Julie Gräfin Oldofredi-Hager (1813-1879) - Liebesgedichte



Julie Gräfin Oldofredi-Hager
(1813-1879)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Meinem Gatten

Wenn sich die Sonne senkt
Und Er das Ruder lenkt -
Ob Er wohl mein gedenkt?!

Die - fern ich und allein,
Bald auch im Abendschein
Tauch' in die Flut hinein! -

Jetzt noch am Rande steh',
Dann langsam untergeh',
Ihm Segen noch erfleh'!

Die sich zum Schlafen senkt,
Voll Wehmuth Sein gedenkt,
Ihm ihre Seele schenkt! -


Aus: Moos. Vermischte Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Wien Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei 1853 (S. 52)

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Ein versendetes Veilchen im Briefe

Ob wohl dies Veilchen Duft behält,
Bis es Dich trifft in weiter Welt?

Ob sich zurück Dein Sinn dann lenkt,
Wie man geträumter Freuden denkt?

Zerpflückt, wie dieses Blüthenstück,
Ist längst ja auch mein Rest von Glück! -

Denn ob der Lenz auch wiederkehrt,
Dem Menschenlenz ist's nicht gewährt! -

Aus: Moos. Vermischte Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Wien Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei 1853 (S. 53)

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Altes Scheiden

Du schied'st von mir, so wie der Sommer scheidet,
Der in des Herbstes Nebelgrau zerfließt;
Am bunten Flor man bis zuletzt sich weidet,
Fühlt plötzlich nur, daß man im Herbste ist! -

Ein Tropfen Wehmuth, der am Aug' gehangen,
Ein leises Zucken, das den Mund umzog,
So bist zuletzt von mir Du weggegangen,
Als all' mein Sehnen stürmisch nach Dir flog! -

So seh' ich ewig Dich vor mir noch stehen,
Die Thrän' im Aug' - den stillen Wehmuthsthau; -
So hoff' ich jenseits wieder Dich zu sehen,
Wenn dort noch traurig in Dein Aug' ich schau'! -

Aus: Moos. Vermischte Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Wien Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei 1853 (S. 57)

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Alter Dank

Als in's Aug' ich Dir geschaut,
Und dem Zauber d'rin vertraut,
Dacht' ich oft recht still in mir:
"Könnt' verglimmen ich an Dir!"

Tage, die Dein Wort erfrischt,
- Das aus Mild' und Kraft gemischt, -
Stunden, die Du mir geweiht,
Alles dank' ich Dir noch heut'!

Ja - das Leben ist nur Traum,
Glück darin erhascht sich kaum;
Doch was oft ein Tag nur webt,
Dann durch's ganze Dasein lebt! -

Wohl auch fand sich mancher Gram,
Der für lang' den Frohsinn nahm;
Doch des Lebens armer Rest,
Hält von Dir nur Freuden fest!

Und versüßt wird mein Geschick,
Denk' ich: daß der Sonne Blick
Einst noch wärmend Dich entflammt
Wenn ich längst zur Nacht verdammt.

Wie durchleuchtet fühl' ich mich,
Denk' ich leidvoll heut' an Dich!
Hast mir Herz und Geist geletzt,
Innig dank' ich Dir's noch jetzt!


Aus: Moos. Vermischte Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Wien Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei 1853 (S. 63-64)

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Du warst geliebt!

Dich liebte einstmal eine Frau;
Sie glich der tiefbewegten See,
Worin sich spiegelt Wolkengrau, -
Von Blitzen hell, doch trüb von Weh,
Mocht' sie ein reiches Seelenleben
Begeist'rungsvoll in Dein's verweben!

Erschien'st Du ihr doch gleich dem Schiff,
Das majestätisch auf der Flut
Des Daseins schwimmt, - ein Inbegriff
Von festem Werth und kühnem Muth; -
Hätt' sonst sie denn so tief entbrennen,
Und, kaum Dich seh'n, vergöttern können?!

Damit ist's hin! - es hat die Glut
Hinein gebrannt in's eig'ne Mark, -
Solch' Weh wird nur durch Erde gut;
Nicht alle Herzen sind gleich stark! -
Des Lebens letzte schwache Funken,
Bald sind auch sie zu Staub versunken! -

Aus: Moos. Vermischte Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Wien Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei 1853 (S. 89)
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Kam Amor schon mit Flügeln auf die Welt?

Diese wichtigste der Fragen
Quälte mich seit lange schon;
Nun die Muse mich belehret,
Ziehe Vortheil man davon!

Amor kam, wie andre Knaben
Ohne Flügel auf die Welt;
Unschuld kennt ja noch kein Flattern
Liebt noch treu, was sie erwählt.

Auch noch wachsend hatt' er keine,
Kindheit übt nicht Grausamkeit;
Und ist Lieb' erst im Entfalten,
Fühlt sie nur Beständigkeit.

Aber nach dem ersten Kusse
Den als Sieger er errang,
Sah man, wie das Flügelpärchen
Durch die zarten Schultern drang, -

Neue Küsse . . . das Gefieder
Wuchs hervor verwunderlich;
Und als durch sein süß' Gekose
Endlich er noch mehr erschlich,

Da begann er wild zu flattern,
Denn jetzt trug die Schwing' ihn schon,
Noch ein Schwur, und noch ein Küß'chen,
Und der Schelm - er flog davon!!!

Aus: Neue Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Pesth 1843 Verlag von Gustav Heckenast (S. 35-36)

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Mädchens Liebeslieder

1.
Plötzliche Liebe
Wenn der Blitzstrahl niederstürzet,
Und entzündet Zweig wie Blatt,
Weiß der Stamm ja nicht zu sagen
Was ihn heiß durchschüttert hat, -
Erst des Wipfels lichtes Brennen
Lehret ihn sein Schicksal kennen . . .

Doch Gott selber sendet Blitze,
Bäume ziehen sie nur an;
In Gewittern spricht der Himmel,
Und erhellt die Erdenbahn. -
Wird das Leben auch erschüttert,
Wenn es nur im Licht erzittert! -


2.
Stern und Wahn
An ***
Der süße Wahn, von Dir geliebt zu werden,
Es war mein hellster Stern auf nächt'ger Bahn;
Der Segensstrahl, zu leuchten mir auf Erden,
Mein Glück, mein Leben selbst war dieser Wahn!

Sein Strahlenglanz schien Anfangs mir so helle,
Ich glaubte wahrhaft mich von Dir geliebt, -
Was aber schwindet denn wie Glück so schnelle?
Jetzt fürcht' ich, daß es keines für mich gibt!

Das Flammenreich der himmlischen Gestalten
Es bleichet sichtbar mit dem Morgengrau'n;
Die Seele möcht' so gerne fest es halten,
Noch einmal in der Sterne Glutmeer schau'n. -

Doch matter, und stets matter seh' ich's flimmern,
Der Wintertag verscheucht die Traumeswelt,
Da fühl' ich eine Thrän' im Auge schimmern,
Weil ach! mein Stern sich nicht im Frühlicht hält!

Und wenn der letzte Schein am Himmel schwindet,
Verschwindet auch zugleich mein Lebenslicht;
Denn wer sein ganzes Glück an Liebe bindet,
Der überlebt den Tod der Liebe nicht! -


3.
Das Profil
Als jenen Kopf zuerst ich einst gesehen,
Da fühlt' ich welke Freude auferstehen!

Als ich zuerst sein geistig Wort gehöret,
War fast der Friede meiner Brust zerstöret;

Doch als sein Blick so bieder auf mir weilte,
Da war's, als ob er alles Schwanken heilte.

Und als es dann an's Scheiden war gekommen,
Blieb Friede zwar, doch Freude war genommen! -


4.
Es war!
Er sagte einst: "er liebe mich!"
Dieß ist nun lange her;
Sogar der Ton der Stimm' entwich,
Nie sagte er es mehr!

Verhallt, verklungen ist der Ton,
Die Freude, wie das Wort,
Doch klinget - sei's auch lange schon -
Es mir im Herzen fort . . .

Die Stimme ward seitdem so kalt,
So ernst und liebeleer, -
Des Auges süße Allgewalt
Hat auch nicht Wärme mehr, -

Verwandelt ist sein Wort, sein Blick,
Verwandelt ganz und gar;
Doch blieb die Wonne mir zurück,
Zu denken: daß es war! - -


5.
Wie ich liebte
Ich liebte ihn, wie man das Frühroth liebet,
Das uns nach langer Nacht verkündet Licht!
Und wie der Schiffer jenen Pharus liebet,
Der Nachts im Wogensturm durch's Dunkel bricht.

Ich liebte ihn, wie jenen Raum am Himmel,
Wo ich mir denke meines Vaters Geist; -
Ich liebte ihn, wie man den Engel liebet,
Der uns vom Abgrund noch zurücke reißt! -


6.
Geisterhauch
Weil'st Du fröhlich in geliebter Nähe,
Oder düster in der Einsamkeit,
Und Dir ist, als ob Dich lind umwehe
Ein Gedankenhauch von stillem Leid, -
O, so ist's mein Geist, der Dich umschwebet,
Und die Lust, die Dich umgibt, belebet . . .

Und wenn Jahre d'rüber hingezogen,
Längst mich birgt ein kalter Schlummerstein,
Und dann mancher Wahn auch Dich betrogen,
Du Dich schmerzlich fühlst, wie ich, allein, -
Und ein Geisterhauch Dich mild umschwebet,
Ist's die Liebe - die mich überlebet!


Aus: Neue Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Pesth 1843 Verlag von Gustav Heckenast (S. 51-57)

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Meinem Gatten
(Nach dem Französischen)

Was soll ich Dir zum Weihnachtsfeste geben?
Was ich besitze, ist ja Dein!
Dieß Herz - das sich in Liebe Dir ergeben,
Ist ja schon längst auch nicht mehr mein!
Es hieße Dich mit eignem Gut beschenken,
Wollt' ich damit an eine Gabe denken.


Aus: Neue Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Pesth 1843 Verlag von Gustav Heckenast (S. 74)

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Psyche
(Nach dem Französischen)

Neugier trieb die junge Psyche
Aus den Armen ihres Gatten,
Der, von stiller Nacht umflossen,
Wonnesüß war eingeschlummert; -
Denn, obgleich durch ihn beglücket,
Hat sie ihn doch nie gesehen;
Nachts nur war er stets gekommen,
Und bevor der Morgen graute,
Unter flammenvollen Küssen,
Wieder flüchtig ihr enteilet. - -

Heute will sie's endlich wagen
Das Geheimniß schlau zu lüften,
Und, entgegen dem Verbote,
Ihren Liebling heimlich schauen.
Leise hat sie sich entwunden
Seiner innigen Umschlingung,
Dann noch leiser sich erhoben,
- Um den Schläfer nicht zu wecken -
Und mit einem kleinen Lämpchen
Alsbald wieder rückzukehren. -

Fünfzehn Schritte von dem Lager
Wo der Gatte lächelnd schlummert,
Schien's ihr jetzt, er sei ein Jäger,
Und wenn auch nicht selbst Adonis,
Doch vielleicht sein Zwillingsbruder.
Auf zehn Schritte schien's Cephalus,
Und auf sieben schon ein Halbgott:
Auf vier Schritte Antinous;
Immer näher endlich Zephyr,
Und ganz nahe ach! war's - Amor!

Psyche, selig, feuertrunken,
Steht bewundernd vor dem Gotte,
Und entdeckt jetzt Pfeil und Bogen,
Attribute seiner Allmacht, -
Stolzer hebt sich da ihr Busen,
Ihr ja ist der Gott der Götter,
Ihr der Urquell aller Wonnen, -
O, welch' namenlos Entzücken
Einen Liebesgott zu lieben,
Ihn, durch den das Weltall liebet!!!

Jetzt beugt leise sie sich nieder,
Und versucht, ohn' ihn zu wecken,
Seinen süßen Hauch zu schlürfen;
Küßt dann die geschloss'nen Augen,
- Wagend kaum, sie zu berühren -
Doch zum Unglück fällt ein Tropfen
Von der Lampe, die sie haltet
Auf die Schulter des Geliebten -
Er erschrickt . . . erwacht . . . entfliehet . . .
Ach! und kehrt ihr niemals wieder! -

"Dieß gewinnt man, wenn man Amor
Allzunah' zu kennen trachtet!" -


Aus: Neue Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Pesth 1843 Verlag von Gustav Heckenast (S. 83-85)

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Eifersucht

Eifersucht ist jene bittre Thräne,
Die vom Aug' der kranken Liebe fällt,
Und - daß ja nie glücklich man sich wähne -
Schnell den Wonnebecher uns vergällt.

Sie vermag's den Nektar zu verfärben,
Gift zu mischen in den Freudenwein;
Schmerzlich fühlt man da das Glück ersterben,
Wandeln sich in namenlose Pein . . .

Doch - ob wir darüber auch erröthen,
Und das Herz durch unsre Schwäche bricht,
Kann dieß Gift wohl oft das Leben tödten,
Aber ach! die Liebe tödtet's nicht! -

Aus: Neue Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Pesth 1843 Verlag von Gustav Heckenast (S. 127)

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Frage

"Was Liebe sei" zu sagen,
Versuchte man so oft; -
Ist's nicht der Herzensglaube
Der seinen Himmel hofft?

Ist's nicht der Lichtstrom, welcher
In uns're Schattennacht,
In's trüb entfärbte Leben
Erst Farb' und Strahl gebracht?

Ist's nicht wie Glanzverklärung -
Wie Sternenwiederschein -
Das in zwei Menschenherzen
Den Himmel wirft hinein?

Ist nicht solch' Doppelleben
Erst wahres Gottversteh'n?
Wo all' die welken Blumen
Des Glaubens aufersteh'n?

Wo man ein Jenseits hoffet,
Wohin die Liebe reicht,
Und selbst des Grabes Kälte
Nichts vom Entzücken bleicht? -


Aus: Neue Gedichte
von Julie Gräfin Oldofredi-Hager
Pesth 1843 Verlag von Gustav Heckenast (S. 167-168)

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Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Julie_Marie_Christine_von_Oldofredi-Hager


 

 


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