Das Sonntagsgedicht

Geistliche Gedichte deutscher Dichterinnen
(vom 13. Februar 2011)

(c) Gerd Altmann Pixelio.de




Sophie Eleonore Gräfin
und Semperfreiin zu Limburg
(1655-1722)


 

Verlangen nach der JEsus-Hülffe

WAs wiltu, JEsu, von mir haben?
Ist doch schon alles dein vorhin,
Was ich inn, um und an mir bin:
Ich hab ja nichts als deine Gaben.
So nimm mich mir und geb mich dir,
Dein bin ich, ach! verbleib in mir.

Du fragst mich, ob ich dich auch liebe?
Ja HErr: ach! warum fragstu mich?
Der du es besser weißt als ich
Und siehest, wie ich mich betrübe,
Daß ich von dir entfernt muß seyn!
O JEsu, meine Freud allein.

Du liebst mich auch, doch offt mit Schweigen,
Verbirgst im Unglück dein Gesicht:
Das scheint als liebtestu mich nicht.
Bald kommstu wieder, mir zu zeigen,
Wie meine Treu mit Gegentreu
Von dir, mein Schatz, belohnet sey.

Du siehest, wie ich itzo lebe
Verfolgt und fascher Zungen Stich
Empfinde: dennoch stellstu dich
Als ob dirs kein Erbarmen gebe:
Ich bethe, seufftze Tag und Nacht,
Zu schwächen meiner Feinde Macht.

Anstatt daß mir die Hülff erscheine,
Vermehrt sich stündlich meine Plag,
Es spotten manche meiner Klag
Und lachen hönisch, wann ich weine,
Sie sprechen: wo ist nun dein GOtt?
Er helfe dir aus deiner Noth.

Was hilfft dein beten? was dein hoffen,
Vergebens ists und Heucheley:
GOtt stehet zwar den Seinen bey,
Dir aber nicht: dich hat betroffen
Diß Unglück, daß du sollst vergehn,
Du wirst wohl keine Hülffe sehn.

Du magst auff Unschuld immer trutzen,
Ihr fehlt doch Nachtruck, List, Gewalt:
Die Wahrheit ist schon gar zu alt,
Und runtzlicht, wird dir wenig nutzen,
Vertrau auff GOtt so lang du wilt:
Das blancke Gold ist unser Schild.

Diß ist nun meinem armen Hertzen
Ein schwere Last und Centner-Stein,
Er dringet mir durch Marck und Bein.
Ach! Jesu wende solche Schmertzen,
Erlöse mich und zeige bald
Mir deine freundliche Gestalt.

Wie lange, JESU, ach! wie lange
Verbirgst du dich zur Zeit der Noth
Und legest mich in Staub und Koth?
Wie lange muß mir seyn so bange
Und meine Feinde rühmen sich?
Du JESU habst verlassen mich.

Laß sie das Böse nicht vollbringen,
So sie beschlossen über mich;
Sie möchten sonst berühmen sich
Und meynen, dich, wie mich zu zwingen:
Steh' auff mein GOtt! steh' auff und wehr!
Es dienet, HErr, zu deiner Ehr.

Indem sie mich so boshaft schmähen,
Gedencken sie, du seyst zu schwach,
Zu führen meine rechte Sach
Und mich mit Rettung zu versehen:
Drum rege deine Wunder-Hand,
Weiß ihnen, daß sie Staub und Sand.

Die Stricke, welche sie mir stellen,
Die Grube, so sie mir gemacht,
Das Böse, so sie mir gedacht,
Laß meine Feinde selber fällen:
Bewehre dich als meinen Schutz,
So legt sich bald ihr Zorn und Trutz.

Ich will dich rühmen, meine Stärcke,
Es wird dich rühmen jederman
Und sagen: das hat Gott gethan,
Das sind des größten Gottes Wercke:
Er wendt der Seinen Leyd in Freud
Und ihrer Feinde Lust in Leyd.

GOtt ist mein Felß und Burg, ich sencke
In ihn den Hoffnungs-Ancker ein,
Wann alles scheint verlohren seyn,
Wodurch ich denn mein Schifflein lencke
Und aus den Wellen zieh empor,
Obs fast versuncken war zuvor.

Du stillest HErr der Wellen brausen,
Der ungestümme Trübsals-Wind
Vergehet auff dein Wort geschwind,
Er mag auch noch so schröcklich saussen,
Der gröste Sturm, die höchste Noth,
Weicht, wann du wilt HErr Zebaoth.

Ey nun so will ich GOtt vertrauen
Und ihm mit Glauben hangen an,
Ihn lassen nicht, er segne dann;
Bald werd ich seine Hülffe schauen,
Wanns nicht in dieser Welt geschicht,
Find ich sie doch in jenem Licht.
 



                                                    


Gedicht aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o.J. [1895] (S. 369-370)

Bild: (c) Gerd Altmann Pixelio.de




 

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