Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Derwisch Tschelebi
gest. i. J. 1083 (1672)


Wenn nicht Geschäft vorausbestimmt der ewige Rathschluß,
Nützet aller Rath Weiser und Kundiger nicht.

Wenn der ew'ge Herr dem Menschen zuwendet die Gnade,
Wird zu Tugend das Fehl, werden die Mängel Verdienst,

Alles Bemüh'n ist umsonst, sich vor dem Loose zu hüthen,
Was zum Schicksal bestimmt, ändert Bestreben nicht ab;

Panzer, geringelt aus Stahl, mit Tausend und Tausend von Schuppen,
Wehren nicht ab den Pfeil, welchen Bestimmung verschießt;

Gutes und Böses sind bestimmt, wie Armuth und Reichthum;
Wir vertheilen so, sagt im Korane der Vers.

Handelnder ist Einwirkender nur in jeglicher Handlung,
Sieh Einwirkung nicht in der Gestirne Verein.

Ohne Fehler ist, was ewiger Meister gemahlet,
Von des Meisters Kunst zeuget das schöne Gemähld';

Hänge dich an nichts, nimm Sonnenstrahlen zum Beyspiel,
Durch Entsagung nur stieg in den Himmel Isa.

Suchst du das Glück, so lerne bald Vertrau'n und Ergebung;
Was dir rathet Derwisch, höre von Herzen und Seel'.

 

War der Derwisch Mewlewi, welchen die Gegner Pir Husein's, des Vorstehers des Klosters der Mewlewi zu Konia, als Nachfolger desselben von der Pforte begehrten, die aber ihrem Willen nicht willfahrte; da er sich nach Konia zurückzukehren schämte, wurde er dem Kloster zu Galata als Scheich vorgesetzt, und starb auf dem von Mohammed IV. wider Caminiec unternommenen Feldzuge.

 

zurück

Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Dritter Band (von der Regierung Sultan Murad's III.
bis zu Ende der Regierung Sultan Mohammed's IV. 1574 - 1687)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 491)