Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Von Stadegge
(um 1251 – 1272)



Aufforderung

Mädchen, kommt und helft mir singen
Lieder zu des Maien Preis.
Sonnenaufwärts strebt zu dringen
Seine Kraft in jedem Reis.
Ach ihr wohlgemuten Laien,
Niemals saht ihr einen Maien
So geschmückt mit Pracht und Fleiß.

Wohl der Heide, wohl den kleinen
Vöglein, wohl dem Sonnentag.
Uns zur Freude soll er scheinen,
Blumen blühn im grünen Hag.
Rosen sind nicht groß in Nöten,
Seht, so lieblich sie sich röten,
Wie das Feld es lieben mag.

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 156)

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Alles zu Wunsche

Mädchen, kommt und helft mir singen,
Lieder sei'n dem süßen Mai geweiht!
Auf zur Sonne strebt zu dringen
Seine Kraft durch Bäume, hoch und breit.
Ach, ihr frohgemuthen Laien,
Nie ersaht ihr einen Maien
So geschmückt mit reichem Farbenkleid.

Wohl den Vöglein all, den kleinen,
Wohl der Haid' und wohl dem Sonnentag!
Uns zur Freude soll er scheinen,
Blumen blüh'n, wo jüngst der Schnee noch lag;
Rosen sind nicht sehr in Nöthen:
Seht, sie lachen und erröthen,
Wie es wohlbehagt dem grünen Hag.

Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)

Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 179)

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