Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Kadri
gest. i. J. 1082 (1671)


Bis zum Morgen spann' ich aus das Netz der Arme,
Hoffend, daß des Wunsches Hirsch darin erwarme;

Steht Cypressenhoher auf im grünen Kleide,
Neigen sich vor ihm Cypressen auf der Heide.
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Es nahm der Wimpern Pfeil die Brust zum Ziele,
Er nahm die Maale in der Brust für Ziele;

Dein Widerschein im Glas voll Purpurwein
Ist in dem Morgenroth des Neumonds Schein.
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Das gold'ne Kissen, Freund, hast du gebracht in Vorschein,
Hast Unruh' aufgeregt, den Bart gebracht zum Vorschein;

Ein einz'ges Korn des Schönheitsfeldes zu genießen,
Kam jener Inder in dem Ambramaal zum Vorschein;

O Padischah der freyen Ruh'! dein Bild zu stehlen,
Kam Spiegel als ein Dieb, ein trüg'rischer, in Vorschein,

Die Locke kam, um Schweiß von Augen wegzuküssen,
Du fehltest, Schah, indem du brachtest sie in Vorschein;

Es weinet Kadri, weil entfernt von deiner Hand,
Die für die Fremden, nicht für ihn, zum Kuß in Vorschein.
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Ist Abdulkadir-Tschelebi aus Aintab, ein Schreiber im Bureau der Rusnamedschi, Verfasser eines Diwans.

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Dritter Band (von der Regierung Sultan Murad's III.
bis zu Ende der Regierung Sultan Mohammed's IV. 1574 - 1687)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 490)