Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Meinloh von Sevelingen
(Mitte des 12. Jh.s)



Des Sommers Boten

Ich sah des Sommers Boten;
Das waren Blumen, hold und roth.
Weißt du, schöne Fraue,
Was ein Ritter dir entbot?
Verstohlen seinen Minnedienst.
Nie hat ihn Lieberes ergetzt;
Ihm trauert all sein Herze,
Seitdem er schied von dir zuletzt.
Entgegen dieser Sommerzeit
Enthebe du sein Herz dem Harm;
Froh wird er nimmer,
Bis er so recht vergnüglich
Umfangen liegt von deinem Arm.

Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)

Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 269)

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Ich sah boten des sommers:
Das waren blumen ganz tiefrot,
Weisst du, schöne herrin,
Was dir ein ritter entbot?
Verhehle seine dienste,
Ihm ward lieberes nicht,
Ihm trauert sein herze,
Seit er nun jüngstens von dir wich.
Nun höhe ihm seine freude
In dieser sommerzeit,
Fröhlich wird er nimmer,
Eh nicht in deinen armen
So rechte güte ihm gedeiht.

Nachgedichtet von
Friedrich Wolters (1876-1930)

Aus: Minnelieder und Sprüche
Übertragungen aus deutschen Minnesängern
des XII. bis XIV. Jahrhunderts von
Friedrich Wolters. Zweite Ausgabe Berlin 1922 Bei Georg Bondi (S. 20)

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Minnebriefchen

Ich sah Bothen des Sommers,
Das waren Blumen so roth:
Weißt du noch, schönes Fräulein,
Was neulich ein Ritter dir bot?
Er bot dir verhohlene Minne
Und Treue bis ins Grab:
Nun trauert sein Gemüthe,
Weil du sie wiesest ab.
O laß die Sommerwonne
Jetzt blühn in seinem Muth:
Ihm duftet keine Rose,
Bis er im Arm dir ruht!

Nachgedichtet von
Wilhelm Müller (1794-1827)

Aus: Blumenlese aus den Minnesingern
Herausgegeben von Wilhelm Müller
Erste Sammlung Berlin 1816
In der Maurerschen Buchhandlung (S. 72-73)

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Zur Sommerzeit


Ich sah des Sommers Boten,
das waren hübsche Blumen rot.
Weißt du noch, du Schöne,
wie einst ein Ritter dir entbot
Verhohlen seine Dienste?
Nichts konnte lieber ihm geschehn.
Sein Herz ist nun voll Trauer,
seitdem er dich zuletzt gesehn.
Drum füll' ihm sein Gemüt nun
zur Sommerzeit mit Freuden an.
Denn fröhlich wird er nimmer,
als bis in deinen Armen
er so recht wonnig ruhen kann.

Nachgedichtet von Bruno Obermann


Aus: Deutscher Minnesang Lieder aus dem
zwölften bis vierzehnten Jahrhundert
Übertragen von Bruno Obermann
Leipzig Druck und Verlag von Philipp Reclam jun. o. J. (1890) (S. 33)

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