Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Hilali
gest. um's J. 950 (1543)
 

Erobert hat des Herzens Reich des Freundes Moschushaar,
Bestiegen hat den Seelenthron des Freundes Moschushaar,

Um mit Lazur in's Wangengold zu schreiben klar,
Ward auf die Gluth gelegt des Freundes Moschushaar,

Das Fest der Seele hat erhellt das Wangenpaar,
Die Seelenflur durchwürzt des Freundes Moschushaar,

Es heilt den Schmerz der Welt als Rettungsbezoar
Der Wangen Rosenroth des Freundes Moschushaar,

Damit der Fuß zum Kuß nicht offen sey und bar,
Senkt bis zur Erde sich des Freundes Moschushaar.

Von Dieben
* ist die Stadt bedrohet mit Gefahr,
Als Dieb und Löwe geht des Freundes Moschushaar.

Die Locken können küssen nicht das Wangenpaar,
Ganz schwarz braus't deßhalb auf des Freundes Moschushaar,

Es sehnt sich Hilali nach dem Rubin fürwahr,
Indem ihn tödten will des Freundes Moschushaar.

* Damen altine tschiragh almisch,
mit einer Leuchte unter dem Saume des Kleides;
diese Leuchte ist das leuchtende Gesicht
des Freundes, welches das Haar als Dieb
unters Kleid versteckt.
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Ein Mützenstepper von Constantinopel, seinen Dichternahmen, d.i. der Zahnstocherhafte oder Neumondige (denn Hilal heißt sowohl Zahnstocher als aufnehmender Mond), hatte er von seinem dünnen Aussehen, er hinterließ einen vollständigen Diwan.

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Zweiter Band (von der Regierung Sultan Suleiman's des Gesetzgebers
bis zu der Sultan Murad's III. 1521-1574)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 235)