Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Vinzenz von Rosenzweig 1838)



Ich bin des Schöpfers Königsfalke,
Und prangte auf des Sultan's Hand;
Vom Handgriff seiner Macht beweget,
Durchflog ich raschen Flug's das Land.

Aufflog ich von des König's Händen,
Neun Himmel mass mein rascher Lauf;
Und sieben Sterne sah ich glänzen,
Und stieg auf Keïvan's* Schloss hinauf.

In dem geweihten Heiligthume
Lag stumm ich an der Huris Brust,
Und war, als Adam noch nicht lebte,
Der Pförtner in dem Hain der Lust.

Hoch auf der Herrschaft mächt'gem Throne,
Den Siegelring an meiner Hand,
War ich der Div' und Peris Meister,
Eh' Salomon geherrscht im Land.

Oft schritt ich durch des Feuers Gluthen;
Die Gluthen schienen Rosen nur:
Man suchte mich im Rosenhaine,
Und mich verbarg die Rosenflur.

Ich kam, gleich einer reinen Perle,
In's Gemmenkästchen dieser Welt;
Ich kam aus Sehnsucht nach dem Himmel,
Wo hundertfach mich Ruhm umstellt.

Es singt, mit Tebris' hehrer Sonne,
Die Ewigkeit diess süsse Lied;
Zum Thron des ew'gen Gottes war es,
Wo man mich Sänger hin beschied.

* Keiwan d.i. Saturn, im siebenten Himmel wohnend, herrscht daselbst
in einem hohen, wohlverwahrten Schlosse.
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