Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Deutsche Liebeslieder (Volkslieder)


Sammlung Ludwig Uhland (1845)

Inhaltsverzeichnis der Lieder:

 





Eitle Dinge
Lied 4.

1. Ich weiß ein fein brauns megdelin,
wolt got, sie wäre meine!
sie müste mir von haberstro
wol spinnen braune seiden.

2. "Und sol ich dir von haberstro
wol spinnen braune seiden,
so mustu mir von eichem laub
zwei purpurkleide schneiden."

3. Und sol ich denn von eichem laub
zwei purpurkleide schneiden,
so mustu mir die schäre holn
zu Cölne an dem Reine.

4. "Und sol ich dir die schäre holn
zu Cölne an dem Reine,
so mustu mir die sterne zeln
die an dem himel scheinen."

5. Und sol ich dir die sterne zeln
die an dem himel scheinen,
so mustu mir ein leiter baun,
daß ich darauf künd steigen.
(S. 25-26)
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Lied 20.

1. Ich weiß mir eine jungfrau schön,
wolt gott sie wäre mein!
von perlen und von golde
trägt sie ein krenzelein.

2. Von perlen und von golde
tregt sie ein erenkranz,
mit iren schneweißen henden
bracht sie mich an den tanz.

3. Ich war in fremden landen,
da lag ich unde schlief,
da traumet mir eigentlichen
wie mir mein feins lieb rief.

4. Und da ich nun erwachte,
da war es alles nichts,
es war die Nachtigalle,
die sang so wonniglich.

5. "Ste auf, du guter geselle,
und reit du durch den wald!
sonst wird deine liebe sagen,
sie für einen andern geselln."

6. Ich tet mich fast nicht saumen,
ich ritt durch den grünen wald,
die vöglein hört ich singen,
sie sungen beide jung und alt.

7. Ich ritt nun also lange
biß ich mein feins lieb fand:
"wie hast du mein vergeßen
und mich verlassen ganz!"

8. "Wie soll ich dein vergeßen,
du edler ametist,
der du in meinem herzen
so tief versetzet bist!"

9. Drauf gab sie mir zu pfande
vergißnichtmein ein kranz,
den gab sie mir zu pfande
mit irer schneweißen hand.

10. Drauf gab ich ir herwider
von gold ein ringlein klein:
"den tragt von meinetwegen,
herzallerliebste mein!"
(S. 52-53)
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Lied 23.

1. Die röslein sind zu brechen zeit,
derhalben brecht sie heut!
und wer sie nicht im sommer bricht
der brichts im winter nicht.

2. Und brichst du sie im sommer nicht,
das rewet dich, ja dich;
es geht ein frischer sommer herein,
dasselbig frewet mich.

3. Der sommer bringt uns kühlen taw
ins grüne gras, ja gras;
wär ich bei meinem feinen lieb,
so wär mir desto baß.

4. "Wilt du zu mir, saum dich nicht lang
in diesem zil, ja zil!
es get ein frischer sommer herein,
bringt uns der röslein vil."

5. Da brachen sie der röslein vil
mit großer frewd, ja frewd;
wolauf mit mir, brauns mägetlein!
es ist iezt an der zeit.

6. Sie brachen in der röslein ab
zu einem kranz, ja kranz,
sie globten einander trew und er,
das macht ir lieb erst ganz.

7. Wer ist der uns das liedlein sang
auß freuem mut, ja mut?
das tet eins reichen bauren son,
war gar ein junges blut.
(S. 55)
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Lied 24.

1. Ich reit mir auß kurzweilen
für einen grünen wald;
was begegnet mir in der auwe?
ein wunderschöne jungfrauwe,
nach röslein wolt sie gan.

2. Da begegnet ir ein herre,
zumal ein feiner mann:
"sag mir, du guter geselle,
wie man die röslein soll fellen,
oder wie man sie brechen soll!

3. Bricht man sie gegen den abend
so seind sie von farben bleich,
bricht man sie gegen dem morgen,
ein ander hat sie verborgen,
den schaden den muß ich han."

4. "Die röslein soll man brechen
zu halber mitternacht,
denn seind sich alle bletter
mit dem külen tau beladen
so ist es rösleinbrechens zeit."

5. Ich schuß nach einer taube
in einem grünen wald,
so hoch auf einem baume,
die saß und sang so schöne,
das war meins herzen lust.

6. Ich meine nit die taube
die mir entflogen ist,
ich meine meins bulen güte,
darnach stet mein gemüte,
zu ihr stet all mein sinn.

7. Was sah ich in dem walde?
ich sahe hin und her
die blümlein so wohl gestalte
bei einem brünnlein kalte,
darnach stund mein beger.

8. Da brach ich derselben blümelein
zu einem kranze schon
und gabs der herzallerliebsten mein,
ich kan und mag ihr nit feind gesein,
sie ist meins herzen ein kron.

9. Es wolt ein mägdlein frü aufstan,
an einen abendtanze gan,
sie leuchtet also ferne
gleich wie der morgensterne
der vor dem tag aufget.

10. Ach mägdlein, du vil junge,
laß mich nit sein schabab!
du bist meins herzen wonne,
leuchtest wie die helle sonne,
kein lieber ich auf erden hab.
(S. 55-56)
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Lied 27.

1. Es stet ein lind in diesem tal,
ach gott! was tut sie da?
sie will mir helfen trauren,
daß ich kein bulen hab.

2. So traur, du feines lindelein,
und traur das jar allein!
hat mir ein brauns maidlein verhaißen
sie wöll mein aigen sein.

3. Ich kam wol in ein gärtelein
darinnen ich entschlief,
mir traumet also süße,
wie mein feins lieb gegen mir lief.

4. Sie tet mich freundlich umbfangen,
sie gab mir viel der frewd,
nach ir stet mein verlangen,
ich wünsch ir vil guter zeit.

5. Und da ich auferwachet,
da war es alles nichts,
dann nur die liechten röselein
die reisten her auf mich.

6. So reis, so reis, feins röselein,
so laß dein reisen sein!
hat mir ein feins maidlein verhaißen,
sie wöll mein aigen sein.

7. Da brach ich mir der blättlein ab
als vil als ich ir fand,
und gabs der allerliebsten mein
in ir schneweiße hand.

8. Da macht sie mir ein kränzlein drauß
und setzet mirs auf mein har,
das kränzlein tet mich erfrewen
vil lenger dann ein jar.

9. Und da das jar herumbher kam
das kränzlein mir verdarb,
was fraget ich nach dem kränzelein,
da ich mein lieb erwarb?

10. Das liedlein sei gesungen,
der liebsten zu dienst gemacht!
ich wünsch ir vil frewd und wunne
und auch vil guter nacht.
(S. 58)
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Blumenhaus
Lied 28.

1. In meines bulen gärtelein
da lag ich unde schlief,
da traumte mir ein träumelein,
wie es schneiet über mich.

2. Und da ich nun erwachte
und es war aber nicht:
es waren die roten röselein,
die blüten über mich.

3. Ich brach mir die röslein abe
zu einem kranze,
ich schickt sie meinem feinen lieb
zum lobetanze.

4. So bauet ich mir ein häuselein
von petersilgen,
womit war es bedecket?
mit roten lilgen.

5. Und da mein haus gebauet war,
beschert mir gott ein weib,
ein mägdel von achtzehn jaren,
da war gut wonen bei.
(S. 59)
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Jungbrunnen
Lied 29.

1. Die brunnen die da fließen
die sol man trinken,
und der ein lieben bulen hat
der sol im winken,
ja winken mit den augen
und tretten auf ein fuß;
es ist ein herter orden
der seinen bulen meiden muß.

2. Ich weiß mir ein kleines waldvögelein,
das ist hüpsch unde fein,
es flog wol nechten spate
für liebes fensterlein,
es flog ir uf den geren,
es flog ir in die Schoß
sie schriet im sein gefiedere,
ir beider freud und die was groß.

3. "Nun fleug, nun fleug, gut vögelein!"
wie kan ich fliegen?
du hast mir abgeschrotten
al mein gezierde,
du hast mir abgeschrotten
kurz und nit zu lang,
der ein lieb bulen hat
der tut gar manchen affengang.

4. "Ferr in des meres grunde
da schwimmt ein hechtelein,
was treit es in seinem munde?
von gold ein fingerlein,
es ist das allerbeste gold
und das ich ie gesah,
küntest du mirs, lieb, gewinnen,
ich wolt dich dester lieber han."

5. Wie künt ich dirs gewinnen,
du herzeliebe?
so kan ich doch nit schwimmen
und waßer trüben,
ich hab doch, lieb, gerüret,
gerüret keinen grund,
wenn ich dir nit gefalle
gib mir urlob, du roter mund!

6. Bei meines liebsten bette
da stond drei beumelein,
das ein treit muscatblut
das ander negelein;
die muscat die ist süße,
die negelein die seind gut,
der ein lieben bulen hat
der treit ein frischen freien mut.

7. In meines bulen kemmerlein
da stat ein guldner schrein,
darinn da ist beschloßen
das junge herze mein;
darinn da ist beschloßen
das junge Herze mein,
ach hett ich, lieb, den schlüßel,
dein eigen wolt ich immer sein.
(S. 59-61)
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Lied 30.

1. Bei meines bulen haupte
da stet ein güldner schrein,
darinn da leit verschloßen
das junge herze mein;
wolt got, ich het den schlüßel!
ich wirf in in den Rein
wär ich bei meinem bulen,
wie möcht mir baß gesein!

2. Bei meines bulen füßen
da fleußt ein brünnlein kalt,
und wer des brünnleins trinket
der jungt und wird nicht alt;
ich hab des brünnleins trunken
so manchen stolzen trunk,
vil lieber wolt ich küssen
meines bulen roten mund.

3. In meines bulen garten
da sten zwei beumelein,
das ein das tregt muscaten,
das ander negelein;
muscaten die sind süße,
die negelein die sind räß,
die gib ich meinem bulen,
daß er mein nicht vergeß.

4. Und der uns disen reien sang,
so wol gesungen hat,
das haben getan zwen hawer
zu Freiberg in der stat,
sie haben so wol gesungen,
bei met und külem wein,
darbei da ist geseßen
der wirtin töchterlein.
(S. 61)
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Goldmühle
Lied 32.

1. Dort niden in jenem holze
leit sich ein mülen stolz,
sie malet uns alle morgen
das silber, das rote gold.

2. Dort niden in jenem grunde
schwemmt sich ein hirschlein fein;
was fürt es in seim munde?
von gold ein ringelein.

3. Hett ich des goldes ein stücke
zu einem ringelein,
meinem bulen wolt ichs schicken
zu einem goldfingerlein.

4. Was schickt sie mir denn wider?
von perlen ein krenzelein:
"sih da, du feiner ritter,
dabei gedenk du mein!"
(S. 62-63)
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Mühlrad
Lied 33.

Dört hoch auf jenem berge
da get ein mülerad,
Das malet nichts denn liebe
die nacht biß an den Tag;
die müle ist zerbrochen,
die liebe hat ein end,
so gsegen dich got, mein feines lieb!
iez fahr ich ins ellend.
(S. 63)
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Laß rauschen!
Lied 34.

1. Ich hort ein sichellin rauschen,
wol rauschen durch das korn,
ich hort ein feine magt klagen:
sie het ir lieb verlorn.

2. "La rauschen, lieb, la rauschen!
ich acht nit wie es ge;
ich hab' mir ein bulen erworben
in feiel und grünen kle."

3. "Hast du ein bulen erworben
in feiel und grünen kle,
so ste ich hie alleine,
tut meinem herzen we."
(S. 64)
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Ringlein
Lied 35.

Mir ist ein rot goltfingerlein
auf meinen fuß gefallen,
so darf ichs doch nit heben auf,
die leut die sähens alle.
(S. 64)
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Lieb und Leid
Lied 36.

1. Es get ein frischer summer daher
und ein vil liechter schin;
ich het mir ein bulen erworben,
da schlug als ungelück drin.

2. Ich het mir ein bulen erworben,
den must ich faren lan,
das schafft ein kleine schulde:
daß ich nit pfenning han.

3. Es machent die falschen zungen,
die sint darbi gewesen,
die schnident mir diese wunden,
der trüw ich wol genesen.

4. Sie schnident diese wunden
in mines herzen grunt,
die stent noch unverborgen,
schafft, lieb, din roter munt.

5. Wo zwei herzenliebe
an einem danze gan,
die laßen ir eigelin schießen,
sie sehent einander an.

6. Sie laßent ir eigelin schießen,
recht als in nit darumb si,
sie gedenken in iren sinnen:
und läg ich nahe dir bi!

7. "Jungfrauw! ir sint edele,
ir sint ein weidelich wip
und daß ich üch gerne näme,
das güt stet ungelich."

8. "Junker! ir sint edele
und sint ein weidelich man,
und nement ir mich gerne,
kein güt sehent ir nit an!"

9. "Ich hör es die lüte sagen,
ir sint ein findelin."
"so vil ich ein magt beliben
biß daß ich riche bin."

10. Da zog er von der hende
von gold ein fingerlin:
"so se dir, schöne jungfrauwe,
dabi gedenk du min!"

11. Nu mag ich numme singen
und mag kein freude han,
ich het mir ein bulen erworben,
den muß ich faren lan.

12. Es sten dri rosen in jenem dal,
die rufent, jungfrauw, an!
got gesegen üch, schöne jungfrauw,
und nement kein andern man!
(S. 64-66)
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Reigen
Lied 38.

1. Es hat sich zu mir gesellet
ein feines frewelein,
wie wol sie mir gefellet!
ir diener wolt ich sein;
ich dient ir ganz mit trewen
demselben frewelein,
ich dient ir in allen reien
biß auf das ende mein.

2. Sie kan mir freuden machen,
lust, lieb, zu aller zeit,
mit irem freundlichen lachen
het ich mir sie außerwelt;
sie liebet mir vor allen,
das red ich auf mein eid;
der liebe got sol ir walten!
der fluch sei ir geseit.

3. Erleb ich den liebsten sommer,
so hebt sich ein großer streit
vor den blümlein in der awe
darzu den röslein rot:
ich mein die zarte jungfrawen;
ich dient ir früh und spat,
ich dient ir in allen reien
biß auf mein hinnefart.
(S. 67)
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Lied 39.

1. Der sommer und der sonnenschein
ganz lieblich mir das herze mein
erquicken und erfrewen,
daß ich mit lust im grünen gras
mag springen an den reigen.

2. Das lacht die allerliebste mein,
wolt gott ich solt heint bei ir sein
in züchten und in eren!
das wär meins herzen gröste freud,
darauf darf ich wol schweren.

3. Demselben wacker meidelein
schickt ich newlich ein krenzelein
mit rotem golt bewunden,
dabei sie mein gedenken soll
zu hundert tausent stunden.

4. Ich ritt durch einen grünen walt,
da sungen die vöglein wol gestalt,
fraw Nachtigal mit inen;
nun singt, ir klein waldvögelein,
umb meines bulen willen!
(S. 67-68)
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Lied 40.

1. Ich sing, ich spring und was ich tu,
niemand kan mich machen fro,
wenn ich gedenk der hinnefart;
ach scheiden, wie fellst mir so hart!
ich kan dein nit vergeßen.

2. Daß ich ir nit vergeßen kan,
das gibt mich ja kein wunder;
es ist vergangen jar und tag
daß ich in bulens arme lag,
wol an ir brust gedrungen.

3. Man sicht so manch frölich gebärd
wol auß betrübtem herzen,
der seinen bulen meiden muß,
der leidt all solchen schmerzen,
ich trag in meinem herzen.

4. So will ich greifen ein freien mut,
ich hoff es soll noch werden gut,
und springen mit freuden an disen tanz;
glück das kommt gegen dem andern mei,
das geb uns gott zu gute!

5. Der allzeit mit den heilgen gat
der hat gut frölich singen,
wer seinen bulen zu freunde hat
der mag wol tanzen und springen,
ach gott, hett ich den meinen!
(S. 68)
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Jahreszeiten
Lied 41.

1. Der winter ist ein scharpfer gast,
das mirk ich an dem hage;
mein lieb gab mir ein krenzelin
von perlin fin,
das solt ich lustlichen tragen
all mein tage.

2. To paeschen geit die vasten auß,
so langen uns die tage;
mein lieb gab mir ein umbefank,
zwe ermlein blank,
darinne so solt ich mich rusten
wans mich luste.

3. Hirnach kumt uns die sommerzeit,
die mei die bringt uns blomen,
er bringt uns blomelin mannigerlei
kolt ist der mei,
ich hoer die frohe Nachtegal singen
und springen.

4. Was acht ich auf aller waltvoglin sank,
auf aller kleffer zungen?
leig ich in meines liebes ermlin blank,
ich wusts ir dank,
ich woldes mich nummer verromen
alst so queme.
(S. 69)
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Stäte Liebe
Lied 42.

1. O sore winter! du bist kolt,
du heffst vorsoret den leven grönen wolt,
du heffst vorsoret de blömlin an der heiden.

2. De gelen blömlin sind worden vael,
entsagen is uns frouw Nachtegal,
se is uns entsagen, se wert uns nicht mehr singen.

3. Se is uns entsagen to dissem jar,
ein stedes lef dat mot ick han,
ein stedes lef dat mot ick alltit haben.

4. Des avends wenn ick bedde wil gan,
min fines lef nicht bi mi han,
so trurt min hert, so truret all mein gemöte.

5. Des morgens wenn ick froe upsta,
min herte in groten Sorgen schwevet,
so kümt min fines lef, büt mi guden morgen.

6. Guden morgen, guden morgen, min fines lef!
ick hebbe di van grunt mines herten lef,
ick hebbe di van grunt mines herten uterkaren.
(S. 70)
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Zwei Wasser
Lied 45.

1. Ach Elslein, liebes Elselein,
wie gern wär ich bei dir!
so sein zwei tiefe waßer
wol zwischen dir und mir.

2. "Das bringt mir großen schmerzen,
herzallerliebster gsell!
red ich von ganzem herzen,
habs für groß ungefell!"

3. Hoff, zeit werd es wol enden,
hoff, glück werd kummen drein,
sich in als guts verwenden,
herzliebstes Elselein!
(S. 72)
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Lied 46.

1. Ach, Elslein, liebstes Elslein mein,
wie gern wär ich bei dir!
so sind zwei tiefe waßer
zwischen mir und auch dir.

2. "Wiltu dich lan ab wenden drumb,
weil der waßer sind zwei?
da doch sonst mancher stolzer knab
leidt noch so mancherlei."

3. Ach lieb! das schrecket mich allein,
daß ich nicht faren kan;
und wenn denn bräch das schiffelein,
müst ich bald untergan.

4. "Ach nein! das sol geschehen nicht,
ich selb hilf rudern dir,
damit du nur in kurzer zeit,
herzlieb! her komst zu mir."

5. Weil dus, schöns lieb, denn meinst so gut,
will ichs gleich wagen frei,
allein das bitt ich fleißig dich:
ste mir on falschheit bei!
(S. 72-73)
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Reif und Schnee
Lied 47.

1. Nun fall, du reif, du kalter schne,
fall mir auf meinen fuß!
das megdlein ist nit über hundert meil
und das mir werden muß.

2. Ich kam für liebes kemmerlein,
ich meint ich wär allein,
da kam die herzallerliebste mein
wol zu der tür hinein.

3. Gott grüße dich, mein feines lieb!
wie stet unser beider fach?
ich sichs an deinem braun euglein wol,
du tregst groß ungemach.

4. Die sonne ist verblichen,
ist nimmer so klar als vor;
es ist noch nit ein halbes jar
da ich dich erst lieb gewan.

5. Was sol mir denn mein feines lieb,
wenn sie nit tanzen kan!
für ich sie zu dem tanze,
so spott mein iederman.

6. Wer mir will helfen trauren,
der recke zwen finger auf!
ich sehe vil finger und wenig trauren,
alde! ich far dahin.
(S. 73)
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Winterlied
Lied 48.

1. Winter! du must urlaub han,
das hab ich wol vernommen!
was mir der winter hat leids getan,
das klag ich disem sommer.

2. Disem sommer nit allein
die gelen blümlein springen,
wölcher ein lieben bulen hat
mag wol mit freuden singen.

3. Wölcher ein lieben bulen hat
halt in in rechter maßen!
und wenn es an ein scheiden get,
muß er in faren laßen.

4. Zu lützel, zu vil ist ungesund,
hab ich oft hören sagen,
der brunn hat einen falschen grund
darein mans waßer muß tragen.

5. Des brunnen des entrink ich nit,
er hat mich oft betrogen,
was mir mein feinslieb hat zugeseit
ist ganz und gar erlogen.

6. Der uns das liedlein new gesang,
von newen hat gesungen,
das hand getan zwen landsknecht gut,
ein alter und ein junger.
(S. 75)
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Feinslieb von Flandern
Lied 49.

1. Mein feins lieb ist von Flandern
und hat ein wankeln mut,
sie gibt ein umb den andern,
das tut die leng nit gut;
doch bin ich stäts
ir aller wolgemut,
ich wünsch ir alles gut.

2. Mein feins lieb wolt mich leren,
wie ich mich halten solt
in züchten und in eren,
fürwar ich bin ir holt;
holt bin ich ir,
zu ir stet mein begir,
wolt gott ich wär bei ir!

3. Was sah ich nechten spate
an einem fenster stan,
an einem kammerladen,
was hatt sie schneweiß an?
was hatt sie an ir hende?
von gott ein ringelein,
die herzallerliebste mein.

4. Und wär mein lieb ein brünnlein kalt
und sprüng auß einem stein,
und wär ich denn der grüne walt,
mein trauren das wär klein;
grün ist der walt,
das brünnlein das ist kalt,
mein lieb ist wol gestalt.

5. Was sah ich in dem grünen walt,
was sah ich hin und her?
ein blümlein, das war wol gestalt
und das mein herz begert;
grün ist der kle,
alde, alde, mein feines lieb!
ich sehe dich nimmerme.

6. In schwarz will ich mich kleiden
und leb ich nur ein jar,
umb meines bulen willen,
von der ich urlaub hab;
urlaub hab ich
on alle schulden,
ich muß gedulden.

7. Der uns diß liedlein new gesang,
so wol gesungen hat,
das hat getan ein gut gesell
an einem abent spat;
er hats so wol gesungen
auß frischem freiem mut,
er wünscht ir alles gut.
(S. 76-77)
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Der rote Apfel
Lied 50.

1. Ach gott! ich klag dir meine not,
ich bin verwundt biß in den tot
und mir ist misselungen:
ich het mir ein feins lieb außerkorn,
von im bin ich verdrungen.

2. Er het mich lieb, er het mich wert,
ich tet als was sein herz begert
in züchten und auch in eren;
er hat ein andre vil lieber dann mich,
er hat mich übergeben.

3. Was hilft dich, knab, dein falsche list,
daß du so gar der untreu bist,
magst nit uf mich gewarten?
dein untreu hab ich lengst gewist,
krenkt mir herz, mut und sinne.

4. Het ich dein untreu vor gewist,
deiner liebe het mich nit gelüst,
du hast mir oft gelogen,
far hin! far hin!
du must mir auß dem herzen.

5. Der sich uf einen distelbaum setzt
und sich uf junge knaben verläst,
der läst sich ein blinden leiten;
art der läst von arte nit,
unkraut will auß dem garten nit.

6. Ich het mir ein apfel, war hübsch und rot,
hat mich verwundt biß in den tot,
noch war ein wurm darinne;
far hin, far hin, mein apfel rot!
du must mir auß dem sinne.
(S. 77-78)
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Wurzgärtlein
Lied 51.

1. "Ich zeunt mir nechten einen zaun,
darumb bat mich mein gespil,
wol umb ein freuntlichs wurzgertlein,
darinne was freuden vil,
das wünnikliche spil."

2. Er sprach: "gott grüß euch, frau gertnerin!
wölt ir nit verübel haben,
ich will euch stecken zwei beumelein,
die sollen muscat und neglein tragen,
das solt ir von mir haben."

3. Der dem zeltner den zaum aufbindt,
das gefellt im von herzen wol;
es klingen die est von rotem golt,
die vögelein singen wol:
mein feins lieb hat mich holt.

4. Das wurzgertlein ist wol verzeunt,
es ist nit gar offenbar;
guter gesell, mach dich auf die fart
und mach dich zu ir dar,
machs gertlein offenbar! -

5. Der dem zeltner den zaum aufbindt,
das gefellt im ie lenger ie baß;
ich hab der lieben also lang gedient,
was gab sie mir zu lon?
ein kranz von haberstro.

6. Der mit katzen gen acker fert,
der egt mit meusen zu,
also tut mancher guter gesell,
der hat den tag kein ru,
die lange nacht darzu.

7. Wer ein pfert am baren hat,
zu fuß darf er nit gan;
welche meit allein nit schlafen mag,
die nem dise fasnacht einen man
und ziech mit freuden dran!

8. Und wer des weins nit trinken mag,
der ist nit unser fug,
der ziech in das beirisch Schwabenlant,
da findt er waßers gnug,
da trink ers auß dem krug! -

9. Der uns dises liedlein sang,
von neuwem gesungen hat,
das hat getan der zeltner und sein knecht
zu Dannenburg in der stat,
so frei gesungen hat.
(S. 78-79)
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Rosengarten
Lied 52.

1. "Junkfrewlein, sol ich mit euch gan
in ewern rosengarten?
und da die roten röslein stan,
die feinen und die zarten,
und auch ein baum der blüet,
von esten ist er weit,
und auch ein küler brunne,
der auch darunder leit."

2. "In meinen garten kumstu nit
zu disem morgen frü,
den gartenschlüßel findstu nit,
er ist verborgen hie,
er leit so wol verschloßen,
er leit in guter hut,
der knab darf weiser lere
der mir den garten auf tut."

3. Ich kam zu ir in garten,
wie manch gut gsell mer tut,
do stund das selbig junkfrewlein
so gar in guter hut;
es sang von heller stimme,
daß in dem garten erschal,
die vögel in den lüften
gabens den widerhal.

4. Ich kam zu ir getreten,
wie manch gut gsell mer tut,
ich wolt sie han gebetten,
ich bot ir meinen gruß;
ich ward zu einem stummen,
vor scham do stund ich rot,
bei allen meinen tagen
leid ich nie größer not.

5. "Gut gsell! darumb mich betten hast,
das kan und mag nit sein,
du woltest mir zertretten han
die liebsten blümlein mein;
so ker dich wider umbhin
und gang du wider heim!
du brächtest doch mich zu schanden,
fürwar ist mir nit klein."

6. Ich kert mich wider umbher,
ich gieng bald wieder heim,
da stund das selbig junkfrewlein
in seinem garten allein,
sie pflanzt ir gelbes hare,
von gold hat es ein farb,
mit irem roten munde
sie mir den segen gab.
(S. 79-80)
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Das Blümlein
Lied 53.

1. Min herz hat sich gesellt
zu einem blümlin fin,
das mir wol gefellet,
durch lieb so lid ich pin.
he he! warumb solt ich truren?
nu rüret mich der mei;
schlag schlag schlag uf mit freuden!
min truren ist enzwei.

2. Min herz hat sich gesellet
zu einem blümlin rot,
das mir wol gefellet,
durch lieb so lid ich not.
he he! warumb solt ich truren?
nu rüret mich der mei;
schlag schlag schlag uf mit freuden!
min truren ist enzwei.

3. Min herz hat sich gesellet
zu einem blümlin wiß,
das mir wol gefellet,
ich dienen im mit fliß.
he he! warumb solt ich truren?
nu rüret mich der mei;
schlag schlag schlag uf mit freuden!
min truren ist enzwei.

4. Min herz hat sich gesellet
zu einem blümlin brun,
das mir wol gefellet,
es ist ein jungfrau schön.
he he! warumb solt ich truren?
nu rüret mich der mei;
schlag schlag schlag uf mit freuden!
min truren ist enzwei.

5. Min herz hat sich gesellet
zu einem blümlin grün,
das mir wol gefellet,
min lieb ist zart und schön.
he he! warumb solt ich truren?
nu rüret mich der mei;
schlag schlag schlag uf mit freuden!
min truren ist enzwei.

6. Min herz hat sich gesellet
zu einem blümlin gra,
das mir wol gefellet,
min herze stet ir nah.
he he! warumb solt ich truren?
nu rüret mich der mei;
schlag schlag schlag uf mit freuden!
min truren ist enzwei.

7. Min herz hat sich gesellet
zu einem blümlin gel,
das mir wol gefellet,
ich hoff ich si gewert.
he he! warumb solt ich truren?
nu rüret mich der mei;
schlag schlag schlag uf mit freuden!
min truren ist enzwei.
(S. 80-82)
_____



Lied 54.

1. Weiß mir ein blümli blawe,
von himmelblawen schein,
es stat in grüner awe,
es heißt Vergiß nit mein;
ich kunt es nirgent finden,
was mir verschwunden gar,
von rif und kalten winden
ist es mir worden fal.

2. Das blümli das ich meine,
ist brun, stat auf dem ried,
von art so ist es kleine,
es heißt nun Hab mich lieb,
das ist mir abgemäjet
wol in dem herzen mein,
mein lieb hat mich verschmähet,
wie mag ich frölich sein?

3. Das blümli das ich meine,
das ist rosinenrot,
ist Herzentrost genennet,
auf breiter heid es stat,
sein farb ist im verblichen,
der Wolgmut hat verdorrt,
mein lieb ist mir entwichen,
verlorn han ich mein hort.

4. Weiß mir ein blümli weiße,
stat mir in grünem gras,
gewachsen mit ganzem fleiße,
das heißt nun gar Schabab,
dasselbig muß ich tragen
wol disen summer lang,
vil lieber wölt ich haben
mein bullis armumbfang.

5. Der rif mit seinem zeichen
verderbt mengs blümli zart,
kan sich dem klaffer schmeichen
mit ungetrewer art;
wol auch nach disem summer
kumt uns der liechte mei,
bringt uns di blümli wider,
der farben mengerlei.

6. Mein herz das leit in kummer
daß mein vergeßen ist,
so hoff ich auf den summer
und auf des meien frist;
die rifen sind vergangen
darzu der kalte schne,
mein lieb hat mich umbfangen,
das tut dem klaffer we.
(S. 82-83)
_____



Lied 55.

1. Ich hat mir uißerwelet
zo dem mei ein bluemelein,
dat mir so weil ghefellet,
wo fern ich van em sei,
es ist aen mich ghesamed,
ghedrucket wael aen mein brust,
es ist van mir erwelet
fur alle der werelt lust.

2. We langer un we leiser,
is wanet nae daerbei,
ich will mich zo em fuegen,
zo dem selven bluemelein,
is bluet zo der rechter meinacht
und heißet Waelghemut,
is kan gein man bedrachten
was rechte leifde doit.

3. Des bluemlein wil ich plegen
wael in meins herzen gaert,
nae alle meinen willen
so hups un ouch so zaert;
is heißet Ougenweide,
ja bluemgen vergiß neit mein!
ich en will neit van dir scheiden,
we fern ich van dir sei.
(S. 83-84)
_____



Heideröslein
Lied 56.

1. Sie gleicht wol einem rosenstock,
drum gliebt sie mir im herzen,
sie tregt auch einen roten rock,
kan züchtig, freundlich scherzen,
sie blüet wie ein röselein,
die bäcklein wie das mündelein;
liebstu mich,    so lieb ich dich,
röslein auf der heiden!

2. Der die röslein wirt brechen ab,
röslein auf der heiden,
das wirt wol tun ein junger knab,
züchtig, fein bescheiden,
so sten die steglein auch allein,
der lieb got weiß wol wen ich mein:
sie ist so grecht    von gutem gschlecht,
von eren hoch geboren.

3. Wann mich das mägdlein nit mer will,
röslein auf der heiden,
so will ich weichen in der still
und mich von ir tun scheiden,
so will ich sie auch faren lan
und will ein anders nemen an,
ein schöns, ein jungs,    ein reichs, ein frums,
röslein auf der heiden.

4. Das röslein das mir werden muß,
röslein auf der heiden,
das hat mir tretten auf den fuß
und gschach mir doch nicht leide;
sie gliebet mir im herzen wol,
in eren ich sie lieben sol,
beschert gott glück,    gets nicht zurück,
röslein auf der heiden!

5. Behüt dich gott, mein herzigs herz,
röslein auf der heiden!
es ist fürwar mit mir kein scherz,
ich kan nicht langer beiten,
du komst mir nicht auß meinem sinn,
dieweil ich hab das leben inn;
gedenk an mich    wie ich an dich,
röslein auf der heiden!

6. Beut mir her deinen roten mund,
röslein auf der heiden,
ein kuß gib mir auß herzensgrund,
so stet mein herz in freuden!
behüt dich gott zu ieder zeit,
all stund und wie es sich begeit;
küß du mich,    so küß ich dich,
röslein auf der heiden!

7. Wer ist der uns diß liedlein macht,
röslein auf der heiden?
das hat getan ein junger hacht
als er von ir wolt scheiden;
zu tausent hundert guter nacht
hat er das liedlein wol gemacht;
behüt sie gott    on allen spott,
röslein auf der heiden!
(S. 84-85)
_____



Lied 58.

1. Wie schön blüt uns der meie,
der sommer fert dahin!
mir ist ein feins junkfreulein
gefallen in meinen sin;
oft sehen tut den augen wol,
wenn ich an sie gedenke
mein herz ist freuden vol.

2. Wenn ich des nachts will schlafen
kumt mir mein feins lieb für,
und wenn ich dann erwache
so find ich nichts bei mir;
erst hebt sich an ein große klag,
wenn ich von ir muß scheiden
das macht mich alt und graw.

3. Ein blümlein auf der heiden
mit namen Wolgemut
laß uns der lieb gott wachsen,
ist uns für trauren gut;
Vergiß mein nicht stet auch darbei:
grüß mir sie gott im herzen
die mir die liebste sei!

4. Wolt gott, ich solt ir wünschen
zwo rosen auf einem zweig!
ach gott, solt ich sie wecken
mit meinem stolzen leib!
das wär meins herzen große freud,
tu mich, herzlieb, nun trösten
mit eim freuntlichen wort!
(S. 87)
_____



Lied 59.

1. Mir liebt im grünen meien
die frölich sommerzeit,
in der sich tut erfrewen
die ganze christenheit
und auch die liebst auf erden
die mir in meinem herzen leit.

2. O mei, du edler meie!
der du den grünen wald
so herrlich tust bekleiden
mit blümlein manigfalt,
darinn sie tut spazieren
die allerliebst und wolgestalt.

3. Ach gott, du wölst mir geben
in diesem meien grün
ein frölich gsundes leben
und auch die zart und schön!
die du mir, gott, hast gschaffen
kan mir doch nit entgen.

4. Bei der ich hab erkennet
ir große gnad und gunst,
mein herze seufzt und senet,
verhaft mit liebesbrunst;
wanns gott nit schickt und schaffet
so ist es alls umbsunst.

5. Lieb hab ich sie mit schmerzen,
das gschicht doch manchem mer,
frew mich von grund meins herzen
wann ich nur von ir hör,
nichts liebers möcht mir doch geschehn
dann wenn ich selber bei ir wär.

6. Es wird mir doch auf erden,
weil die welt ist so weit,
ein feins brauns mägdlein werden,
gott weiß die rechte zeit,
nun will ich der erwarten
die mir mein herz erfreut.

7. Grüß mir sie gott in freuden,
gott geb gleich wo sie sei!
die ich iezund sol meiden
derselben ich mich freu,
bei allen andern schönen jungfraun
hab ich sie lieb allein.

8. Reut mich doch nichts in allem,
wo ich ir dienen sol
trag ich groß wolgefallen,
mein herz ist freuden vol
auß inbrünstig rechtschaffner lieb,
möcht ir gern dienen wol.

9. Und daß ich bei ir geren
bin ie und allezeit
sol mir doch niemand weren,
der mich schon darumb neidt,
so will ichs doch nit laßen
und wärs im gleich im herzen leid.

10. Nichts ist daran gelegen
ob schon seind neider vil,
es gschicht dannoch allwegen
was mein gott haben wil,
seiner tu ich mich trösten,
er weiß das rechte zil.

11. Will das vertrawen setzen
auf gott den herren mein,
doch kan mein herz ergetzen
die allerliebste mein,
hat mirs gott anderst außerkorn
so will ich ewig bei ir sein.

12. Auf geht sie mir im herzen
gleich wie die helle sonn,
so ich mit ir solt scherzen
das wär mein freud und wonn,
allein die zeit tut mich erfreun
in der ich selber zu ir komm.

13. Lieblich ists allenthalben
wenn gott den sommer sendt,
laß mirs auch wolgefallen,
allein die gott wol kennt,
mein hoffnung und ganz leben,
befilch ich im in seine hend.

14. Diß lied will ich beschließen
von wegen der liebsten mein,
möcht sunst ein andern verdrießen
der meint der nächst zu sein,
so hab ich solchs gemachet
von wegen aller braun mägdelein.
(S. 87-89)
_____



Die Liebste
Lied 60.

1. Kein größer freud auf erden ist
denn der bei seiner liebsten ist,
bei seiner liebsten allein;
der mag wol reden was ihm gebrist
und was im in seinem herzen gelüst,
freundlich tun sie anschauwen.

2. Ich hatt ein bulen, das ist war,
drei viertel lenger denn ein jar,
ich dorft es niemand sagen;
ich hatte sie lieb von ganzem herzen,
ich dorft ir kein freundlichs wort zusprechen,
ich forcht, sie möcht mirs für übel haben.

3. Ich gieng wol über ein grünen plan,
da sah ich vil hübscher jungfrauwen stan,
mein feins lieb war darunter:
mein lieb daucht mich die schönste sein,
die allerliebste mein,
für andern außerkoren.

4. Mein feins lieb tregt ein schwarzes kleid,
darunder tregt sie groß herzenleid,
das kan ir niemands wenden,
denn du allein, du höchster hort!
tröst sie mit einem freundlichen wort,
tröst sie in irem elende!

5. Ich hab ein ring an meiner hand,
den gäb ich nit umb das teutsche land,
er komt von iren henden,
der ring der ist von rotem gold,
darumb bin ich dem mägdlein hold,
wolt gott, ich möcht ir dienen!

6. E ich mein bulen wolt faren lan,
e wolt ich mit ir ins elend gan,
wolt meiden weltliche freude;
hab ir vertraut auf guter baut,
der herzallerliebsten mein,
ich will sie noch wol finden.

7. Der uns diß liedlein neuw gesang
ein freier knab ist er genant,
hat es so wol gesungen;
er get zu Lüneburg auß und ein
bei der herzallerliebsten sein,
er bleibt wol unverdrungen.
(S. 90-91)
_____



Der Liebste
Lied 61.

1. Ich hab mir ein stäten bulen zwar,
drei viertel und ein ganzes jar
bin ich im hold gewesen,
ich bin im hold von grund meins herzen,
ich darf nit frölich mit im scherzen,
ich förcht man werd es innen.

2. Und wann ich für mein feins lieb ge
so gschicht mir in meinem herzen we
daß ich sein lieb muß meiden,
daß ich sein lieb muß heimlich tragen,
das will ich dir in trewen klagen,
wie kans mein herz ertragen?

3. Er tregt ein ring an seiner hand,
ich gäb ihn nit umb das ganze land,
er komt mir von großer güte;
der ring der hat ein braunen stein,
es weiß niemand wann ich und du allein,
er erfreut mir mein gemüte.

4. Und wenn du weder samet noch seiden tregst an
so will ich dichs nit entgelten lan,
du bist meins herzen ein ziere,
du bist meins herzen ein höchster hort,
sprichst du zu mir ein freundlichs wort
so tröst du mich in meinen nöten.

5. Ei wer ist der uns das liedlein sang?
ein schöne junkfraw ist sie genant,
sie hats so frei gesungen,
sie hats von irem bulen gemacht,
sie spricht: alde zu guter nacht!
schier will ich wider kommen.
(S. 91)
_____



Mägdlein, wie thust du?
Lied 62.

1. "Megdlein, wie tust du?
schilt man dich, so fluchst du,
schlegt man dich, so tut dirs we,
herzt man dich, so wilt du me."

2. Darum: das schelten
wil nun mer nicht gelten,
schelten sol man bleiben lan
wenn man nicht kan ursach han.

3. Also das schlagen
kan kein lieb ertragen,
wer ein herzlich lieb wil han
der muß schlagen ansten lan.

4. In eren herzen
bringet freud und scherzen,
wer den megdlein gfallen wil
der muß wärlich herzen vil.
(S. 92)
_____



Sonntag
Lied 63.

1. So hab ich doch die ganze woche
mein feines liebgen nicht gesehn,
ich sah es an einem sonntag
wol vor der türe sten:
das tausendschöne jungfräulein,
das tausendschöne herzelein,
wolte gott, ich wär heute bei ir!

2. So will mir doch die ganze woche
das lachen nicht vergen,
ich sah es an einem sonntag
wol in die kirche gen:
das tausendschöne jungfräulein,
das tausendschöne herzelein,
wolte gott, ich wär heute bei ir!
(S. 92)
_____



Lied 64.

1. Wolauf, gut gsell, von hinnen!
meins bleibens ist hie nit me;
der mei der tut uns bringen
den veiel und grünen kle,
vorm wald da hört man singen
der kleinen vöglein gsang,
sie singen mit heller stimme
den ganzen sommer lang.

2. Ich kan nit me geschweigen,
es glag mir nie so hart,
daß ich trag heimlich leiden
gen einem frewlein zart,
ir lieb hat mich umbfangen
darzu ir gut gestalt;
daß ich dich, lieb, muß meiden,
darzu zwingt mich gewalt.

3. Gewalt, du bist eine große pein,
we der dich tragen muß!
du übest gen mir solchen schein,
mein leid war nie so groß;
hat mir ein eid geschworen,
sie wolt mir bleiben stät,
sie wolt daran gedenken
wenn sie ein ander bät. -

4. Das megdlein an der zinnen lag,
sie sach zum fenster nauß,
in rechter lieb und trewe
warf sie zwei krenzlein rauß,
das eine war von veiel,
das ander von grünem kle:
"sol ich dich, feins lieb, meiden,
meim herzen dem gschicht we."
(S. 92-93)
_____



Lied 66.

1. Wol heur zu disem meien
in grün will ich mich kleiden,
den liebsten bulen den ich hab
der will sich von mir scheiden;
das macht allein sein untrew,
sein wankelmütiger sin,
hab urlaub, far dahin.

2. Het mir zu freuden außgesät,
ein ander hat mirs abgemät,
das macht das wetter unstät,
ein kleiner wind der mirs hin wät;
do kam ein großes güsse
und fürt mirs alles dahin,
schafft daß ich so traurig bin.

3. Ach got! wie sol ich mich erneren?
mein feins lieb hat mir urlaub geben;
du dörfst mir zwar nit urlaub geben,
ich wolt mich dein wol selbst erwegen!
mit iren falschen worten
hat sies an mich gebracht,
het sunst an sie nit dacht.
(S. 94)
_____



Lied 67.

1. Ach gott, wie we tut scheiden!
hat mir mein herz verwundt;
so trab ich über die heiden
und traur zu aller stund,
der stunden der seind also vil,
mein herz tregt heimlich leiden
wiewol ich oft frölich bin.

2. Het mir ein gärtlein bawen
von veil und grünem kle,
ist mir zu frü erfroren,
tut meinem herzen we;
ist mir erfrorn bei sonnenschein
ein kraut Je lenge ie lieber,
ein blümlein Vergiß nit mein.

3. Das blümlein das ich meine
das ist von edler art,
ist aller tugend reine,
ir mündlein das ist zart,
ir euglein die seind hübsch und fein,
wann ich an sie gedenke
wie gern ich bei ir wolt sein!

4. Solt mich meins buln erwegen,
als oft ein ander tut,
solt fürn ein frölichs leben
darzu ein leichten mut,
das kan und mag doch nit gesein;
gesegen dich gott im herzen!
es muß gescheiden sein.
(S. 95)
_____



Lied 68.

1. Entlaubet ist der walde
gen disem winter kalt,
beraubet wird ich balde
meins liebs, das macht mich alt;
daß ich die schön muß meiden
die mir gefallen tut,
bringt mir manchfeltig leiden,
macht mir fast schwären mut.

2. Läst du mir nichts zu letze,
mein feins brauns meidelein,
daß mich die weil ergetze,
so ich von dir muß sein?
hoffnung muß mich erneren,
nach dir so wird ich krank,
tu bald erwider keren,
die zeit ist mir zu lang.

3. Sei weis, laß dich nit affen!
der klaffer seind so vil;
halt dich gen mir rechtschaffen!
trewlich dich warnen wil;
hüt dich vor falschen zungen,
darauf sei wol bedacht!
sei dir, schöns lieb, gesungen
zu einer guten nacht!
(S. 95-96)
_____



Lied 69.

1. Insbruck! ich muß dich laßen,
ich far dahin mein straßen,
in fremde land dahin;
mein freud ist mir genommen,
die ich nit weiß bekommen
wo ich im ellend bin.

2. Groß leid muß ich iez tragen,
das ich allein tu klagen
dem liebsten bulen mein;
ach lieb, nun laß mich armen
im herzen dein erbarmen,
daß ich muß dannen sein!

3. Mein trost ob allen weiben!
dein tu ich ewig bleiben,
stät, trew, der eren frumm;
nun müß dich gott bewaren,
in aller tugend sparen,
biß daß ich wieder kumm!
(S. 96)
_____



Lied 70.

1. Ich stund an einem morgen
heimlich an einem ort
da het ich mich verborgen,
ich hort klegliche wort
von einem frewlein hübsch und fein,
das stund bei seinem bulen,
es must gescheiden sein.

2. "Herzlieb! ich hab vernummen
du wölst von hinnen schier,
wenn wilt du wider kummen?
das solt du sagen mir.
merk, feines lieb, was ich dir sag!
mein zukunft tust du fragen,
weiß weder stund noch tag."

3. Das frewlein weinet sere,
sein herz was unmuts vol:
"nu gib mir weis und lere
wie ich mich halten sol!
ich setz für dich was ich vermag,
und wilt du hie beleiben
verzer dich jar und tag."

4. Der knab der sprach auß mute:
"dein willen ich wol spür,
verzerten wir dein gute
ein jar wär bald hinfür,
dennoch müst es gescheiden sein;
ich will dich freuntlich bitten,
setz deinen willen drein!"

5. Das frewlein das schrei: "morte!
mort über alles leid!
mich krenken deine worte,
herzlieb, nit von mir scheide!
für dich so setz ich gut und er
und solt ich mit dir ziehen
kein weg wär mir zu fer."

6. Der knab der sprach mit züchten:
"mein schatz ob allem gut,
ich will dich freuntlich bitten,
schlag solchs auß deinem mut!
gedenk wol an die freunde dein,
die dir keins argen trawen
und teglich bei dir sein!"

7. Do kert er ir den rucken,
er sprach nit mer zu ir,
das frewlein tet sich schmucken
in einen winkel schier
und weinet daß es schier vergieng;
das hat ein schreiber gesungen,
wies einem frewlein gieng.
(S. 97-98)
_____



Lied 71.

1. Ich armes meidlein klag mich ser,
wie will mir nur geschehen!
daß ich den allerliebsten mein
so lang nit hab gesehen,
der mir vil weil und zeit vertreibt,
sonst keiner auf diser erden;
wann ich gedenk wie es im get,
mein herz in großem trauren stet,
ich kan nit frölich werden.

2. Ach reicher Christ, gib mir das glück:
wo er reit in dem lande,
bewar im seinen graden leib
vor leid und auch vor schande!
des will ich immer danken gott
allzeit und alle stunde;
wann ich gedenk daß im wol get,
mein herz in großen freuden stet,
kein lieber soll mir werden.

3. Er zog mit meinem willen nit hin,
doch war sein herz mein eigen,
vil guts ich mich zu im versich,
trew dienst will im erzeigen,
kein falsch hat er an mir erkent,
an meinem ganzen leibe;
noch ist der knab so wol gemut,
für in nam ich nits keisers gut,
vergiß mein nit in trewen!
(S. 98-99)
_____



Lied 73.

1. So wünsch ich ir ein gute nacht,
bei der ich war alleine,
ein traurig wort sie zu mir sprach:
"wir zwei müßen uns scheiden!"
"ich scheid nicht weit,    gott weiß die zeit,
widerkommen das bringt freude."

2. Und nechten da ich bei ir war
ir angesicht stund vol röte,
sie sach den knaben freuntlich an,
sprach: "daß dich gott beleite,
mein schimpf, mein scherz!    scheiden bringt schmerz,
das bin ich worden innen."

3. Das megdlein an dem laden stund,
hub kleglich an zu weinen:
"gedenk daran, du junger knab,
laß mich nicht lang allein!
ker wider bald,    mein aufenthalt,
lös mich von schwären treumen!"

4. Der knab wol über die heide reit,
er warf sein röslein herumbe:
"nun gsegen dich gott, mein schönes lieb,
wend deine red nicht umbe!
beschert gott glück,    get nimmer zurück,
du bist meins herzen ein krone."
(S. 100)
_____



Lied 76.

1. "Ich sach den liechten morgen
darzu sein werden schein,
ich weck sie mit gesange
die allerliebste mein."

2. "Ja wer ist dann der singer
der mir kain ru will lon?
der soll sein singen laßen,
das sei im undersait!"

3. "Das bin ich, zart schöne frawe,
sprecht ain gut wort zu mir
auß euren rosenvarben munde,
ob ir wolt lonen mir!"

4. "So kom, du held, herwider,
wann der tag ain ende hat!
ich will dir, held, schon lonen,
ich lonen dir ob ich mag."

5. Der held der kam herwider,
er kam ains tails zu frü:
"sagt mir, mein schöne frawe,
wa ich mein pfert hin tu!"

6. "Dein pfert bind an ain linden,
da stät es, helde, bei!
leg dich an meinen arme,
ru, held, ain klaine weil!"

7. "Nain ich, zart schöne frawe,
ich mag nit haben ru,
ich bin so sehr verhawen,
rat, schöne fraw, wie ich im tu!"

8. "Nun müß es gott erbarmen
daß ich nit bin der schilte dein!
so wären dir, held, deine wunden
nit so groß und nit so weit."

9. "Nain ich, zart schöne frawe!
das müest ich immer klagen;
ich will sie noch vil lieber
in meinem leid selbs tragen."

10. Was zoch sie ab irem haubet?
ain guldin umbehang;
si band dem held seine wunden,
wie pald er ru empfand!

11. Was zoch er ab seiner hende?
von gold ain vingerlein:
"nemt hin, mein schöne frawe,
tragts durch den willen mein!"

12. "Was sol mir das rote gold,
so ichs nit tragen soll
vor rittern und vor knechten?
mein herz ist traurens vol."

13. Er nam das selbig vingerlein,
warfs in des möres grund:
"als wenig du wirst gefunden
so wenig wirt mein herz gesund."

14. Was zoch si aus irer schaide?
ain meßer von gold so rot;
si stach irs durch ir herze,
auß großer lieb tet si ir selbs den tod.

15. Nun fleuß, nun fleuß, du plut so rot,
fleuß in des möres grund!
es leben nimmermere
zwen rosenvarbe mund.

16. Gott tet sich ir erbarmen
in sölcher großen not,
er tet die zwai erquicken,
er weckt si balde von dem tod.

17. Der uns die tagweis new gesang,
von newem hat gemacht,
das hat geton ain helde,
schöne fraw, mit tausent guter nacht!
(S. 112-114)
_____



Lied 80.

1. Der wechter verkündget uns den tag
an hoher zinnen, da er lag:
"wol auf, gesell! es muß gescheiden sein;
wo nun zwei lieb bei einander sein,
die scheiden sich bald!
der mond scheint durch den grünen wald."

2. "Merk auf, feins lieb, was ich dir sag!
es ist noch fern von jenem tag,
der mond scheint durch die wolkenstern,
der wechter betrübt uns beide gern;
das sag ich dir:
die mitternacht ist noch nit für."

3. Er druckt sie freundlich an sein brust,
er sprach: "du bist meins herzen ein lust,
du hast erfreuwet das herze mein,
verschwunden ist mir alle pein
zu diser frist,
auf erden mir kein lieber ist."

4. Was zog er von den henden sein?
von rotem gold ein ringelein:
"sih da, feins lieb, das rote gold!
ich bin dir von grund meins herzen hold,
das glaub du mir:
für dich so wolt ich sterben schier!"

5. Frauw Nachtigal sang überall,
wie sie vormals mer hatt getan,
darbei spürt man des tages schein:
"wo nun zwei lieb bei einander sein,
die scheiden sich bald!
der tag scheint durch den grünen wald."
(S. 119-120)
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Lied 81.

1. "Ich bin durch frewleins willen
geritten so manchen tag,
so bitt ich euch, edels frewlein,
wes habt ir euch bedacht?
habt ir mich willen zu nemen,
so verheißet mirs bei der zeit!
ich sol und muß von hinnen,
ei schönes mein lieb!
mir geliebt ein anders weib."

2. "Lieben dir andre weiber,
so ker dich weit von mir!
nun sprechen sich die leute
wie ich die schönste sei,
das lob wil ich behalten
meinem feinen bulen allein,
auß frischem freiem gewalte,
ei du schönes mein lieb!
dein eigen wil ich sein."

3. "Zart fraw, ich hab gescherzet,
ist mir von herzen leid,
ich bin durch ewrent willen
geritten so manche zeit,
des solt ir mich, zart frawe,
allzeit genießen lan!
tut ewer herz auf schließen,
schließt mich darein,
herzallerliebste mein!"

4. Er nam sie bei der hende,
bei ir schneweißen hand,
er fürt sie an ein ende
über einen schmalen gang,
wol in ein kemmerlein finster,
do lag der held und schlief,
der wechter an der zinnen -
o schönes mein lieb!
den hellen tag anblies.

5. "Leit iemand hie verborgen,
der heb sich bei der zeit!
daß in die leut nicht spüren
wol bei dem schönen weib;
die morgenröt tut her dringen
über berg und tiefe tal,
die kleinen waldvögelein singen, -
ei du schönes mein lieb!
dazu fraw Nachtigal."
(S. 120-121)
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Lied 83.

1. Es fleugt ein kleines waldvögelein
der lieben fürs fensterlein,
es klopfet also leise
mit seinem goldschnebelein:
"stand auf, herzlieb, und laß mich ein
ich bin so lang geflogen
wol durch den willen dein."

2. "Bist du so lang geflogen
wol durch den willen mein,
komm heint um halbermitternacht!
so wil ich dich laßen ein;
ich wil dich decken also warm,
ich wil dich freundlich schließen
an meine schneweiße arm."
(S. 122)
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Lied 85.

1. Wol auf! wir wöllens wecken,
wann es ist an der zeit,
daß wir sie nicht erschrecken
wo lieb und lieb bei einander leit.

2. Ich hort ein waßer fließen,
ich meint es wär der Rein,
zwei braune euglein schließen
der lieben zum fenster ein.

3. Ich brach drei lilgenbletlein,
ich warf irs zum fenster ein:
schlafest du oder wachest?
ste auf, feins lieb, und laß mich ein!

4. "Wie wär im wenn ich nit schliefe
und dich nit herein ließe?
ich lig an liebes armen,
ich kan und mag nicht aufsten."

5. Ligst du an liebes arme,
an liebes ermelein,
so müß es got erbarmen,
daß ichs nit selbs sol sein!
(S. 124)
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Lied 86.

1. Der mon der stet am höchsten,
dsonn hat sich unterton,
mein feins lieb ligt in nöten,
ach gott! wie sols im gon?
in regen und in wind
wo sol ich mich hin keren
do ich mein feins lieb find?

2. Mein feins lieb wolt mich leren,
wie ich im dienen sol
in züchten und in eren,
das weiß ich selbs gar wol
und kan auch noch vil mer:
wer sich seins buln tut rümen
der hat sein kleine er.

3. Mancher get zu seim bulen
bei liechtes monen schein,
was gibt sie im zu lone?
ein rosenkrenzelein,
ist grüner dann der kle;
ich muß mich von dir scheiden,
tut meinem herzen we.

4. Ach scheiden, immer scheiden,
wer hat dich doch erdacht?
hast mir mein junges herze
auß freud in trauren bracht
darzu in ungemach;
sei dir, schöns lieb, gesungen
alde zu guter nacht! (S. 125)
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Lied 87.

1. Ich hort ein frewlein klagen,
fürwar ein weiblichs bild,
ir herz wolt ir verzagen
nach einem ritter mild;
sprach sich die fraw mit lüste:
"er leit mir an der brüste
der mir der liebest ist."

2. Die zwei die teten rasten
nit gar ein halbe stund,
der wechter ob dem kasten
den hellen tag verkunt,
er tet sein hörnlein schellen:
"fraw, wecket ewern gsellen!
wann es ist an der zeit."

3. "So wolt ich gerne wecken
den allerliebsten mein,
ich sorg ich tun erschrecken
das junge herze sein;
er ist meins herzen gselle,
er sei gleich wo er welle,
wie gern ich bei im wolt sein!"

4. "Ach scheiden, immer scheiden,
und wer hat dich erdacht?
du hast mein junges herze
auß freud in trauren bracht,
du hast mein junges herze
auß freuden bracht in schmerzen;
ade! ich far dahin."
(S. 125-126)
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Der Schwan
Lied 88.

1. Es war ein wacker megdlein wolgetan,
sie gieng für ires vatters zinnen stan,
sie sach darauß,
sie sach dahere reiten
ires herzen einen trost.

2. "Ach megdlein, ander wonne,
wie selwet euch die sonne
daß ir seit worden bleich!
hat euch ein ander lieber denn ich,
das reuwet mich."

3. "Warumb solt ich nicht werden bleich?
ich trag alltag groß herzenleid,
lieb! umbe dich,
und daß du mich verkiesen wilt
das reuwet mich."

4. "Warumb solt ich dich verkiesen?
ich hab dich noch vil lieber
denn alle freunde mein;
ach megdlein, laß dein sorgen
und folge du mir!"

5. Worinne gieng sie im entgegen?
in einem seiden hemdlein wol genäjet,
das war so fein,
darinn gieng sie geschnüret,
das wacker megdelein.

6. Er nam sie bei ir schneweißen hand,
er fürt sie durch den grünen wald,
da brach er ir ein zweig,
sie küsset in auf seinen roten mund,
das wacker megdelein.

7. Und da es kam zur halben mitternacht,
der gute held wolt urlaub von der schönen maget han,
der gute held,
die treuwe die er ir gelobet,
die hielt er nicht.

8. "Wolt gott, ich wär ein weißer schwan!
ich wolt mich schwingen über berg und tiefe tal,
wol über die wilde se,
so wüsten all meine freunde nicht
wo ich hin kommen wär."
(S. 126-127)
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Unter der Linde
Lied 116.

1. Es stet ein lind in jenem tal,
ist oben breit und unden schmal,
darauf da sitzt frau Nachtigal
und andre vögelein vor dem wald.

2. "Sing an, sing an, frau Nachtigal,
du kleines vögelein vor dem wald!
sing an, sing an, du schöns mein lieb!
wir bede müßen uns scheiden hie."

3. Er nam sein rösslin bei dem zaum,
er fürts wol under den lindenbaum,
sie half im in den sattel so tief:
"wann komst herwider, du schöns mein lieb?"

4. "Wann es get gegen dem sommer
will ich herwider kommen,
wann alle beumlein tragen laub
so schauw auf mich, du schöne jungfrau!"

5. "Wen setzstu mir zu einem bürgen?"
"den heiligen ritter sant Jörgen;
so trauw ich meinem bürgen so wol
daß ich bald wider kommen sol."

6. "Es get wol gegen dem sommer,
mein feins lieb will nicht kommen."
sie gieng spazieren vor dem holz,
begegnet ir ein ritterlin stolz.

7. "Gott grüß euch, jungfrau reine!
was macht ir hie alleine?
ist euch eur vatter und muter so gram
oder habt ir heimlich einen man?"

8. "Vatter und muter ist mir nicht gram,
heimlich hab ich wol einen man,
dort under der linden also breit
da schwur er mir einen hohen eid."

9. "Hat er euch ein eid geschworen,
wann habt ir in verloren?"
"so ist es heut ein ganzes jar
daß ich mein lieb verloren hab."

10. "Was wolt ir im entbieten?
ich komm erst von im geritten,
so ist es doch heut der neunte tag,
daß man im ein jungfreulein gab."

11. "Hat man im ein jungfreulin geben
so will ich beweinen mein junges leben;
weil er mir nicht kan werden zu teil
so wünsch ich im vil glück und heil.

12. Und kan er mir nicht werden
der liebst auf diser erden,
so will ich mir brechen meinen mut
gleich wie das turtelteublein tut.

13. Es setzt sich auf ein dürren ast,
das irret weder laub noch gras,
und meidet das brünnlin küle
und trinket das waßer trübe."

14. Was zog er ab der hende sein?
von rotem gold ein vingerlein:
"sehnd hin, schöne jungfrau, das solt ir haben,
eur feins lieb solt ir nicht lenger klagen!"

15. Sie warf den ring wol in ir schoß,
mit heißen tränen sie in begoß,
sie sprach: "den ring will ich nicht haben,
mein feins lieb will ich lenger klagen."

16. Da zog er ab sein seidenhut,
erst kennet in die jungfrau gut:
"bis gott willkomm, du schöns mein lieb!
wie lang ließt mich in trauren hie!"

17. "Da tet ich dich versuchen
ob du mir tätest fluchen,
und hätest du mir ein fluch getan
so wär ich geritten wider darvon.

18. Da du mir nicht tetst flüche
da erfreut sich mein gemüte,
du machst mein herz ganz freuden vol,
du erfreust mich daß ich dich haben sol."
(S. 171-173)
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Lied 152.

1. Ich weiß mir ein meidlein gar hübsch und fein,
bei im wolt ich gern schlafen,
es wonet nit fer von genem Rein,
zu fuße so wolt ich dar laufen.

2. Ach gott und wär der Rein so klein
daß ich in mecht erschwimmen!
und wan ich an das meidlein gedenk
so muß mein rösslein springen.

3. Darumb so gäb ich harnisch und pfert
darzu ein ungrischen gülden,
daß ich mit dem meidlein mecht reden genug
nach meines herzen willen.

4. Harnisch und pfert auch nit allein,
darzu auch stifel und sporen:
das meidlein ist gar hübsch und schön,
das hab ich außerkoren.

5. Am letzten und do ich bei ir war
do bot sie mir zu drinken
auß einem vergülten becherlein,
tet freuntlich mich anwinken.
(S. 241)
_____


Aus: Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder
mit Abhandlung und Anmerkungen
herausgegeben von Ludwig Uhland
Dritte Auflage
Mit Einleitung von Hermann Fischer
Erster Band: Liedersammlung Buch 1-3
Stuttgart Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger 1845






 


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