Maria Johanna Sedelmaier (1811-1853) - Liebesgedichte

 



Maria Johanna Sedelmaier
(1811-1853)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 




Sehnsucht
Nach Schiller

Wenn ich im einsamen Thale
Ruhe beim purpurnem Licht,
Zeigt umwebt vom Abendstrahle
Sich des Freundes Angesicht.

Ach, es war ein luftiges Phantome,
Nur ein Schattenbild umfaßt mein Arm.
Sehnsucht, schwebe hin zum blauen Strome!
Sehnsucht, flüstre ihm der Freundin Harm!
Flattere auf leichten Schwingen, Psyche,
Flattere zum edlen Freunde hin!
Du gabst mir die schönste Blume, Tyche,
Himmelsblau umwebt von Hoffnungsgrün!
Hör' ich am Busche nicht lauschen?
Ist es sein fröhlicher Gang?
Nein, es war der Weste Rauschen,
Durch den dunkeln Laubengang!
Freundschaft! Wesen aus dem Götterlande,
Das den schönsten Kranz der Menschheit flicht;
Du verschmähst Cytherens Schmeichelbande,
Wie der Nebel haßt das Sonnenlicht.
Deine Stirne trägt der Wahrheit Siegel,
Die der Täuschung Larve kühn verscheut;
Deine Glut löscht nicht des Zeitgotts Flügel,
Und dein Losungswort ist Ewigkeit!
Hör' ich nicht leises Gelispel?
Ist es sein zärtlicher Ton?
Nein es fiel die gelbe Mispel,
In den bunten Gartenmohn!

Einsam - am beschatteten Bassine,
Denk ich sein - und Hespers Fackel glimmt,
Hier, wo an der Laube von Jasmine
Luna auf dem glatten Spiegel schwimmt.
Freund, wo weilst du? An der dunkeln Grotte
Hebt ein Lüftchen mir den leichten Shawl;
Lüftchen, bist du wohl sein zarter Bothe,
Sandt er dich beim blassen Mondenstrahl?
Seh' ich von ferne nichts wallen?
Rauschts nicht am Mauerspalier?
Nein, es ist des Springborns Fallen,
In das Marmorbecken hier!

Ach, aus der Gebüsche-leisem Säuseln,
Hör ich seiner Stimme Melodie!
Auf der Silberwellen sanften Kräuseln
Zeigt sein Bildniß mir die Phantasie.
Mahle es mit glüh'nder Zaubertinte,
Mahle es vom Vollmond schön umstrahlt;
Zaubre durch des Parkes Labyrinthe
Seine jugendliche Hochgestalt.
Also durchtönt es das Grüne
Was mir den Busen bewegt,
Als die lieblichste Pierinne
Traut auf meine Schulter schlägt!
(S. 47-49)
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Die Liebe

Admet, der Liebling Apollons opfert am Tag seiner Hochzeit,
Jedem olympischen Gott; ach, der Arme vergaß
Nur der Diana. Sie spannte ihren silbernen Bogen,
Und zum sicheren Tod legte den Pfeil sie hinauf.
Da bath der zärtliche Bruder; fruchtlos blieb nicht die Bitte;
Doch muß der Moire Scheer jemand zum Opfer sich weih'n!
Und nicht Vater, selbst die weinende Mutter nicht konnt es;
Nur die zitternde Braut gab sich der Parze Gewalt.
(S. 83)
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Die Liebe der Hamadryade

Seht der Esche Zweige neigen,
Ihr gefiedert Laub erblaßt,
Ihre Wurzeln seht entsteigen,
Die die trockne Erd nicht faßt.
Ach, sie stirbt die Freud der Hirten,
Wenn sie das Gefild durchziehn,
Fröhliche Cykladen schwirrten
Auf dem dunkeln Blättergrün.

Rhökos fremdem Land entsprossen,
Reizend wie Endymion
Hat die Wurzeln fromm begossen
Wie die Dafne Letos Sohn.
Deckt sie dann mit schwarzer Erde,
Fleht zum Zeus der Regen schickt,
Ehrend was sein Glaube lehrte,
Der den Baum beseelt erblickt.

Plötzlich borst entzwei die Rinde,
Die Dryade trat hervor,
Staunend horchten Meer und Winde
Und der Cypris kleiner Chor.
Eros spannte schnell den Bogen,
Zielte nach der Beiden Herz,
Zwei der schärfsten Pfeile flogen,
Und sie fühlten gleichen Schmerz.

Beide wollten mit Entzücken
Wonnetrunken sich umfahn,
Liebe liegt in ihren Blicken,
Liebend will sich Rhökos nahn.
Sprich, wie soll ich dir es lohnen,
Daß du sorgsam mein gepflegt,
Willst du im Pallästen wohnen,
Frug Melissa tief bewegt.

Willst du Heerden? Schäferkränze?
Willst du Ares hohen Ruhm?
Willst du, daß dein Name glänze
In Apollons Heiligthum?
Willst du über Fluten schiffen
Nach des Tyrus Handelsstadt?
Schätze aus des Meeres Tiefen
Bring Poseidon ans Gestad!

Nicht Neptun aus seinem Meere,
Zeus vom Himmel, Ares nicht;
Göttlich nur belohnt Cythere,
Göttlich, wenn Melissa spricht.
Sie mit silberweissen Füssen,
Und ihr Haupt in Lockennacht,
Iris sanfte Strahlen fließen
Um der Stirne Perlenpracht.

Und vereint zum schönsten Bunde,
Hatte sich das schönste Paar;
Aber ach, der Trennung Stunde
Weis't die schnelle Hore dar.
Wenn du scheidest, werd ich nimmer,
Rhökos, ach, dich nimmer sehn!
Mir lacht nicht mehr Lunas Schimmer,
Einsam seh ich Thebe stehn!

Wo die königliche Helle
In dem Meergewoge schwand;
Fern, ach fern der Dirke Quelle,
Auf Sigeums blüh'nden Strand,
Bringet eine treue Biene
Nachricht von Melissa dir,
Liebst du noch mit festem Sinne
Sagt sie frohe Botschaft mir.

Rhökos schied. Mit düstern Blicken
Eilt er ohne Pfeil und Spieß
Ohne Köcher auf dem Rücken
Durch den Hain der Artemis.
Wenn die Fluren Eos röthet
Schweift sein Aug in blauer Luft,
Horcht, wenn Philomele flötet
Ob nicht eine Stimme ruft.


Und mit leicht entbundnem Flügel
Mit der Liebe süssem Wort,
Ueber Tethys glattem Spiegel
Eilt die kleine Biene fort.
Ruht nicht im Myrikenlaube,
Nicht im dunkeln Myrthengrün,
Schneller als Cytherens Taube
Fleugt sie durch den Aether hin.

Rhökos sieht sie, und ein Feuer
Färbt sei blasses Angesicht,
Wie wann Phöbos durch den Schleier
Trüber Nebelwolken bricht.
Und der Laut stirbt ihm im Munde,
Und sein trunknes Auge schwimmt,
Da Melissas liebe Kunde
Sein entzücktes Ohr vernimmt.

Nein, so namenlose Wonne
Trägt kein schwacher Sterblicher;
Und er fleht zur goldnen Sonne,
Daß sie weile überm Meer.
Und wie eine Marmorbüste
Starrt er mit gehobner Hand,
Als nach der entfernten Küste
Seine holde Bothin schwand.

Da auf ihrem Drachenwagen
Ceres durch die Felder zieht,
Sirius in heissen Tagen
Am entwölkten Himmel glüht;
Fliegt die Biene her von Thebe
Wieder ohne Rast und Ruh,
Daß Melissa lieb und lebe
Flüstert sie ihm freundlich zu.

Und es freut ihn sie zu schauen,
Und sie schwebet um ihn her;
Doch in seinen Augen thauen
Keine stillen Thränen mehr.
Arme Biene, deine Schwingen
Sind zu weitem Fluge nicht,
Ueber See und Land zu bringen
Was der Freundin Lippe spricht!

Da der Apfel der Dione,
Und die braune Feige winkt,
In des Laubwerks dichter Krone
Golden die Olive blinkt.
Und der Gärtner froher Miene
Fromm sie dem Vertumnus weiht,
Kommet noch einmal die Biene
Aus des Haines Einsamkeit.

Aber weh, was sieht die Arme,
Ists ein Traum was sie erblickt?
Eine Fremde in dem Arme
Haltet Rhökos fest umstrickt.
Mit dem grünen Zweig der Rose
Hat der Freche sie verscheut,
Er vergißt auf weichem Moose
Seiner ersten Liebe Eid.

Schlimm ist was aus Pyrrhas Stamme,
Treulos ist der Männer Herz,
Liebe nur ein schöner Name,
Und ihr sichrer Lohn der Schmerz.
In der Rache heissem Drange,
Tief empört von seinem Glück,
Läßt sie in des Jünglings Wange
Ihren scharfen Stahl zurück.

Die ersehnte Bothin schwebet
Ueber Kopais Gestad,
An der schlanken Esche bebet
Freudig jedes Zweig und Blatt.
Setzt sich auf des Baumes Krone,
Spricht das bittre Wort und stirbt;
Regen haß ich Thau und Sonne
Rief die Nymphe und verdirbt.
(S. 166-172)
_____


Aus: Gedichte von Maria Johanna Sedelmaier
Salzburg 1832
In Commission der Mayr'schen Buchhandlung
 


Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Johanna_Sedelmaier




 

 


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