Liebeslieder der Völker (Volkslieder)


 

Koreanische Liebeslieder




Abschied ist ein Feuerbrand,
Der das Herz verzehrt.
Thränen sind ein Regenguss,
Der den Flammen wehrt.

Und die Seufzer sind ein Sturm,
Der ins Feuer weht,
Und durch den die Feuersbrunst
Immer neu entsteht.
(S. 61)
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Silbern ist des Mondes Scheibe,
Frostig ist die klare Luft;
Tag und Nacht vermählen eben
Sich in zartem Dämm'rungsduft.

Wilder Schwan,* du ziehst vereinsamt
Hin am blauen Firmament.
Hör' die Botschaft, die ich grüssend
Meiner Herzgeliebten send'.

Triffst du sie einst in der Ferne,
Sag' ihr, die ich stets geliebt,
Dass die lange, lange Trennung
Mich bis in den Tod betrübt.

Und der Schwan, er flieht von dannen
Ruft mir aus der Ferne zu:
"Gerne will ich daran denken,
- Wenn ich's nicht vergessen thu."
(S. 61)

* Im Original: Wilde Gans

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Bring' mir Tinte und die Feder,
Dass ich meiner Liebsten schreibe.
Tinte und Papier - sie blicken
Bald ins Auge meinem Weibe.
Meine Feder, ach, und ich
Bleiben hier und grämen sich.
(S. 62)
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Verlassen

Ach, er nahte mir wie ein Donner
Wie ein Blitz traf mich sein Blick,
Erfrischte mich wie ein Sommerregen,
Schmolz wie eine Wolke ins Nichts zurück.
Nun, im Nebel von Thränen und Schmerz
Sitz' ich verlassen, gebrochen das Herz.
(S. 62)
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übersetzt von August Seidel (1863-1916)

Aus: Beiträge zur Volks- und Völkerkunde
Siebenter Band: Anthologie aus der asiatischen Volkslitteratur
Herausgegeben von August Seidel
Weimar Verlag von Emil Felber 1898




 


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