Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Aaschik, d.i. der Verliebte
gest. i. J. 979 (1571)
 

Glaubt nicht, der Wangen Licht sey ausgestrahlet von Rosen,
Nachtigallenaug' warf es verklärend zurück.

oder poetischer wenn gleich paraphrasierend:

Glaubest du, es sey die Rose,
Welcher Bienen Seim entsaugen,
Welche deine Wangen malet,
Nein! es ist das Bild der Rose,
Von der Nachtigallen Augen
Tausendfach zurückgestrahlet.
____________


Seit ich zu weinen begann voll düst'ren Sinnes auf Fluren,
Traten die Bäche all' über die Ufer hinaus.
____________


Wenn ich sinesisch Idol mein Herz dir huld'gend verehre,
Sag' nicht, daß ich deßhalb läugne die Einheit von Gott.
____________


Glaube nicht, ich sey wie andere Liebende treulos,
Und ungläubig schilt deßhalb den Liebenden nicht.
____________


Entzündet ist des holden Liebchens Augenrand,
Ich dacht', als ich es sah, die Sonne sey in Brand.
____________


Willst du gelbes, rothes Geld,
Nimm's von meinem Angesicht,
Willst du Perlen und Rubin,
Nimm von meinen Augen Licht.
____________


Im Herzen trag ich süßes Maal,
Von deiner Liebe eingebrennt,
Ein Licht ist's, das beym Grabesmahl
Als ew'ges Licht für Todte brennt.
____________

 

Sohn des Richters Seid Ali Nattaa; war in Rumili geboren; er ist weit berühmt geworden durch seine Denkwürdigkeiten osmanischer Dichter; Aaschik durchlief die Laufbahn der Richter und stand als solcher zu Nicopolis, Rusdschuk, Uskub.

 

 

zurück

Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Zweiter Band (von der Regierung Sultan Suleiman's des Gesetzgebers
bis zu der Sultan Murad's III. 1521-1574)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 337-338)