Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Nami (Ishak)


Ist's Widerschein der Silberbrust,
Was ich im Herzen sehe?
Ist es des Mondes Widerschein,
Den ich im Meere sehe?

Ist es sein kampferweißer Hals,
Den ich aufsteigen sehe?
Ist es der Anmuth Morgenweiß,
Das ich aufgehen sehe?

Sind's Augenbrauen, die gewölbt
Ich auf der Stirne sehe?
Ist es der Schönheit neuer Mond,
Den ich erwartend sehe?

Ist's auf dem Wangenspiegel Maal,
Das mir im Aug' thut wehe?
Ist's Augenapfels Widerschein,
Den ich in Thränen sehe?

Und mach' ich aus zwey Augen vier,
Ich doch Ishak nicht sehe!
Ist es ein Engel, ist's Huri,
Ein Mensch, den ich hier sehe?
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Wenn die Cypress' anmuthig sich bewegt,
In mir der Auferstehung* Tag sich regt;

Gazellenblick des Aug's so kirr und zahm,
Macht tausend wilde Hirsche kirr und zahm;

Weißt du, warum gekrümmt des Neumonds Rücken?
Vor Schönheitssonn' anbethend sich zu bücken;

Der Hyacinthenlocken Ambraduft
Erfüllt mit Wohlgeruch die Abendluft;

Der Kiel Ishak's, der Rede Schmuck und Zier,
Führt diesen Vers in ew'gen Ruhms Revier.

* Wortspiel zwischen Kamet, Wuchs,
und Kiamet, die Auferstehung
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Der Sohn des Mufti Ismail Efendi, welcher von demselben den Vornahmen Ebu Ishak führte, 1097 (1685) Mulasim des Mufti Mohammed von Angora, 1111 (1699) Äußerer der Medrese des Odabaschi Omeraga, weitere Stellen an anderen Medresen. 1127 (1715) Richter von Smyrna. Er übersetzte den Garten der Kundigen des Abulleis aus Samarkand ins Türkische, schrieb im Mesnewi das Buch des Sendung.

 

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Vierter Band (von der Regierung Suleiman's II. bis auf unsere Zeit 1687 - 1838)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 211)