Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Kasim, d.i. der Betheilende
 

Es klagt das Herz mit Schmerz so Tag und Nacht, o Freund!
Es füllet sich mit Blut von Sehnsuchtsgram, o Freund!

Verstand hat zwar von deinem Munde keine Kunde,
Doch von der Locke hat er lange Kunde, Freund!

Auf deinem Wege hab' ich mich zu Staub gemacht,
Daß du mich im Vorübergehen tretest, Freund!

Ich zieh' die Hand nicht ab von dir, und wenn der Feind
Mit Schwert und Pfeil auch meinen Kopf angreift, o Freund!

Seit daß der Knospe von dem Munde Kunde ward,
Zerriß sie sich den Gürtel und die Brust, o Freund!

Die Steine, selbst die härtesten, erweicht das Feuer,
Wie kommt es, daß dein Herz sich nicht erweicht, o Freund?

Auf ihrem Weg' sind tausend Jahre eines, Kasim,
Wenn sie ein einz'gesmahl nur gnädig blickt, o Freund!
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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Zweiter Band (von der Regierung Sultan Suleiman's des Gesetzgebers
bis zu der Sultan Murad's III. 1521-1574)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 507)