Das Sonntagsgedicht

Geistliche Gedichte deutscher Dichterinnen
(vom 4. Oktober 2009)

(c) Gerd Altmann Pixelio.de




Christiane Rosine Spitzlin
(1710-1740)
 

Ein Lob-Lied


Lobe GOtt, mein Hertz, mit Freuden,
Lobe ihn von Hertzens Grund;
Dencke an die alten Zeiten,
Wie er dich auf diese Stund
Hat erhalten und geführet,
Daß kein Unfall dich berühret.
Ach! so rühme seine Treu,
Welche alle Morgen neu.

Schickt dir GOtt ein Creutz zu tragen,
Nimm es nur gelassen an,
GOtt verbindt, wann er geschlagen,
Was er thut ist wohl gethan;
Denn er hat dir ja verheissen
Dich aus aller Noth zu reissen;
Ob dich schon das Creutze drückt,
GOtt läßt dich nicht unerquickt.

Nun betrachte GOttes Wege,
Dann sie seyn recht wunderbar;
Sehe ich auf seine Stege,
Auf die mancherley Gefahr,
Die mich öfters hat betroffen;
Doch mein Glaube und mein Hoffen
War zu meinem GOtt gericht,
Sein Gnad verließ mich nicht.

Drum so lobe, meine Seele,
GOttes grosse Wunder-Gnad,
Auf mein Mund und meine Kehle,
Preise GOttes Will und Rath!
Der dich biß daher erhalten,
Und noch läßt die Gnade walten
Uber dich zu aller Stund,
Lobe ihn von Hertzens Grund.

Laß dein Sorgen und dein Grämen,
Denck, daß GOtt dein Vatter ist,
Der sich deiner will annehmen,
Trau auf ihn zu aller Frist.
GOTt will ja die junge Raben
Selbst mit Speiß und Tranck erlaben,
Und du bist noch mehr als sie;
GOtt sorgt vor dich spat und früh.

GOtt will unser Vatter heissen,
Ach ein Wort das uns erquickt!
Seine Güte ist zu preisen
Uber alles was er schickt.
Lobet GOtt mit Mund und Hertzen,
Lobet GOtt in Freud und Schmertzen,
Preiset GOttes grosse Macht;
GOtt hat alles wohl gemacht!



 


Gedicht aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o.J. [1895] (S. 331)

Bild: (c) Gerd Altmann Pixelio.de




 

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