Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Gottfried von Neifen
(1235 – 1273)



Reimspiel

Seht, wie sich die Heide kleidet
Mit gar wonniglichem Kleide,
Rosen sind ihr schönstes Kleid;
War der Winter ihr verleidet,
Weil er sie bedrängt mit Leide,
Ist doch jetzt vorbei ihr Leid,
Denn des Maien lichte Blüte
Schmückte sie mit Blust und Blut:
Doch noch mehr freut Weibesgüte,
Denn sie lindert Sehnsucht sanft und gut.

Was ich jemals sang von Frauen,
Das geschah von einer Fraue,
Die mir lieb vor jeder Frau,
Weil ich froh ihr kann vertrauen;
Will sie, daß ich ihr vertraue,
Spreche sie zu mir: vertrau!
Frohgemut dann wollt ich singen,
Frohgemut wie sonst ich sang;
Meinen Gram kann sie bezwingen,
Die schon eh mein sehnend Herz bezwang.

Süße Minne, such zu binden
Jene, die mich hat gebunden,
Die mein sehnend Herz mir band!
Ließ sie mich doch Gnade finden,
Die ich nie bisher gefunden,
Seit ich sie im Herzen fand,
Sie, die Liebe Wonnereiche,
Die vor allen wonnereich!
Hört, mit wem ich sie vergleiche:
Sie ist lieben Frauen völlig gleich!

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 113)

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Reimspiel

Seht, die Haid' ist wohlgekleidet
Mit gar wonniglichem Kleide,
Rosen sind ihr bestes Kleid.
Davon ihr viel Sorgen leidet -
Denn sie war in manchem Leide -
Ganz verschwunden ist ihr Leid
Durch des lichten Maien Blüthe:
Den bekränzt gar reiche Bluth.
Mehr erfreut noch Weibesgüte;
Denn sie sind für Sehnsuchtsleid so gut.

Alles, was ich sang von Frauen,
Das geschah von einer Fraue,
Die mir lieb vor jeder Frau.
Fröhlich kann ich ihr vertrauen;
Will sie, daß ich ihr vertraue,
Spreche sie das Wort: 'Vertrau!'
Frohgemuth dann wollt' ich singen,
Wie ich frohgemuth einst sang;
Meinen Gram kann sie bezwingen,
Die bisher mein sehnend Herz bezwang.

Süße Minne, kannst du binden
Sie, von der ich bin gebunden,
Die mein sehnend Herz mir band?
Läßt sie Gunst und Huld mich finden,
Die ich selten doch gefunden,
Seit ich sie im Herzen fand,
Die Geliebte, Wonnereiche?
Sie ist lieb und wonnereich:
Wollt ihr, daß ich sie vergleiche?
Sie ist lieben Frauen völlig gleich.

Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)

Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 144-145)

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