Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Neidhart von Reuental
(um 1217 – 1230)


Udelhild

Im Wald
Klingts bald
Von kleinen süßen Vogelstimmen wieder
Und ringsum schallen alte liebe Lieder;
Wird doch in jeder Vogelbrust
Der Gram zur Lust
Im Maien –
Drum, Mädchen, kommt zum Reien!
Im Frein
Allein
Kann frohe Jugend ihre Freude finden.
Laßt uns den Lenz denn feiern bei den Linden,
Die sich in neuem Laube bauscht,
Ihr Wipfel rauscht
Schon mächtig –
Wie ist der Mai doch prächtig.
Es blinkt
Und sinkt
Der Tau leis in die Blumenaugen nieder.
Ihr hübschen Mädchen, kommt in Scharen wieder!
Zu schmücken euch, sei Zeitvertreib,
Jungfrau und Weib;
Im Maien
Geziemt sich Tanz und Reien.
Wie wollt
Ich hold
Dem Manne sein, und immer ihm gewogen,
Sprach Udelhild, ein Mädchen wohlerzogen,
Der Fessel löste mir und Band!
An seiner Hand
Ich spränge,
Daß laut sein Degen klänge!
Mein Haar
Fürwahr
Hätt ich beim Tanz mit Seide schön umwunden,
Nur dem zuliebe, der mich alle Stunden
Zu sich hinwünscht nach Reuental.
Des Winters Qual
Muß enden.
Ihn lieb ich – wer kanns wenden?

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 72-73)

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