Das Liebes-Poetische Manuskript N° 5

Liebeshymnen von der Schönheit der Geliebten


 

 


Mein Verlangen

Du trägst ein herrlich flutendes Gewand,
Gewebt aus Gold und purpurroter Seide,
An deine vollen Hüften schmiegt sich's an,
Gerafft durch einen breit gestickten Gürtel,
Der deines Leibes wogende Kontur
Nachzeichnet. Wenn du so an mir vorüber
Lustwandelst, Weib, und deine kühnen Blicke
So siegsgewiß mich treffen, wenn du dann
Mir dein verführerisches Lächeln schenkst,
So fühl ich bebend, daß ich deinen Augen,
Die strahlend wie zwei Diamanten sind,
Daß ich dem süßen Lächeln deiner Lippen,
Die zauberisch nach jungem Sandel duften,
Daß ich dem Liebesreize deines Körpers,
Den dein Gewand, das flutende, umgibt,
Nicht länger widersteh. Ganz zügellos,
Ganz haltlos flammt der Wunsch in mir empor
Mit langen Küssen deine Augen, die
So herrlich klar mich ansehn, zu bedecken,
Mit langen Küssen deinen Mund zu treffen
Und deine Zähne, die von Betel glänzen,
Und lange, lange deinen wundervollen
Liebedurchströmten Körper zu umfangen,
Den dein Gewand, gewebt aus roter Seide
Und gelbem Gold, verlockend noch verhüllt.

So stark zieht dieser Wunsch mich zu dir, wie
Das Leben atmend an sich zieht den Hauch,
Wie Eichenkronen Blitze an sich ziehn.
Dein Auge und dein schönes Lachen reißen
Mein ganzes Wesen stürmisch zu dir hin,
Es ist, als hätten deine Hände Ketten
Geschmiedet an den Goldschmuck meiner Ohren
Und schleiften mich nun überall mit Macht
Hinter dem Schreiten deiner Füße nach.

So wie im Monat, der die Blüten bringt,
Der Schnee auf des Gebirges Kamm zergeht
Und in die Tiefen niederstürzt als wilder,
Schäumender Gießbach, der in seinen Strudeln
Hütten und Bäume mit sich reißt und Tiere
Und Menschen, ohne daß man seinem Lauf,
Dem ungestümen, Halt gebieten kann, -
So ganz unhemmbar ist auch meine Sehnsucht
Nach dir! Was ihr den Weg versperrt, das reißt sie
Hinweg und eilt mit Allmacht auf dich zu.
Selbst die Gesetze unsres großen Herrschers
Vom weißen Elefanten, die Gesetze
Des Buddha selbst erkennt sie nicht mehr an.
Ja, mein Verlangen, das mich zu dir treibt,
Geliebte, ist der Schöpfung tiefer Wille,
So wie der Sturzbach, der zu Tale stürmt,
So wie der Blitz, der in die Eichen schlägt, -
Wild braust in mir die Allmacht der Natur!

aus BURMA
Nachdichtung: Hans Bethge


Mit freundlicher Genehmigung
des
YinYang Media Verlages, Kelkheim


Gedicht aus: Hans Bethge Der asiatische Liebestempel
Liebeslieder asiatischer Völker in Nachdichtungen Berlin 1941
(Neuausgabe 2004 http://www.yinyang-verlag.de)

 

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