|
Rosa Kellerbauer
(um 1889)
Sonntagsfrühe
Wie friedlich träumt des Gärtchens kleines Reich!
Mich dünkt, daß milder nie die Lüfte wehten;
Die Sonne schimmert golden durch's Gezweig
Und spielt in irren Lichtern auf den Beeten;
So rein und duftigklar der Himmel blaut,
Daß sich mein Auge nimmer satt d'ran schaut;
Die Blume selber, mein' ich, holder blühe
In heil'ger Sonntagsfrühe.
So still die Welt! Nur durch die Blätter zieht
Des Morgenwinds geheimnißvolles Rauschen,
Und hergetragen durch das Luftgebiet
Läßt sich ein ferner Glockenton erlauschen.
In dieser andachtsvollen Stille spürt
Von Himmelsgrüßen sich mein Herz berührt –
Versunken sind mir ird'sche Sorg' und Mühe
In heil'ger Sonntagsfrühe.
Ja, ew'ger Gott, du bist mir nahe heut'
Mit deiner Gnadengabe, deinem Frieden,
Der tröstlich mir den hehren Gruß entbeut:
"So du nur glaubst, ist dir das Heil beschieden!"
Herr, daß ich diesen sel'gen Weg mag geh'n,
Laß deinen Geist mein sündig Herz durchweh'n;
Gieb, daß es dir im Glauben neu erglühe
In heil'ger Sonntagsfrühe!
|