeln Dämmerungen;
    Doch einst am Weltenauferstehungstag,
    Da halten Beide sich versöhnt umschlungen.
    _____


     

  • Hermann Lingg (1820-1905)

    Tannhäuser

    Frau
    Venus, Frau Venus,
    O laß mich gehn geschwinde!
    Du bist so schön, so fein und schön,
    Ich muß zum Jagen auf die Höh'n,
    O laß mich gehn geschwinde,
    Frau
    Venus, Frau Venus,
    Du allerschönste Sünde.

    Tannhäuser, Tannhäuser,
    Wer wird so früh schon jagen?
    Komm, setze dich zu mir ins Grün,
    Die Veilchen und Reseden blühn,
    Ich will dir etwas sagen,
    Tannhäuser, Tannhäuser,
    Wer wird so früh schon jagen?

    Frau
    Venus, Frau Venus,
    Ich darf nicht mit dir kosen,
    Ich muß nach meinen schlanken Reh'n,
    Nach meinen schnellen Hunden sehn,
    Ich darf nicht mit dir kosen;
    Frau
    Venus, Frau Venus,
    Wer bricht dir denn die Rosen?

    Tannhäuser, Tannhäuser,
    Es hat so sehr nicht Eile,
    Du schießest heute noch genug,
    Laß doch dem Vogel seinen Flug
    Noch eine kleine Weile!
    Tannhäuser, Tannhäuser,
    Wer macht denn dir die Pfeile?

    Frau
    Venus, Frau Venus,
    O laß dein süßes Locken,
    Du bist so schön, so zart und weiß,
    Es pocht mein Herz so laut und heiß,
    Ich bin so sehr erschrocken -
    Frau
    Venus, Frau Venus,
    Wer flicht denn deine Locken?

    Tannhäuser, Tannhäuser,
    Wie glühn dir doch die Wangen! -
    Die Locken flecht' ich selbst mir ein,
    Und löse sie, und fange drein,
    Die von mir heimverlangen;
    Tannhäuser, Tannhäuser,
    Und du bist auch gefangen.
    _____


     

  • Hermione von Preuschen (1854-1918)

    Venus

    Ueber den Wassern ein Schaumgeflimmer -
    nächtens leuchtender Sternenschimmer -
    hoch die
    Venus funkelt von fern -,
    ewiger Morgen- und Abendstern.

    Hat sie tröstend geweiht den Tag,
    schützend hämmernder Pulse Schlag,
    und ist erfüllt ihr Liebeslauf,
    strahlt neu als Stern der Nächte sie auf.

    Liebe - sie dämmt das Leben ein,
    endlos im Kreislauf von Lust und Pein -,
    Liebe, sie bringt um Sinn und Verstand
    den, der aus ihrem Licht verbannt!

    Nächtens leuchtender Sternenschimmer,
    über den Wassern ein Schaumgeflimmer.
    _____


     

  • Karl Reinhard (1769-1840)

    An
    Venus
    Ein Epithalamium

    Göttinn, aus dem Meer geboren,
    Froh umtanzet von den Horen,
    Venus Amathusis,
    Komm aus Cypern's Rosenwäldern,
    Komm aus Paphos Myrtenfeldern,
    Sey dem heil'gen Bunde nah!

    Schweb' in deinem Muschelwagen,
    Von dem Taubenpaar getragen,
    Zu dem Fest der holden Braut.
    Schöner ist zu deiner Ehre
    Dir auf Gnidus und Cythere
    Nimmer ein Altar gebaut!

    Wähle selbst die Blumenkränze,
    Die vom schwelgerischen Lenze
    Flora's reiner Schooss gebar.
    Schlinge sie zu süssen Ketten,
    Streue sie zu Wohllustbetten
    Für das junge Liebespaar.

    Winde du die Myrtenkrone
    Zu dem lang' ersehnten Lohne
    In die blonden Locken ihr,
    Um das Bündniss der Getreuen
    Für die Ewigkeit zu weihen,
    Und zu neuem Ruhme dir!

    Komm, o komm in deiner Schöne,
    Im Geleite deiner Söhne,
    Der Gefährten deiner Macht,
    Mit dem Zepter milder Güte,
    Mit dem Stab von Lilienblüthe,
    In des Himmels ganzer Pracht!

    Nimm die Glücklichsten zu Zeugen!
    Alles lass vor ihr sich beugen,
    Vor des Tages Königinn!
    Alles folge ihren Blicken;
    Alles theile das Entzücken
    Deiner jüngsten Priesterinn!

    Aber, dass aus deinem Reiche
    Nicht der goldne Friede weiche
    Und der langen Eintracht Glück,
    O, so höre noch die Bitte,
    Göttinn, lass aus unsrer Mitte
    Deine Grazien zurück!

    Dass sie nicht in Neid entbrennen,
    Wenn sie diese Reitze kennen,
    Wenn sie diese Schönheit sehn,
    Oder deinen Himmelstagen
    Und dem Dienst bei dir entsagen,
    Um den Wettstreit zu bestehn!
    _____


     

  • Hugo Salus (1866-1929)

    Glühende Wogen

    Meine Verse kommen wie rollende Wogen
    Aus der brandenden Flut meiner Leidenschaft
    An den weißen Strand meiner Liebe gezogen.

    Zeile nach Zeile in schäumender Kraft
    Rollen sie her, du
    Venus am Strande,
    Durch deine Nähe emporgestrafft,

    Donnern sie her zum dröhnenden Lande
    Und verschäumen schmeichelnden Schaums
    Vor deinem Knöchel im durstigen Sande,

    Göttin du meines glühenden Traums ...
    _____


     

  • Ulrich von Schlippenbach (1774-1826)

    Die Geburt der Liebe

    Es fühlte Frau
    Venus den Gürtel zu enge,
    Und dachte, was kann wohl der Grund davon seyn;
    Es fielen ihr sicher die nächtlichen Gänge
    Des Gottes der Krieger so eben nicht ein.

    Doch, um sich den Kopf nicht mit Grillen zu plagen,
    Denn diese, das wusste sie, kleiden sie nicht,
    Beschloss sie, die Parzen um Rath zu befragen.
    Sie eilet mit Schnelle zum Orkus und spricht:

    "Erfahrene Schwestern, lasst ruhen die Spindel,
    O lasset die schneidende Scheere nur seyn,
    Und saget, was macht mir wohl Kopfweh und Schwindel,
    Den Gürtel und selbst dieses Mieder zu klein."

    Da lächelten nun die erfahrenen Schwestern,
    Und sahen die
    Venus bedächtiglich an,
    Und sprachen: ihr fraget, als wär't ihr von gestern,
    Und sehet euch selbst wohl die Schwangerschaft an.

    Drauf liess sich die Älteste weiter vernehmen,
    So runzlich als eben geackertes Feld,
    Ihr müsst zur Geduld euch, Frau
    Venus, bequemen,
    Ihr bringet die giftigste Schlange zur Welt.

    Nein, sicher ein Ungeheuer wird sie gebären,
    So rief nun die jüngere Lachesis drein:
    Mein Schwesterchen Klotho, dein Urtheil in Ehren
    Das Kind wird ein schreckliches Ungeheur seyn.

    Doch Atropos meinet, ihr irrt alle Beyde;
    So wahr meine Hand diese Scheere noch hält,
    Bringt
    Venus die Folgen der nächtlichen Freude
    In einer hellbrennenden Flamme zur Welt.

    Nun quälte sich
    Venus mit künftigen Dingen,
    Und grämte und weinte die Augen sich nass.
    Als sie, eh' noch einige Monden vergingen,
    Des schönsten und niedlichsten Knäbchens genass.

    Da haben sich wahrlich die Parzen betrogen,
    O seht nur das Knäbchen mit goldenem Haar!
    Doch hatte der Schwestern nicht eine gelogen,
    Weil
    Venus so eben die Liebe gebar.
    _____


     

  • Johann Gabriel Seidl (1804-1875)

    Vor einem Standbilde der
    Venus

    Seht ihr in üppig Laub gehüllt
    Der Liebesgöttin heilig Bild?
    Die keuschen Blätterlippen drückt
    Ein Rosenstrauch daran entzückt,

    Und schlingt die Arme, bebend, stumm,
    Mit kühner Schüchternheit darum.
    Doch wilder rankt des Efeu Grün
    Sich um die Wellenglieder hin,

    Und schmiegt sich an in süßem Rausch,
    Betäubt von ew'ger Küsse Tausch.
    Des Thau's krystallner Thränenschaum,
    Erglänzt an seiner Wimper Saum;

    Ausbreitend aber seinen Schild,
    Ein Schirmer für das schwache Bild,
    Senkt drüber einer Fichte Dach,
    Die ernsten Zweige lispelnd nach,

    Und reiht die Aeste, dichtbelaubt,
    Zum Festkranz um der Göttin Haupt.
    Und höher noch, in luft'gem Raum,
    Ragst, Eiche du, geweihter Baum,

    Du siehst herab, ein stolzer Aar,
    Der spielet in der Göttin Haar,
    Wie Jovis' Aar mit Blitzen spielt,
    Und sich im Sonnenfeuer kühlt.

    Welch buntes Leben fliegt herbei
    Und kost und küßt die Bildnerei?
    Der Schmetterlinge buntes Heer,
    Viel tausend Schatten leicht und schwer.

    Der Sonne Strahlen, neidisch fast,
    Umglühn's mit Nebenbuhlerhast,
    Und alle Weste tanzen leis
    Um's Bild in mildem Zauberkreis.

    Wir selber stehn und sehn es an,
    Und haben unsre Freude dran,
    Und Jeder denkt wol, wie er's schaut,
    An seine Gattin oder Braut!

    Wo nur ein Bild der Liebe steht,
    Ist auch ein Altar bald erhöht,
    An den, von heil'ger Flamm' entglüht,
    Natur und Mensch, begeistert, kniet!
    _____


     

  • Francisca Stoecklin (1894-1931)

    Venus

    O Tag der Gnade,
    Sieg des frühlinghaften Glänzens!
    Da sich das Meer
    in dich hineingeliebt,
    die schlankste Welle
    deine Anmutslinie zog.
    Und dann ihr kluges Spiel
    auf ewige Zeit
    in deine Adern sang,
    damit du sein Geheimnis
    großen Liebenden erhältst.

    Ihr Priesterinnen,
    die in
    Venus Zeichen flammt,
    fühlt oft die Sehnsucht
    schmerzend nach dem Meere,
    und in den höchsten Liebesfesten
    Tod und Todesangst.

    Du aber Göttin
    schwebst unsterblich,
    lächelnd über allem -
    und mit bestrickender Gebärde
    hält deine Hand
    die rosige Muschel
    des Verschenkens.
    Himmel und Qualen
    der Jahrtausende!
    _____


     

  • Kurt Tucholsky (1890-1935)

    An die Berlinerin

    Mädchen, kein Casanova
    hätte dir je imponiert
    Glaubst du vielleicht, was ein doofer
    Schwärmer von dir phantasiert?
    Sänge mit wogenden Nüstern
    Romeo, liebesbesiegt,
    würdest du leise flüstern:
    "Woll mit der Pauke jepiekt -?"
    Willst du romantische Feste,
    gehst du beis Kino hin ...
    Du bist doch Mutterns Beste,
    du, die Berlinerin -!

    Venus der Spree - wie so fleißig
    liebste du, wie pünktlich dabei!
    Zieren bis zwölf Uhr dreißig,
    Küssen bis nachts um zwei.
    Alles erledigst du fachlich,
    bleibst noch im Liebesschwur
    ordentlich, sauber und sachlich:
    Lebende Registratur!
    Wie dich sein Arm auch preßte:
    gibst dich nur her und nicht hin.
    Bist ja doch Mutterns Beste,
    du, die Berlinerin -!

    Wochentags führst du ja gerne
    Nadel und Lineal.
    Sonntags leuchten die Sterne
    preußisch-sentimental.
    Denkst du der Maulwurfstola,
    die dir dein Freund spendiert?
    Leuchtendes Vorbild der Pola!
    Wackle wie sie geziert.
    Älter wirst du. Die Reste
    gehn mit den Jahren dahin.
    Laß die mondäne Geste!
    Bist ja doch Mutterns Beste,
    du süße Berlinerin -!
    _____


     

  • Frank Wedekind (1864-1918)

    Meiner entzückenden Kollegin Mary J.

    Von vorn besehn bist du die schönste Maid,
    Die je mein Herz aus Liebesnot befreit;
    Doch wenn du halb nur dich zur Seite kehrst,
    Dann dünkt mich schon, daß du ein Knabe wärst.
    Drum bleib ich wie dem Glücksrad stets dir nah,
    Du -
    Venus Duplex Amathusia!
    _____

     


 

 

 

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