Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Wehbi II.


Für's Wangenmaal des Liebchens verschenke ich Iran,
Ich gebe für ein Körnlein Kaschmir Schiras hintan;

Es gleichet Götzentempeln in Persien jede Stadt,
Da jede Schönheitsbilder in Hüll' und Fülle hat;

Aus Babylon die Zaub'rer, die Gaukler aus Kabul,
Bezaubern Leib und Seele und machen Weisheit null;

Die Jungen mit dem Schopfe und mit dem rothen Shawl,
Sie machen mich zum Sclaven, zum Narren allzumahl;

Der Schönen gibt es viele in Irak, Ißfahan,
Die Freundlichsten den Fremden in Aserbaidschan.

Ich sah geschminkte Augen gar viel zu Ißfahan,
Es zogen mich Verliebte aufricht'ge nach Kjaschan;

Was kümm're ich mich weiter um's volle Glas von Dschem,
Da ich zum tollen Reigen nur Persien's Jungen nehm';

Wie Hyacinth die Haare, die Wangen rosenfrisch,
Verliebt wie Nachtigallen, ein zauberisch Gemisch.

O Schönheitsschah, Gesandten der Untergang nicht droht,
Und Wehbi will genießen, wenn du ihm zu Geboth.
 

 

Mohammed Ben Raschid Ben Mohammed Efendi. Sein Diwan vollendet 1222 (1807).

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Vierter Band (von der Regierung Suleiman's II. bis auf unsere Zeit 1687 - 1838)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 561)