Das Sonntagsgedicht

Geistliche Gedichte deutscher Dichterinnen
(vom 8. November 2009)

(c) Gerd Altmann Pixelio.de



 

Anna Karbe
(1852-1875)


Herr, wie du willst

Mel.: Wie groß ist des Allmächt'gen Güte

Herr, wie du willst! Wir halten stille
Und folgen dir, denn wir sind dein;
Es möge unsers Herzens Wille
Ein Spiegel deines Willens sein.
All unser Wünschen und Begehren,
All unser Wissen und Versteh'n
Soll sich in ein Gebet verklären:
"O Gott, dein Wille soll gescheh'n!"

Herr, wie du willst! Wie Schlummerklänge
Tönt's durch das sorgenschwere Herz,
Wenn es in seiner Noth Gedränge
Und in dem tiefsten Seelenschmerz
So ganz in seines Gottes Willen,
Der immer Gutes uns gethan,
Recht als ein Gotteskind sich stillen
Und neue Kräfte holen kann.

Herr, wie du willst! Auf dunklem Pfade,
Dem aller Erdenglanz gebricht,
Da scheint am hellsten deine Gnade
Auf unsern Weg als Himmelslicht.
Wenn unser Elend kaum zu tragen
In der Ermanglung alles Lichts,
Dann läßt du uns als Botschaft sagen:
"Es ist mein Wille; fürchtet nichts!"

Herr, wie du willst! Nimm uns're Hände
Und geh' als Führer uns voran;
Wie dann sich uns're Laufbahn wende,
Bleibt's immer eine Segensbahn.
Herr, wie du willst! Mit heißen Thränen
Befolgen wir zwar dein Gebot,
Doch unser Stab, auf den wir lehnen,
Das ist dein Wille, treuer Gott!

Herr, wie du willst! Wenn auch mit Schmerzen,
Wir folgen, o wir folgen gern!
Gieb nur den Trost aus deinem Herzen
Und sei im Dunkeln unser Stern.
Ach mache uns're Herzen stille,
Daß sie getrost nach oben seh'n!
Dein Wille, Herr, es ist dein Wille!
O Gott, dein Wille soll gescheh'n!


 


Gedicht aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o.J. [1895] (S. 397)


Bild: (c) Gerd Altmann Pixelio.de



 

 

 

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