Das Liebes-Poetische Manuskript N° 41

Das Süße in der Liebe

in Gedichten deutscher Dichterinnen
 

Nie war mir etwas treu, so ganz, so mein,
Als wie dein Bild, dein süßes Bild allein.

Ida von Hahn-Hahn (1805-1880)

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Das ganze Gedicht:

"Dein Bild allein."

"Dein Bild allein" hebt ewig unverloren
Sich aus des Busens Heiligthum empor,
Und gleich dem Phönix, den der Glanz geboren,
So geht es aus dem Flammenmeer hervor,
Wenn alle Schmerzen, welche mich durchdringen,
Vor seinem Nah'n in Harmonie verklingen.

"Dein Bild allein" ruht auf des Herzens Grunde
Wie eine Perl', zu der der Taucher drang;
Er senkt sich furchtlos zu des Meeres Schlunde,
Nicht Well' und Wogen hemmen seinen Gang,
Nicht schrecken ihn der wilden Flut Gefahren; -
Er sieht das Kleinod, und er will's bewahren.

"Dein Bild allein" den stillen Altar schmücket,
Auf dem die Flamme meiner Liebe glüht;
Der Pilger ist am Gnadenbild entzücket
Nicht mehr, als Wonn' in meinen Busen zieht,
Wenn ich die Blum', auf meinem Weg gefunden,
Zum Opferkranz für den Altar gebunden.

"Dein Bild allein" hält selbst in ihren Träumen
Unwandelbar die Seele liebend fest,
Und in der Traumwelt ungemeßnen Räumen
Ist's der Gedanke, der sie nie verläßt,
Der nächtlich auf dem Mondenstrale schwebet
Und bleichen Traum mit Tagesglanz belebet.

"Dein Bild allein" stralt mir in Zauberfarben,
Von zarter Hand der Liebe treu gemalt;
Wenn alle Gluten ringsumher erstarben,
Es trotzet der Zerstörung, der Gewalt;
Und was ich lieben soll, was mich erfreuen,
Es muß von ihm sich eine Ahnung leihen.

"Dein Bild allein", die immerblüh'nde Rose,
Inmitten Schnee's und Winterstürme Weh'n,
Ihm wird nicht eins der tragisch ernsten Loose:
Vergöttert, dann vergessen sich zu seh'n.
Es ist zu schön für das Vergessenwerden,
Und seines Gleichen such' ich nicht auf Erden.

"Dein Bild allein" läßt nicht in Worte fassen,
Nicht malen mit den ird'schen Farben sich;
Und ach, ich kann, ich kann es nimmer lassen;
Denn wenn ich's ließe, niemals ließ' es mich.
Nie war mir etwas treu, so ganz, so mein,
Als wie dein Bild, dein süßes Bild allein.

aus: Gedichte von Ida Gräfin Hahn-Hahn
Leipzig F.A. Brockhaus 1835


 


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