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      Else Lasker-Schüler 
      (1869-1945) 
      Abschied  | 
      
      
      
          
      
       
      Wolfram von Eschenbach 
      (um 1170 - 1220) 
       
        
      "Von den zinnen 
      Will ich gehn, in tageweisen 
      sang versprühn. 
      Die sich minnen 
      Insgeheim und wahrend preisen 
      ihr minneglühn, 
      Mit mahnung sehren 
      An seine lehren, 
      Dem leib und ehren 
      Ergeben sie. 
      Was er mich bäte, 
      Ich wirklich täte, 
      Versagte ihm räte 
      Der hilfe nie. 
      Ritter, wache, hüte dich! 
       
      Schlimm nicht denken 
      Soll von aller treue dauer 
      der werte gast, 
      Nicht dich senken 
      Sollst du, herrin, in scheidens trauer 
      und künftige rast. 
      Schlecht dient dem glücke, 
      Wer minne pflücke, 
      Dass auf ihn drücke 
      Leumunds last. 
      Ein sommer bringet, 
      Dass mein mund singet: 
      Durch wolken dringet 
      Ein tagender glast. 
      Hüt dich, wache, süsser gast!" 
       
      Er muss von dannen, 
      Der sie klagen ungern hörte, 
      es sprach sein mund: 
      "Allen mannen 
      Trauer nie so ganz zerstörte 
      der freuden fund." 
      Wie bald es tagte, 
      Der unverzagte 
      An ihr erjagte, 
      Dass gram ihn floh: 
      Unfremdes rucken, 
      Ganz heimlich schnucken, 
      Ihr brüstel drucken 
      Und mehr noch so 
      Urlaub gab, des preis war hoh! 
       
      Nachgedichtet von 
      
      Friedrich Wolters (1876-1930) 
       
      Aus: Minnelieder und Sprüche 
      Übertragungen aus deutschen Minnesängern  
      des XII. bis XIV. Jahrhunderts von 
      Friedrich Wolters. Zweite Ausgabe Berlin 1922 Bei Georg Bondi (S. 108-109) 
  
      
          
       
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