Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger

 

 


Hiltbolt von Schwangau
(1221 - nach 1254)



Die Eine aus Allen

Aus allen Frau'n ich Eine hab' erkannt
Zu meinem Heile, mit beständigem Sinne.
Deß setz' ich meine Ehre drauf zum Pfand,
Daß nur ich sie vor allen Frauen minne.
Thu' ich es nicht, so will ich: "sie sei frei,
Und ihre Gnade geh' an mir vorbei!"
Doch denk' ich, daß ich keine mir erlose,
Die mir an Freunden besser wär zu Troste.

Was sollte mir noch werth sein Leid und Ehr',
Wenn ich das Herz je wollte von ihr wenden?
Sie wiss': ich liebe sie nur immer mehr!
Durch ihre Gnade wird es gut noch enden.
Und wenn sie auch das Weigern trefflich kann,
So haben gute Frau'n das längst gethan.
Ich bleibe bei der alten, wahren Märe:
Daß treuer Dienst doch stets das beste wäre.
(S. 21)
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Der erste Gruß

O wohl mir deß, daß ich sie sah,
Gepriesen sei die Stunde,
Da einst mein Herz erwählte sie
Der Tugend Meisterinne.

Gedächte sie, wann es geschah,
Als ich von ihrem Munde
Empfing den ersten Gruß, und wie
Mich ihr hingab die Minne!

Kein Laurer unterbrach uns da,
Verschwiegen blieb die Kunde.
Seitdem von ihr ich wandte nie
Mehr alle meine Sinne.
(S. 23)
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Eingebildete und wahre Liebe

Ein dunkelrother Kranz, zuweilen weiß,
Hat mir gefallen und mein Herz erfreut.
Das mach' ich ihr nun kund mit allem Fleiß,
Daß sie erkenne, wer dies Lied ihr beut.
Wird ihre Huld mir, hüt' ich sie, fürwahr,
Noch besser als mein eignes Augenpaar.
Ist sie getreu, an mir wirds offenbar.

O welch' ein Wunder, mir ward nie so weh
Als einst vier Frau'n ich meine Liebe bot;
Nun lieb' ich Eine nur, und mehr als je
Hab' ich um diese Eine größre Noth.
In Minne wähnt' ich einst mein Herz entbrannt,
Es war ein Spiel dem ich mich zugewandt,
Was Minne sei, hab' ich erst jetzt erkannt.
(S. 25)
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Beim Tanze

Abermals will ich ihr singen
Meines Liedes treuen Dank;
Ihre Huld soll mir gelingen,
Meine Trauer werde krank!
Ihr mit der ich jüngst gehalten
Einen freudenvollen Tanz,
Ihr der schönsten der Gestalten,
Ihr geziemt der erste Kranz!
Elle und Else tanzen wohl,
Daß man beiden danken soll.

Niemals hab' ich noch gesehen
Eine Frau so tugendreich,
Keine, das muß ich gestehen,
Auch so minniglich zugleich.
Drum hat über mich vor allen
Sie die Vollgewalt allein,
Gänzlich hat sie mir gefallen,
Sie der Wonnen süßer Schrein.
Elle und Else tanzen wohl,
Daß man beiden danken soll.

Selig sei die süße, reine,
Selig sei ihr rother Mund,
Selig sei sie die ich meine,
Selig sei mein süßer Fund.
Selig sei von allen Stunden
Die, da ich sie sah und fand;
Selig sei, die mich gebunden,
Und, das sie nie brach, das Band!
Elle und Else tanzen wohl,
Daß man beiden danken soll.
(Aber eine nur beim Tanz
Trägt allein den ersten Kranz.)
(S. 27-29)
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Klage und Rechtfertigung gegen die Merker

Daß je den Muth ich einmal von ihr kehre,
So große Untreu unterlaß ich gern.
Nicht so steht's um mein Herz, daß es mich lehre
Von ihr zu scheiden und zu sein ihr fern.
Denn ihre Winke sind mir Rath und Stern.
Von solchen Huldgeberden ist die Hehre,
Daß andre Minne ruhig ich entbehre.
Mit ihrem Leid schuf Gott sich selber Ehre.

So schön ist sie, die züchtige, sanfte, reine!
Wie könnt' es sein, daß ich mich von ihr schied?
Hiemit ich eine andre Frau nicht meine,
Als die so freundlich meinem Herzen rieth.
Bekennen will ichs frei in diesem Lied
Und wissen soll sie's: andre Frauen keine
Lieb' ich; die Minne wär auch eine kleine!
Wohl dien' ich allen, aber durch die Eine.

Trüb ist mein Sinn und lahm zu hohen Flügen!
Woher soll meinem Herzen Rath und Muth,
Da über mich sie Märchen glaubt und Lügen,
Und bin ich doch so holdgesinnt und gut!
O wäre sie doch besser auf der Hut,
Statt zornigem Wahn so eilig sich zu fügen.
Bald würd' ihr meine Unschuld ganz genügen.
O weh, daß sie sich also läßt betrügen!

Die Stunde will auf ewig ich verschieben,
Wo ich von ihr mich trennte; wie's auch sei,
Die Zeit mich zu begnadigen und zu lieben,
Sie kommt noch einst, dann ist die Noth vorbei.
Wird einst ihr rother Mund herzhaft und frei
In Hulden mich zu küssen angetrieben,
So, daß es heimlich zwischen uns geblieben -
Wie schnell wird alles Herzeleid zerstieben!
(S. 31-33)
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Zierliches Versagen

Wenn Eines ich verdiente, wär' ich froh:
Hab' ich ihr hohe Bitten vorzutragen,
Daß sie nur nicht mit hartem Zürnen droh'!
Mich über ihren süßen Mund beklagen
Nicht könnt' ich: gar zu schön ist ihr Versagen.
Ich will mich ihrer nimmermehr entschlagen,
Wenn sie auch nichts gewährt, und will vertrauen
Aus diesem Grund ihr mehr als andern Frauen.
(S. 35)
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Die Gewaltige

Wie schön und gut sie wäre,
Deß hab' ich viel vernommen,
Daß nimmer diese Märe
Mir aus dem Sinn will kommen.
Seitdem hab' ich bei ihr gesehen,
Wie streng sie sich erkläre,
Um meinen Willen ist's geschehen!

Könnt' ich mit rechter Sitte
Ihr dienen, wie ich soll,
So daß sie meine Bitte
Aufnähme sonder Groll,
Und, weil ich sie zum Lieb ersah,
Wie wär' ums Herz so wohl mir da!
Es hat die Ohnegleiche
Ganz über mich Gewalt.
Ich bin der Arm' und Reiche,
Bin jugendlich und alt,
Betrübt und froh, je wie sie spricht,
Doch, daß ich von ihr weiche,
Dies Einzige vermag sie nicht.
(S. 37-39)
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Frei oder leibeigen?

Frau, erlaubt nach euern Hulden,
Seit ich euch zuerst gesehn,
Ist, weiß nicht aus wessen Schulden,
Mir viel Ungemach geschehn.
Kann größeres Leid aus Gedanken entstehn?
Doch was auch geschieht,
Da die Liebe mich zieht,
Von euch, Frau, nimmer mein Herz entflieht.

Eure Augen durch die meinen
Strahlen einen Himmelsglanz
In mein Herz, und dieses Scheinen
Ist drin eingeschlossen ganz.
Sah je ich so liebliches Glänzen? O nein!
So viel Güte dabei?
Ist es wahr, nun so sei
Ich gnädig entlassen, so machet mich frei!

Könnt' ihr nicht, wer mag's verkehren,
Bleib' ich euer Eigenmann?
Wohl steht es nach euern Ehren,
Wenn auf euer Heil ich sann.
Gern will ich euch dienen, soviel ich nur kann;
Und wenn ich das thu
Sowohl Abends als fruh,
So gewährt, Frau, helfende Gnade dazu!
(S. 41-43)
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Dem König das Leben, ihr das Herz!

Dem König folgt wohin er will, mein Leib,
Doch ohne Herz, das muß ich ausbedingen.
Denn dies besitzt zu aller Zeit ein Weib,
Von ihr weg könnt' es Unser Herr nicht bringen.
Seitdem mein Herz nun verweilet bei ihr,
So möge sie geben dem König zu Ehren
Ihr eigenes mir,
Da das meine von ihr nicht zurück will kehren.

Ich weiß es wohl, die Schöne ist so gut,
Sie läßt aus eigner Schuld mich nicht verderben.
In allen Fällen, was sie mir auch thut,
Will immerfort um ihre Huld ich werben;
Den Willen ich bringe bis zum Tod!
Doch würde mich freilich zu bitter verdrießen
Die traurige Noth,
Von ihr nicht einigen Dank zu genießen.

Zwar selig sind schon meine Augen ganz
Deßwegen, weil sie an der Guten schauen
So vieler Tugend ungetrübten Glanz.
Sie hat der Besten Beifall und Vertrauen;
So kann ich mich lange verlassen auf sie.
Allzeit ich alles zu Gnaden ihr thue,
Mag gehen es wie
Sie immer gebiete, und wie sie geruhe!
(S. 45-47)
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Abschied vor der Kreuznahme

So mag es denn recht sein, ich lasse den Muth,
Der minniglich strebte, so fröhlich und gut.
Ich will mich nun schicken, und wie es auch geh',
Ins traurige Ende der Liebe. O weh,
Der schwankenden Sache war treu ich von je!
Wie unsanft dem doch ein Scheiden thut,
Wird einem dasselbe wie mir geschehn!
Muß immer die Minne mit Leide zergehn,
Wohl ihm, der sich weise genommen in Hut!

"Nun werdet ihr Augen vor Trübsal roth,
Ihr habt um den Freund, den geliebten, die Noth,
Auf immer wohl seiner beraubt ihr seid.
Viel Frau'n trifft bitter das nämliche Leid,
Sie trennt von Freuden der Liebe der Neid
Des Schicksals, das Manchem bereitet den Tod.
Doch Freund und Minne verlassen ich will,
Das dünkt mich um Gott fürwahr nicht zu viel,
Seit man uns zum Dienste für ihn entbot!"

"Mein Theil von Minne, so nehmt alsdann,
Es soll ihn haben kein anderer Mann.
Nun Herr, lebt wohl und gedenkt auch mein!
Hätt' ich noch lieb'res, ich gäb' es euch drein.
Bring' Minne der Art euch wonnigen Schein!
Mir hat sie nichts als Leides gethan.
Seit sie mich bezwungen, ich manchesmal rang
Nach eurem Wunsche, was mir nicht gelang.
Ergeh' es euch besser, ich denke daran."

Sie sprach's. Und daß sie nicht weiter gegangen,
Wie bin ich jetzt froh und verschmerze mein Bangen.
Denn Minne, so edel, ich leichter ertrage,
Als wüßt' ich daheim sie in Sorge und Klage,
Genug, daß ich leidend verbringe die Tage.
Gott folg' ich, er möge mein Opfer empfangen,
Und gönne mir einst, ist bestimmt mir ein Weib,
Der dienen ich soll mit Leben und Leib,
Daß die es nur sei, die zuerst mich gefangen.
(S. 49-51)
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In Syrien und daheim

Da ihr Versagen mir so nahe ging,
"Wär' ich nur näher", dacht' ich unterdessen,
"Bald wär' ein Theil von meinem Schmerz vergessen",
Da fing die rechte Noth erst an bei mir;
Die Minne zwang mich härter noch nach ihr,
Als sie im Lande Syrien mich bannte.
Hieraus ich deutlich an mir selbst erkannte,
Daß nie und nirgends ich entfliehen kann.
Nun bleib' ich so, wie ich zuerst begann,
Als ich mein Herz in Treuen an sie wandte.

Und will sie, daß ich bändige den Muth,
Und ab mein Herz von ihrer Minne kehre,
So lasse sie zuvor Schönheit und Ehre!
Wenn sie der beiden sich entäußern kann,
So scheidet sie mich und ich schweige dann.
Es gehe wie es mag, so muß ich auch bleiben,
Vor allen Frau'n mich ewig ihr verschreiben!
Und wär' mein Dienst der Schönen also leid,
Wie sie zum Scheine lange führt den Streit,
Ja, dann nur könnte sie mich von ihr treiben.
(S. 53)
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Vom Po bis an den Rhein

Nach der Besten hielt ich Spähe
Von dem Po bis an den Rhein
Manche Stund' - und in der Nähe
Fand ich sie im Herzen mein!
Hier ist sie geheim zu schauen
Auserwählt vor allen Frauen.
All mein Suchen lass' ich sein;
Sicher darf man mir vertrauen.

Wie der Vogel auf dem Reife
Höher oder tiefer singt,
Hab' ich auch nur Eine Weise,
Die im gleichen Tone klingt.
Nicht das Lied, nur ihre Minne
Kann erfreu'n mir Herz und Sinne;
Ihre Gnade, wenns gelingt,
Ist allein mir zum Gewinne.

Wenn sie schön nur wäre mäßig
Oder weniger minniglich,
Hätt' ich nicht so unablässig
Weh nach ihr, so dünket mich.
Wenn sie meiner Sorgen theilte
Eine nur - wie bald sie eilte
Anders zu bedenken sich,
Daß sie mich von Trauer heilte!
(S. 55-57)
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Das Kind vor der Ruthe

Ein Leid zum Sterben hat mein Herz empfunden,
Versagen hat die Freude mir verkehrt
Und nichts als Trauern meinen Muth gelehrt.
In voller Ungnad' hab ich sie gefunden.
Das thut mir leid und weh zu allen Stunden,
Mein Unglück hat mit Sorgen sich vermehrt.
Mich haben ihre Worte so versehrt,
Daß nimmer heilen werden meine Wunden.

Wenn ehmals ich an ihre Gnade dachte,
Der bleiche Schein behagte meinem Muthe,
Sie aber hielt so wenig mir zu gute
Ein Wort, daß es mir Schreck und Trauer brachte.
Da ich ihr nun so üble Laune machte,
So fürcht' ich wie ein Kind mich vor der Ruthe,
Ich hüte mich vor ihrem raschen Blute,
Und ihrer Uebereilung nah' ich sachte.
(S. 59)
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Widerspruch in der Freude

Ich nahm es  wahr mit Augen und mit Ohren,
Daß man von ihr nur Gutes spricht,
Und wurde stolz, daß die, so ich erkoren,
Bestand der bösen Welt Gericht.
Doch leider ich bedachte nicht -
Da ihre Schönheit mich gemacht zum Thoren -:
Zu meinem Flehn sagt sie aus Pflicht
Dann Nein, und meine Freuden sind verloren!
(S. 61)
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Ungleich zu Muthe

Wenn ringsum ihr vollkommnes Lob erscholl,
So lieblich klang's, daß ich vor Freuden glühte.
Doch ohne Grund war ich so freudenvoll,
Gar ungleich ist's uns beiden zu Gemüthe.
Ich bin an Minne reich, und sie an Groll!
So sehr Verschiedenes sie bedenken soll,
Daß nie entweiche von mir ihre Güte.
(S. 63)
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Die Ehrenreiche

Ein Glaube kann mich hoch begnaden,
Bei dem ich bleibe mit Vertrauen:
Es kommt mir nimmermehr zu Schaden,
Daß ich sie wählt' aus allen Frauen.
Wo sollt' ich bleibend schauen
Den Glanz so großer Ehren,
In dem sich eine Schöne sonnte?
Heil mir, daß ich so wählen konnte!
(S. 65)
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Die Krone der Freuden

Wahre Freuden minn' ich gerne
Wegen Einer Freude nur;
Wäre diese von mir ferne,
Leicht ich jene ganz verschwur.
Bin ich ohne sie einmal,
Wären alle andern schal.
Diese Freude, frei vom Wahne,
Ist die Edle, Wohlgethane,
Ist der Allerbesten Eine,
Ist die Frau, die ich da meine!
(S. 67)
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Das Recht auf Minnedank

Möchte sie den guten Willen, den ich trage gegen sie,
Doch erkennen, das genügte! Unterließe sie das nie,
Ich genösse deß von ihr,
Daß ich ihr mein Herz gegeben, mich und alle meine Sinne!
Ihre Gnade danke mir,
Daß ich sie mehr als mich selber,
besser als mich selber minne!
(S. 69)
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Klage gegen die Minne

O weh, Frau Minne, weß zeihest du mich,
Und habe dir doch nichts zu leide gethan?
Daß du mich so mühest, versündigst du dich.
Du hast mich verlassen, doch ohne den Wahn,
Der immer noch kehret mir Herz und Sinn
So ganz an ein Weib, die nicht weiß wer ich bin,
Obwohl sie mich beides doch, sieht und hört!
Wie hat mich die Kluge, die Schöne bethört:
Mir ist von euch beiden die Freude zerstört!
(S. 71)
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Winter- und Sommerseufzer

Der kalte Reifen und der Schnee,
Wenn sie zergehn, so kommt wie eh',
Die Blume mit dem grünen Klee,
Doch nicht zergeht und größer wird nur noch mein Weh.

Denn wie auch stehen mag die Au,
Im Winterschnee, im Sommerthau,
Mein Leiden immer gleich ich schau':
Das klag' ich ihr, die mir's gethan, der schönen Frau!
(S. 73)
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Nur ein halbes Wort!

O weh, ich Armer, wie soll ich nun werben,
Entbiet' ich nicht mein Sehnen und mein Klagen?
Ich muß nun mit geschlossnem Mund verderben,
Ich darf ihr meinen Kummer nicht mehr sagen!
Dennoch will ich an Treue nicht verzagen.
Wenn ich ihr hold nicht wäre, mußt' ich sterben;
Nun schweigt der Mund, will ich's im Herzen tragen.

Wenn sie mich wollte nur bisweilen grüßen,
Wer wüßte denn, was ihr im Sinne lag?
Ich war's gewohnt mit Worten, mit viel süßen,
Von ihr gegrüßt zu sein so manchen Tag.
Soll ich's entgelten nun mit diesem Schlag,
Daß ich die "Beste" wählte, soll ich's büßen,
Daß ich so treu, und sie so schön sein mag?

Leicht könnte sie mein größtes Leiden wenden,
Wie süß mir wäre nur ein halbes Wort!
Wenn sie das wollte mir zum Gruße senden,
Wie hätt' ich hohen Muth und reichen Hort!
Die Edle fährt in ihrer Weise fort,
Und könnte doch so leicht mein Glück vollenden!
Von ihrer Gnad' erwart' ich Zeit und Ort.
(S. 75-77)
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Der Polarstern

In sommerlichen Tagen höher schlägt
So manches Herz, doch nicht das meine!
Der Schönen klag' ichs, die es stolz erträgt,
Daß mir so selten blüht der Freuden eine.
Wird sie nicht müd', daß sie verneine,
Was strahlt sie noch - mein Herz in Klagen frägt -
Nutzlos in minniglichem Scheine?

Sie gleichet ganz dem Sterne Tremundan,
Der niemals hin noch her gegangen.
So hat sie lange wider mich gethan,
Sie regt sich nicht und läßt mich hangen.
Seit ich mich gab an sie gefangen,
Lag ich ihr noch so heiß mit Bitten an -
Versagen konnt' ich nur erlangen!

Sie wisse, wenn ich leide, wenn ich klage,
Ich dennoch nie ein Weib ersah,
Die ich so minniglich im Herzen trage,
Nie andres sang und sagt' ich ja!
Geht solches Ungemach mir nah,
So will ich noch erleben schönre Tage,
Daß mir nie lieberes geschah!
(S. 79-81)
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Die Erhörung

Sorgen wähnt' ich mich entronnen,
Als sie endlich mich umfing;
Jubelnd schlug mein Herz in Wonnen,
Dem es einst so schädlich ging.
Damals hatt' ich Eins zu klagen,
Jetzt doch muß ich mehr ertragen.
Ach, so weh sei ihr nach mir,
Fürcht' ich, als mir ist nach ihr.
Doppelt schmerzlich ist die Qual,
Weil sie beide trifft zumal.

So bisweilen muß ich tragen
Von Gedanken süßes Leid!
Aber hör' ich Schönes sagen
Ueber ihre Würdigkeit,
Solche Märe macht mich froh!
Wird sie es nun ebenso,
Hört von mir sie etwas Gutes,
Dann sind beide gleichen Muthes:
Was sie freut, deß freu' ich mich,
Was mich freut, deß freut sie sich.
(S. 83)
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Spruch des Markgrafen von Hohenburg
In Hildebolds Ton

Wer sich zum Unterthan der Minne macht,
Daß er in rechter Art die Minne minnet,
Der hat an diese Minne so gedacht,
Damit er von der Minne Lohn gewinnet.
Nun heißen sie Minne die Minne der Noth,
Die Minne der Sorge, entgegen der Minne!
Da doch Minne gebot
Minne zu dem, der sich Minne versinne.
(S. 85)
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Aus: Die Minnelieder Herrn Hildebolds von Schwangau
zum erstenmal übersetzt
und mit begleitendem Texte herausgegeben von
Johannes Schrott [1824-1900]
Augsburg Verlag der K. Kollmann'schen Buchhandlung 1871

 

 


 

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