Das Sonntagsgedicht

Geistliche Gedichte deutscher Dichterinnen
(vom 21. Februar 2010)

(c) Gerd Altmann Pixelio.de




Franziska Barbara Reitz
(1715-1785)

 

Das Trachten nach der Seligkeit

Mel.: Alle Menschen müssen sterben

SChaffet, daß ihr selig werdet,
Ihr, die ihr wollt selig seyn,
Euch zwar christlich hie geberdet,
Doch davon tragt blossen Schein;
Dencket, wenn der HERR wird kommen,
Hie zu richten Bös' und Frommen,
Daß ihr schafft mit Furcht allein,
Wie ihr möget selig seyn.

Schafft mit grosser Furcht und Zittern,
O ihr Sünder allzumal,
Wann der letzte Tag wird wittern,
Daß ihr denn der Höllen-Quaal
Mit erfreuter Seel entgehet,
Nicht zur Lincken JEsu stehet:
Schafft mit Furcht hier ingemein,
Daß ihr dann mögt selig seyn.

Schaffet, daß ihr selig werdet,
Traut nicht eurem Fleisch und Blut,
Das sich heilig hier geberdet
Und es doch nie meinet gut;
Flieht das falsche Christen-Leben,
Bleibt an JESU Leben kleben;
Dem folgt, schafft hier ingemein,
Daß ihr möget selig seyn.

O HErr, der du durch dein Leiden
Uns so theur erlöset hast,
Laß uns nicht seyn abgescheiden
Von dir; reiß weg unsre Last!
Brich in uns die Macht der Sünden,
Laß uns Gnad und Leben finden:
Deine treue Lieb allein
Schaffe, daß wir selig seyn.
 

 
 


Gedicht aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o.J. [1895] (S. 389)

Bild: (c) Gerd Altmann Pixelio.de




 

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