Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Der Düring
(um 1250)



Ohne Ende

Des leiden Winters Ueberlast,
Die sei verflucht mit seinem Raub;
Er hat gewaltsam manchen Ast,
Den heuer schön umgab das Laub,
Entblättert durch sein mächtiges Erscheinen.
So manche Herzen waren frei von Peinen,
Die klagen nun ihr altes Weh,
Und mehr als je
Verlang' ich nach der Reinen.

Mich wundert, daß getreu mein Herz
Mag halten stets und allezeit
An einem Weib, die manchen Schmerz
Mir angethan und vieles Leid.
O Frau und Herzenskön'gin, werd' es inne:
Gott weiß es, daß ich dich von Herzen minne;
Bist lange noch du spröd' und kalt,
So raubst du bald
Mir gar Verstand und Sinne.

Niemals verliert der Gram an Macht,
Der Leib und Seele mir bezwingt:
Mein Leid erneut sich Tag und Nacht,
Weil nie mir Nutz und Frommen bringt,
Daß ihr ich eigen bin und ganz mich weihe
Und seit der Kindheit meine Dienst' ihr leihe
Und williglich ihr immer lieh.
Nun bitt' ich sie,
Daß mich ihr Trost befreie.

Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)

Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 134-135)

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