Das Sonntagsgedicht

Geistliche Gedichte deutscher Dichterinnen
(vom 3. April 2011)

(c) Gerd Altmann Pixelio.de




Anna Sophie Landgräfin von Hessen Darmstadt
(1638-1683)



Ermunterung zu fleißiger Aufmerkung auf Jesu Wort

Nach der Gesangsart: Wie nach einer Wasserquelle

Rede, liebster Jesus, rede,
Deine Magd giebt Acht darauf;
Stärke mich, denn ich bin blöde,
Da ich meines Lebens Lauf
Dir zu Ehren setze fort.
Ach! so laß dein heilig Wort
In mein Hertze sein verschlossen,
Dir zu folgen unverdrossen.

Ach! wer wolte dich nicht hören,
Dich, du liebster Menschenfreund?
Sind doch deine Wort' und Lehren
Alle hertzlich wohl gemeint.
Sie vertreiben alles Leid;
Auch des Honigs Süssigkeit
Muß vor deinen Worten weichen;
Ihnen ist gantz nichts zu gleichen.

Deine Worte sind mein Stekken,
Dessen ich mich trösten kan,
Wenn der Teuffel mich wil schrekken
Auf der schmahlen Lebensbahn;
Diese führen ohne Qual
Mich hin durch den Todesthal,
Diese sind mein Schirm und Stütze
Wider alle Kreutzesblitze.

Jesus, dein Wort soll mich laben,
Deine trostgefüllte Lehr
Wil ich in mein Hertz vergraben.
Ach! nim sie ja nimmermehr
Hier von mir in dieser Zeit,
Bis ich in der Ewigkeit
Werde kommen zu den Ehren,
Dich, O Jesu, selbst zu hören.

Unterdeß vernimm mein Flehen,
Liebster Jesu höre mich,
Laß mich fest bey dir bestehen:
Ich, ich wil dich ewiglich
Preisen mit Hertz, Sinn und Mund;
Ich wil dir zu ieder Stund'
Ehr' und Dank in Demuht bringen
Und dein hohes Lob besingen.



                                                    


Gedicht aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o.J. [1895] (S. 372)

Bild: (c) Gerd Altmann Pixelio.de




 


 

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