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  Neroccio de'Landi (1445-1500)
 Porträt einer Dame (1480)
 
 
 
 
 
 
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 Hans 
      Schiebelhuth
 (1895-1944)
 
 
 
 Sonnbrand auf Sand o matt Streiterin
 Hitzt deines Goldhaars schmachtend Bad und mischt
 Mit Tränen schlimmen Liebestrank darin
 Er hat den Duft von deiner Wang gewischt.
 
 Des grellen stetes Gleichsein schmerzt
 Wie küsse ich dich scheu. Du sprachst: "[Welch] Pein
 Wir werden nie ganz ein selbst Todumherzt
 Wie Mumien in Oasen glücklich sein."
 
 Aber in deines Haars geläuten Flüssen
 Ertrinkt der Geist gern dem wir dienen müssen
 Dies Nirgendfinden danach nie du frugst.
 
 Dann lieb ichs durch der Wimpern Tränenpracht
 Zu forschen ob mein Herz dies das du schlugst
 Fühllos wie Himmelsblau im Steine macht. 
      (S. 81)
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 Sonett der Sehnsucht
 
 Was soll ich nun 
      vom Wiedersehen hoffen
 Von dieses Tages noch geschlossener Blüte?
 Goethe
 
 Geduldiger Hände unerhörtes Hoffen
 Erhebst du Liebste betend in die Blüte
 Des Lichts, die schon erlöst auf steile Schroffen
 Des hochgezinnten Bergs sich rastlos mühte.
 
 Da - Gipfelglück - vor Wolkentoren offen
 Des Morgens Rosenwunder sich erfrühte,
 Stehst du wie stets in Helle und betroffen
 Vom Maß der Macht, die dich so glau durchglühte.
 
 Gold aller Sonne, Gold aus dunklem Schacht,
 Das deine Tiefen läutert und dich klärt,
 Umprunkt dich. Nun erfreu dich deiner Pracht
 
 Und brenne weiter, Flamme, sei genährt
 Vom Rausch des Tags, vom Überschwang der Nacht
 In Sehnsucht-Göttlichkeit, die ewig währt. 
      (S. 84)
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 "Behalte die 
      Gegenwart in deiner Gewalt."
 Mark Aurel
 
 Da durch die Nacht der Duft von Rotdorn rief
 Warst du vom Mond umworben und umwoben
 Daß ich anfing dich wie im Traum zu loben
 Die süß ermattet mir zur Seite schlief.
 
 Und über allen Sternen war ein Toben
 Und so viel Lust die uns im Blute lief
 Daß ganz ich hinrann. Taumellos und tief
 Vor mir erniedrigt doch zu dir erhoben.
 
 So bin ich mit dem Augenblick vermischt
 Mich auszuschütten statt mich auszuschwingen
 Statt gen Flut dich tragend wie Gischt
 
 Am Fels der Fügung brandend zu zerspringen.
 Gefahr! Gefahr! Statt stete Luft zu bringen
 Sternfunke nur zu sein der schnell auslischt. 
      (S. 85)
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 Innerer Anblick
 
 Nur Labsal meinem Auge, süße Frau,
 Du Veilchengarten mildem Blick erblüht
 Dem Kinderblick, dem glau durch Tränentau
 Und Trauer fremde Freudigkeit aufglüht.
 
 Sternschauer jähem Nebelriß entsprüht
 Du Labsal meinem Auge, süße Frau,
 Daß ich betrauend nun dein Lächeln hüt
 Mühmüd in Ödgewölbs geborstnem Bau.
 
 Schon blaßt mein Tag, Rausch, Traum und Wonneblau
 Kaum Mondduft über Dorf und Abendau
 Bleicht alle Ebne schon im Schnee verfrüht.
 
 Bleib Labsal meinem Auge, süße Frau,
 Du Veilchengarten schönster Erdenschau
 Da nachts mein Pfad sich gottwärts müht. 
      (S. 86)
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 Aus: Hans 
      Schiebelhuth Gedichte 1916-1936 / Übertragungen
 Agora Darmstadt Zürich
 Diese Ausgabe wurde aufgrund der Originalhandschriften
 herausgegeben von Manfred Schlösser
 Mit Unterstützung des Magistrats der Stadt Darmstadt gedruckt 1966
 
 
 
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