Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Vinzenz von Rosenzweig 1838)




Wär' auch die ganze Welt mit Dornen rings umstellt,
Ein Herz das Liebe fühlt, bleibt stets ein Rosenfeld.
Dreht ohne Endzweck auch das Himmelsrad sich um,
Nicht ohne Endzweck doch ist der Verliebten Welt.

Es grämen Alle sich; doch des Verliebten Herz,
Sieh wie es heiter, froh und munter sich erhält.
Wenn allenthalben auch der Kerze Licht erstarb,
Wer dich, o Holder! liebt, bleibt tausendfach erhellt.

Nie ist, wer liebt, allein; und wär' er auch allein,
Dem Liebling hat der Freund sich heimlich zugesellt.
Der Wein der Liebenden wogt aus der Brust hervor,
Und der Verliebte ist's, der Heimliches erzählt.

Verspreche hundertmal, die Liebe glaubt dir nicht,
Weil's an so mancher List den Schönen nie gefehlt.
Siehst du Verliebte krank, so hast du sicherlich
Neun Liebchen an dem Haupt des kranken Freund's gezählt.

Besteig' der Liebe Pferd, ganz sorglos um den Weg:
Das Pferd der Liebe trabt ja immer gleichen Zelt;
Es bringt in Einem Ritt dich zu der Poststation,
Wär' auch die Strasse rauh und noch so schlecht bestellt.

Ein liebend' Herz verschmäht der ird'schen Speise Kost,
Ein liebend' Herz ist stets ja nur ein Becherheld.
Durch Tebris' Sonnenlicht des Glaubens findest du
Ein Herz das sich in Rausch und Nüchternheit gefällt.
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