Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Liebeslieder der Kalmücken



Die Neuvermählte und der Geliebte

Ein gezäumtes von den schwarzen Rossen
Einmal zu besteigen, o wie wär es?
Sich aus Liebe zu dem liebsten Freunde
Einmal anzustrengen, o wie wär es?

War ich nicht Dein angebetet Bildniß ohne Gleichen?
War ich nicht Dein liebend Liebchen ohne Gleichen?
Und wenn Dein Brauner drüber mager würde, was denn wär es?
Sich freiwillig einmal anzustrengen, was denn wär es?

Wir hielten Treu und konntest Du mir nicht trauen?
Und war ich nicht Dein einzig liebend Liebchen?
Du Kiefernbaum, am Flusse aufgewachsen!
War ich nicht Dein gefällig liebend Liebchen?
(S. 49-50)

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Besuch des Geliebten

Da kommst du hergeritten auf dem schönen Fahlen,
Wie du so kommst, wie herrlich ist dein Anstand!
Du Kiefernbaum, schnurgrade aufgewachsen!
O denk nur nicht, ich sei berauscht, du Meiner!
Tief denkend saß ich über die geträumten Träume
Da kommst du selbst zu mir heran du Meiner!
Schon wollt der Nachbarn Hilfe ich erbitten, du Meiner!
Da kommst du, sag woher? du Meiner, bei mir an!
Dein Anblick ist mir wie das Morgenroth
der Sonn' o Meiner!
Deine Schönheit gleicht der Blume! du Meiner,
ich saß im Gram mich weidend,
Da kommst du unvermuthet bei mir an!
(S. 50)

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Mond und Sonne

Ach! Du mein unvergleichlich lieber Liebling!
Wie an der Pfeiltasche ein Schmuck, mein Liebling!
Du meiner Seele einz'ges Ziel, mein Liebling!
Ohn' Falsch! ohn' Zorn! sanftmüthig, Du mein Liebling!
Ohn' Stolz, ohn' lächerlichen Zwang, mein Liebling!
O Du deß Herz mit meinem ist Ein Kern!

Wer ists wohl, der an Dir zu tadeln wüßte?
Thuts Einer, thut ers nur aus Neid!
Ach laß sie sagen was sie wollen!
Der Tadler lebt zu seiner eignen Schmach.

Am Himmel glänzt die schöne Sonne und der Mond;
Auf Erden sieht man Dich und mich und beid' allein!
So wollen wir nie von einander gehen,
Des Lebens Freuden mit einander theilen!
(S. 50)

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Der im Felde Gefallne

Dein gelbfahles Roß, Geliebter
Am Sallfluß sinkt es hin ermattet!
Du fällst mein tapfrer Jüngling, Du der Meiner!
So mag der Mond Dir zur Gefährtin werden!

"Das Adlergefieder, mein Haargeflecht,*
Nehmt es von mir, bringts treu den Meinen zu;
Ach! kommt Ihr an, laßt meine Zärtlichste
Die Schreckenskund' auf zarte Weise wissen!
Und saget ihr, die goldgeschriebne Seelmeß**
Soll sie zwölf Jahr' lang für mich lesen lassen!"

Ach ja! hab' ich doch schon den Dir bestimmten Fahlen
Für Deine Seelmessen verwendet, Liebster!

"Wenn Ihr beim Rückzug meiner Liebe denket,
Zieht nicht vorüber bei der Zärtlich-Liebsten."
Daß Du nicht kamst, ich schriebs der Ferne zu,
Doch ach! nun bricht mein liebes Herz um Dich!
Ach hätte doch an die drei Hügel des Sammar-See's
Dein schöner Fahler Dich zurückgebracht!
Du wackrer Jüngling, ach Du sonst der Meine!
Könnt ich Dich jemals aus dem Sinn verlieren?
Ach! säh ich doch Dich einmal, einmal wieder!
(S. 51)

* Der Sterbende wird hier sprechend eingeführt
** Schadba, die Seelmesse der Buddhisten
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Aus: Versuch einer geschichtlichen Charakteristik der Volkslieder germanischer Nationen
mit einer Übersicht der Lieder aussereuropäischer Völkerschaften
von Talvj [Therese Albertine Louise von Jakob verh. Robinson 1797-1870 ]
Leipzig 1840
Dort Hinweis auf: Sammlungen historischer Nachrichten
über die mongolischen Völkerschaften durch P.S. Pallas
[Peter Simon Pallas 1741-1811]
Erster Theil St. Petersburg 1776
Die dort veröffentlichten Texte (Lieder) wurden von Talvj übernommen und nur geringfügig geändert.


 


 


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