Liebessonette deutscher Dichter und Dichterinnen

 



Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)





 




Ferdinand von Saar
(1833-1906)



Zugeständnis

Gewiß! Ich war nicht einer von den Kalten,
Die vor den Reizen steh'n der holden Frauen
Gekniffnen Aug's, mit Worten, halben, lauen -
Und stets sich wissen klug im Zaum zu halten.

Nein! Ich gehörte zu den Raschdurchwallten,
Die, läßt die Schönheit ihrem Blick sich schauen,
Zu tiefst empfinden jenes heil'ge Grauen,
Das da entstammt der Liebe Urgewalten.

Vom Trank war ich durchglüht, der Faust getrieben,
Daß er den Kram des Wissens schlug in Scherben,
Um Gretchen und um Helenen zu lieben -

Und doch, wie jener Spanier, dessen Werben
Ganz ohne Zahl und Grenzen einst geblieben:
An unerfüllter Sehnsucht hinzusterben.
(S. 114)
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Aus: Ferdinand von Saars Sämmtliche Werke in zwölf Bänden
Zweiter Band: Gedichte Erster Teil
Herausgegeben von Jakob Minor
Leipzig Max Hesses Verlag o. J. [1908]


 

 

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