Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Rahimi, d.i. der Mildreiche
lebte i. J. 940 (1533)
 

Schah der Liebe! schwarzes Zelt steigt
Über'm Kopf' in Seufzern
* auf,
Aus der Gluth der Herzensfunken
Setz' ich gold'ne Haube auf.

In dem Meer der Liebe ist
Nur ein Tropfe diese Welt,
Welche als zwey Fünkchen Lichts
Sonn' und Mond entgegenhält.

Wangentulpe zum Beweise,
Daß ich treu in deiner Lust,
Sprechen als gerade Zeugen
Die Brandmaale meiner Brust.

Eine Dornenhecke zog ich
Um das Aug' im Wimpernzaun,
Daß es nicht im Stand' sey, Jemand
Andern als den Freund zu schau'n,

Wundert's dich, daß alle Herzen
Der Geliebte an sich zieh'?
Kraft anziehende, so große,
Ihren Wangen Gott verlieh?

Tulpe hält um deine Augen
Als Abdal
** Derwischentanz,
Brennt sich Brandmaal in den Busen,
Flammet von der Liebe Glanz.
***


Wenn der Henker ihrer Wimpern
Schlüge todt dieß blut'ge Herz,
Würde auf Rahimi's Grabe
Schwertgras wachsen nur aus Schmerz.

* Im Rauche der Seufzer
** Abdal - [ein Heiliger], Santon
*** Flammige Tulpe
____________


 

Sein Vater Mohammed-Tschelebi aus Amasia; er selbst hieß Abdurrahim, weihte sich dem ascetischen Leben, und schrieb eine schöne Taalikhand.

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Zweiter Band (von der Regierung Sultan Suleiman's des Gesetzgebers
bis zu der Sultan Murad's III. 1521-1574)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 196-197)