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      Else Lasker-Schüler 
      (1869-1945) 
      Abschied  | 
      
      
      
          
      
         
        
        Wendisches Volkslied 
         
        Der Wecker 
        
        
         
        Den gelben Groschen gab er ihr, 
        Sie ihm die weisse Hand zu Pfand. 
         
        Sie nahmen bei den Händen sich 
        Und führten über Wiesen sich. 
         
        Zur Hälfte kamen sie noch nicht, 
        Und fanden dort ein Gärtelein. 
         
        Da setzten beide nieder sich 
        Und blickten auf das Äpflein hin. 
         
        Sie blickten auf das Äpflein hin 
        Und schliefen beide ruhig ein. 
         
        "Wer wird uns wecken Morgens früh, 
        Wenn dann der weisse Tag anbricht?" 
         
        ""Das kleine Vöglein ist im Hain, 
        Das in der Nacht so wenig schläft."" 
         
        ""Das wird uns wecken Morgens früh, 
        Wenn dann der weisse Tag anbricht."" 
         
        "O dämmre, dämmre weisser Tag, 
        Die Morgenröthe geht schon auf." 
         
        "Wer bei dem Liebchen, Mädchen war, 
        Hat längst schon Zeit nach Haus zu gehn." 
         
        Der Bursch schickt sich zur Heimkehr an 
        Und die Geliebte seufzet schwer. 
         
        "Ach seufze oder seufze nicht, 
        Es muss ja doch geschieden sein." 
         
        Übersetzt von 
        Leopold Haupt (1797-1883) 
        und Johann Ernst Schmaler (1816-1884) 
         
        Aus: Volkslieder der Wenden 
        in der Ober- und Nieder - Lausitz 
        Aus Volksmund aufgezeichnet und mit den Sangweisen, 
        deutscher Übersetzung, den nöthigen Erläuterungen, 
        einer Abhandlung über die Sitten und Gebräuche 
        der Wenden und einem Anhange 
        ihrer Märchen, Legenden und Sprichwörter 
        herausgegeben von Leopold Haupt 
        und Johann Ernst Schmaler 
        Erster Theil Grimma 1841 (S. 99) 
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