Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Der von Suneck
(um 1255)



Die Bedingung

Nun hat des Winters Reif und Schnee geendet
Des lieben Maien bunte Blüte,
Und Wald und Heide stehen kahl und leer.
Doch allen wird nach Leiden Lust gespendet,
Wenn wieder sie des Sommers Güte
Bekleidet; mir nur blüht kein Hoffen mehr,
Wenn mich mit Tröstung nicht beglückt die Gute,
Nach der mein Herz voll Sehnsuchtsweh;
Doch leb ich in dem frohen Mute,
Daß es gescheh,
Sonst freuen weder Blumen mich noch Klee.

Es nennt ja alle Tugenden ihr eigen
Die süße Herrin, die Vielreine,
Die solchen Sehnsuchtskummer mir gebracht,
Um ihre zwingende Gewalt zu zeigen!
Da ich sie minne wie sonst keine,
So sollt sie lösen mich aus Bann und Acht.
Ach reichte sie mir nur ein einzig Stündlein,
[Zur Linderung für mein Herzensweh]
Zum Kuß ihr rosenrotes Mündlein,
[Wollt ich wie eh
Mich freuen an den Blumen und dem Klee.]

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 175-176)

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