Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Ruhi, d.i. der Geistige
gest. i. J. 928 (1521)
 

Das Aug', das Herz, die Brust, die Seele
Sind alle voll von deinem Bild,
Du wohnest in dem vierten Himmel,
Wie Jesus und die Sonne mild.
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Tulpen schmücken sich die Wangen,
Kleben auf sich Maale schwarze,
Glühen purpurroth und gießen
Auf die Erde Blut das schwarze,

Unruh zeigt sich auf den Wangen
Durch des Maals des Flaumes Harze,*
Aufstand ist in Rum ergangen
Durch ein Paar Gesichter schwarze.

Runzle nicht die Augenbrauen,
Schieß' mich nicht mit Wimpernpfeilen,
Um ein einz'ges Herz zu fangen,
Braucht es nicht Anschläge schwarze.

Seit ich weine, ist erschienen
Meines Auges Mann** der schwarze,
So zeigt sich im Meer enthüllet
Fern das Vorgebirg das schwarze,

Dir zur Seite gehet, bald
Schatten und bald Nebenbuhler.
Sprichwort sagt: es sind zur Hand
Stets ein Paar Gesichter schwarze,

Seit bekannt ward Ruhi's Neigung
Zu der Dichtkunst Zauberey,
Nehmen Rollen und Diwane
In die Hand das Rohr das schwarze.

* Maal und Flaum werden beyde,
weil schwarz, dem Harz verglichen
** Der Mann des Auges, d.i. der Augapfel
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Der Sohn des schönen Musterbildes eines gerechten Mufti, nämlich Dschemali's, des Mufti unter Selim I., welcher den Christenmord, die Beraubung christlicher Kirchen und viele andere Grausamkeiten durch sein Fetwa verhinderte.

 

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Zweiter Band (von der Regierung Sultan Suleiman's des Gesetzgebers
bis zu der Sultan Murad's III. 1521-1574)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 8)