Das Liebes-Poetische Manuskript N° 59

Du bist der Himmel und du bist auch das Nest  ...

Rabindranath Tagore (1861-1941) - Aus dem Gitanjali
Bilder von Odilon Redon (1840-1916)
 


 Odilon Redon (1840-1916)
Junge Frau im Profil



Rabindranath Tagore (1861-1941)

72.

Er ist es, der Innerste,
der mein Wesen erweckt
mit seiner verborgenen
Berührung.

Er ist es, der seinen Zauber
auf diese Augen legt
und freudig auf den Saiten meines Herzens
spielt in wechselvoller Weise
von Lust und Schmerz.

Er ist es, der den Schleier
der Maja webt in flüchtigen Farben
von Gold und Silber,
von Blau und Grün,
der durch die Falten
seine Füße schimmern läßt,
bei deren Berührung ich mich vergesse.

Tage kommen, Zeitalter gehn
und er ist es immer,
der mein Herz
unter manchem Namen bewegt
in mancher Verkleidung,
in mancher Verzückung
von Freude und Sorge.


 

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Übersicht

 

Aus: Rabindranath Tagore Hohe Lieder (Gitanjali)
Deutsche Nachdichtung von Marie Luise Gothein [1863-1931]
Kurt Wolff Verlag Leipzig 1914 (4. Auflage) (S. 99)

 

Das gesamte Gitanjali von Tagore siehe:
www.deutsche-liebeslyrik.de/gottesliebe/gottesliebe_tagore_gitanjali.htm



 


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