Das Sonntagsgedicht

Geistliche Gedichte deutscher Dichterinnen
(vom 1. November 2009)

(c) Gerd Altmann Pixelio.de




Luise Cuno
(1835-1887)



"Wem Zeit ist wie Ewigkeit,
und Ewigkeit wie Zeit,
der ist befreit von allem Leid"

Jakob Böhme


Wie ein Pfeil enteilt dem Bogen,
Wenn der Schütz' ihn hält bereit,
Also ist die Zeit verflogen;
Näher kommt die Ewigkeit.
Was da grünet, was da blühet,
Das wird bald ein dürres Laub;
Was in Erdenpracht erglühet,
Alles fällt der Zeit zum Raub.

Aber was von Oben stammet
Aus der Ewigkeiten Schoß,
Was in ew'ger Liebe flammet,
Das hat auch ein ewig Los.
Als der Heiland ist erschienen,
Kam die Ewigkeit zur Zeit
Und sein Tod und Leben dienen
Aufzulösen diesen Streit.

Wo Er sich mit uns verbindet,
Da ist sel'ge Ewigkeit;
Wo die Seel' Sein Antlitz findet,
Dringt das Ew'ge in die Zeit.
Wo man Seine Näh' genießet,
Da giebt's nur ein selig Nu,
Wo Sein Leben sich ergießet,
Da ist ew'ge, sel'ge Ruh'!

 


 


Gedicht aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o.J. [1895] (S. 387)


Bild: (c) Gerd Altmann Pixelio.de



 

 

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