Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Hartwig von Raute
(um 1188)

 

Wenn ...!

Wenn ich gewahre das beste Weib,
Kaum kann ich die Sehnsucht bezwingen,
Eng an mich zu drücken den teuern Leib
Mit Armen, die fest ihn umfingen.
Zum Sprunge bin ich oft bereit,
Wenn vor mir die Holde ich sehe;
Und sah es die Welt, mir schüf es kein Leid,
Mir schafft ja die Minne nur Wehe.
Und wahrlich, nicht länger hielt ich an,
Der Sprung wär geschehn, sobald ich nur kann –
Und fürcht ich die Welt nicht, ich fürchte doch sie:
Sie tät mich in Acht und in Bann!

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 38)

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Wenn ich sehe das beste weib,
Wie berge ich kaum die gier,
Dass ich fest umfang ihren leib
Und zwinge sie zu mir.
Ich stehe hart zum sprunge, als wollte ich dar,
Wo die süsse vor mir steht.
Nähm' es alle welt wahr,
Wenn mich der minnende unsinn übergeht,
Ich liesse nicht den wahn,
Der sprung würde getan,
Traut ich bei ihr eine huld für diesen unsinn zu fahn.

Nachgedichtet von
Friedrich Wolters (1876-1930)

Aus: Minnelieder und Sprüche
Übertragungen aus deutschen Minnesängern
des XII. bis XIV. Jahrhunderts von
Friedrich Wolters. Zweite Ausgabe Berlin 1922 Bei Georg Bondi (S. 37)

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