Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Ukrainische Liebeslieder



Nachtfahrt

O Du Mond, Du holdes Mondchen,
Im Gewölke zaudre!
Dass ich mit der Herzgeliebten
Nur ein Wenig plaudre.
O Du Mond, Du holdes Mondchen,
Tauche mir nicht nieder!
Wenn Du scheidest, mein Geliebter,
Kehre bald nur wieder!
O Du Mond, Du holdes Mondchen
Mit dem hellen Scheine,
Scheinest auf ein feines Mädchen
Dorten überm Haine.
Was sie flüsterten und sprachen,
Was für ein Gemunkel
Von dem Mädchen, von dem schönen,
Mit den Brauen dunkel!
Auf des Mohnes Blüthe knosp'te
Dunkler, dunkler immer;
Der Kasake kehrt' vom Mädchen
In dem Morgenschimmer!
Auf des Mohnes Blüthe knosp'te
Schimmernd hinterm Hage;
Der Kasake kehrt' vom Mädchen
Am hellichten Tage!

aus: Balalaika. Eine Sammlung slawischer Lieder
von Wilhelm von Waldbrühl
[Ps. von Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio 1803-1869]
Leipzig Verlag von C. L. Hirschfeld 1848 (S. 257-258)
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Die Lieben

Zarte Kinder, zweie,
Die sich herzlich lieben,
Hat der Herr, der wilde,
Auseinander trieben.
Wie sie heiss sich lieben,
Und sich nicht mehr sehen,
Müssen alle Beide
Siechend da vergehen.
 Bald fiel da das Mädchen
Auf das Bettlein, weiche;
Unter weisse Birke
Fiel der Knab', der bleiche.
Vater, Mutter, weinten
An des Mädchens Grabe;
Aber dem Geliebten
Krächzt' ein schwarzer Rabe.
An des Mädchens Grabe
Sippen sich betrüben;
Ueber dem Geliebten
Klagt ein Kuckuck drüben!
Schon lässt man dem Mädchen
Einen Grabstein setzen,
Aber den Kasaken
Vögel nun zerfetzen!


aus: Balalaika. Eine Sammlung slawischer Lieder
von Wilhelm von Waldbrühl
[Ps. von Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio 1803-1869]
Leipzig Verlag von C. L. Hirschfeld 1848 (S. 276-277)
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Der Entfernte

Wie das Haupt mir Armen schmerzet!
Wie der Blick mir schwindet!
Weiss ich selbst, warum ich bange?
Was mein Herz empfindet?

Du, mein Mädchen, Du, mein Schwanchen,
Trägst die Schuld im Grunde,
Dass ich also lang' erhalten
Von Dir keine Kunde!

Dort sind Mädchen, dort sind Brauen,
Dort sind schwarze Augen,
Dort sind helle rothe Wangen,
Reden, die was taugen!

Mädchen, Mädchen, mache meinen
Bangen Kopf nicht wirren!
Lass Dich nicht von mir ablocken,
Nicht von Andern kirren!

Wegen meiner bang' nicht, Liebe,
Ich bleib' stets Dir treue,
Bete für Dein Wohl zum Himmel
Alle Tag' auf's neue!


aus: Balalaika. Eine Sammlung slawischer Lieder
von Wilhelm von Waldbrühl
[Ps. von Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio 1803-1869]
Leipzig Verlag von C. L. Hirschfeld 1848 (S. 278-279)
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Die Harrende

Von dem Rand' des Brunnens schaut man
Bis zum Grunde;
Warum noch von meinem Liebsten
Keine Kunde!
O den ganzen Tag sie weilte
An dem Bronnen;
Sah' den Lieben nicht, die Woche
War verronnen.
Wenn ich meinen Liebsten heischte
Von der Quelle,
Musst' er immer mir erscheinen
Auf der Stelle!
Aber wo mag der Geliebte
Jetzt nur weilen,
Dass er nicht zum Abendkosen
Her will eilen?


aus: Balalaika. Eine Sammlung slawischer Lieder
von Wilhelm von Waldbrühl
[Ps. von Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio 1803-1869]
Leipzig Verlag von C. L. Hirschfeld 1848 (S. 280)
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Am Brunnen

Liegt ein Berg von dieser Seiten,
Dort von jener Seiten;
Und die helle Abendröthe
Leuchtet zwischen Beiden.
Ich schaut' in die Abendröthe,
Hatte lang gesonnen,
Als ein Mädchen kam nach Wasser,
Hinstieg zu dem Bronnen.
Ich, statt nach der Abendröthe,
Jetzt ihr nach, und schnelle,
War auf meinem grauen Rosse
Bald dort an der Quelle.
Mädchen, Mädchen, eine Bitte:
Mir mein Ross zu tränken!
Eh' ich noch nicht bin die Deine,
Darfst Du d'ran nicht denken!
Aber bin ich erst die Deine,
Gilt's Dein Rosslein tränken,
Will ich meinen neuen Eimer
In den Brunnen senken!
Und wie will ich Deine Güte,
Mädchen, Dir bezahlen,
Lasse Dich, o Holde, Liebe,
Auf Damast mir malen.
Will die Ochsen gar nicht sparen,
Die in meiner Heerden,
Auf dass nur Dein Bild, mein Herzchen,
Mag recht artig werden. -
Ja, Du magst von Haus zu Hause
Alle Welt durchwandern,
So wie ich Dich innig liebe,
Find'st Du keinen Andern!


aus: Balalaika. Eine Sammlung slawischer Lieder
von Wilhelm von Waldbrühl
[Ps. von Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio 1803-1869]
Leipzig Verlag von C. L. Hirschfeld 1848 (S. 286-287)
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Der Geneckte

Komm', mein Knab', ich will Dir etwas schenken,
Sagt die Lose, Du sollst mein gedenken;
Will Dir schenken, Du sollst mein gedenken!
Komm', mein Knab', ich will Dir etwas schenken.

Kam am Montag zu ihr voll Verlangen,
Da war sie zum Jäten ausgegangen.
Ja, das Mädchen war da nicht zu treffen,
Wollte sie mich Burschen etwa äffen?

Kam am Diensteg bei ihr anzupochen,
Wohl hätt' ich gestanden vierzig Wochen.
Ja, das Mädchen war noch nicht zu treffen,
Wollte sie mich Burschen etwa äffen?

Mittwoch eilt' ich wieder mich zu bieten,
Sie war aus, die Heerden sich zu hüten.
Ja, das Mädchen war noch nicht zu treffen,
Wollte sie mich Burschen etwa äffen?

Ging darauf zu ihr am Donnerstage;
Wo sie jetzt gewesen? schwere Frage!
Ja, das Mädchen war noch nicht zu treffen,
Wollte sie mich Burschen etwa äffen?

An dem Freitag' liess ich mich nicht beten;
In dem Waitzen war sie wieder jäten.
Ja, das Mädchen war nicht anzutreffen,
Wollte sie mich Burschen etwa äffen?

Samstags sollt' der Gang mich nicht verdriessen,
Doch sie war die Wochenarbeit schliessen.
Immer war das Mädchen nicht zu treffen,
Wollte sie mich Burschen etwa äffen?

Sonntag wollt' ich hin zum Letzten traben:
Hier, mein Bursch', ein Hemdchen sollst Du haben.
Feines Hemdchen schenkt' mir da das Süsschen,
Gab mir obendrein noch gar ein Küsschen!

aus: Balalaika. Eine Sammlung slawischer Lieder
von Wilhelm von Waldbrühl
[Ps. von Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio 1803-1869]
Leipzig Verlag von C. L. Hirschfeld 1848 (S. 288-289)
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Die Getrennten

In der Fremde welch' Sehnen!
Jahr'lang Stunden sich dehnen;
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern!

Ob ich stehe, ob gehe,
Immer, Schatz, ich Dich sehe.
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern!

Mag nicht trinken, noch essen,
Geh', gleich ob ich besessen.
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern!

Ob rings Viele auch prangen,
Sie nur hält mich gefangen.
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern!

Ob auch Andre mich kirren,
Keine soll mich verwirren.
Tag wie Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern.

Ob sie Andre mir zeigen,
Fühl's im Herzen doch schweigen.
Tag wie Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern.

O Du Liebe, Du Liebe!
Wie's im Herzen so trübe!
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern!

Herzlein, willst Du verbluten,
Dass Du ferne der Guten!
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern.

Komme, komme, o Liebe!
Eile zu mir herüber!
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern!

Mag mein Rufen mir nützen?
Himmel woll' ihn beschützen!
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern!

Komme, komme bei Zeiten,
Schon die Arme sich breiten.
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern!

Will den Hals Dir umfangen,
Küssen Mund Dir und Wangen.
Tag und Nacht in dem Innern
Will Dein Bild mich erinnern.

aus: Balalaika. Eine Sammlung slawischer Lieder
von Wilhelm von Waldbrühl
[Ps. von Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio 1803-1869]
Leipzig Verlag von C. L. Hirschfeld 1848 (S. 299-301)
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Zum Marsch, zum Abmarsch pfeifen die
Kosacken um Mitternacht;
Aus hellem Auge weint Marie,
Sie weint und klagt. -

Nicht weine Marie, nicht klage, mein Kind!
Sey nicht so trüb':
Zu Gott im Himmel bete, mein Kind,
Bet' für dein Lieb!

War die Sonne verschwunden, am Himmel schon
Scheint hell das Mondenlicht;
Giebt die Mutter Geleit dem scheidenden Sohn
Und weint und spricht:

Leb' wohl, mein Herzchen, leb' wohl, mein Kind!
Weil' nicht zu lange beim Heer -
Und wenn vier Wochen verflossen sind,
Zur Heimath kehr'!

O Mutter, gern riß ich mich bald wieder los,
Und käme zurück zu dir;
Doch sieh'! es strauchelt mein schwarzes Roß
Im Thorweg' hier.

O, Gott weiß wann ich heimwärts zieh'
Und euch hier wiederfind';
Doch Mutter, nimm meine Marie auf wie
Dein eigen Kind!

Nimm zu dir mein Mädchen, so tröst' ich mich,
Wir stehen in Gottes Hand -
Wer weiß, ob ich kehr' - vielleicht sterbe ich
Im fremden Land! -

O gern zur Tochter nehm' ich Marie,
Daß du dich nicht betrübst;
Doch wird sie mich auch lieben, sie
Wie du mich liebst? -

O weine nicht, Mutter, o klage nicht mehr!
Hell' auf den trüben Blick.
Sieh'! es bäumt sich mein Roß, es springt daher,
Ich kehre zurück! - -

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 29-30)

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Braus't es, weht es, und der Bäume
Gipfel tief sich neigen -
Thut mir's Herz weh und ins Auge
Bitt're Thränen steigen.

Trüb' in endlos bitt'rem Kummer
Meine Tage schwinden -
Nur in heißen Thränen kann ich
Noch Erleicht'rung finden.

Thränen trösten, doch sie bringen
Glück nicht, das verschwunden -
Nie vergißt wer Glück genossen,
Währt's auch nur Sekunden!

Und doch Menschen giebt es, die mein
Schicksal mir beneiden;
Ist der Halm auch glücklich, dorrend
Einsam auf der Haiden?

Ohne Thau und ohne Sonne
Auf der Haid' im Sande . . .
Traurig ohne den Geliebten
Ist's im fremden Lande! -

Ohne ihn hab' ich kein Schicksal,
Scheint die Welt Gefängniß -
Ohne ihn nicht Glück noch Ruhe:
Noth nur und Bedrängniß.

Sprich, wo bist mein Lieber mit den
Schwarzen Augenbrauen? . . .
Komm', den Kummer, den du selber
Mir gemacht zu schauen! . . .

O, zu wem soll ich mich wenden?
Wer, der mit mir gern ist?
Der mich liebt und den ich liebe -
Wenn der Eine fern ist?

Hätt' ich Flügel, zum Geliebten
Schnell geflogen käm' ich;
Aber hier mein junges Leben
Welk' ich und vergräm' ich.


aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 31-32)

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Eine Hopfenranke im Garten allein
Schlängelt zur Erde sich;
Unter den Menschen ein Mägdelein
Weinete bitterlich.

O grüner, blühender Hopfen, warum
Rankst nicht nach oben zu?
O liebes, junges Mädchen, warum
Fluchst deinem Schicksal du?

Kann die Hopfenranke nach oben zieh'n,
Wenn keine Stütze sie hält?
Kann des Mädchens Auge vor Freude glüh'n,
Wenn ihr Kosack ihr fehlt?


aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 33)

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Kam aus der Ferne ein Kuckuck geflogen,
Flog durch Feld und Hain;
War aus seinem Fittig eine Feder gefallen
In die Donau hinein.

O gleich der bunten verlorenen Feder,
Die der Strom fortreißt -
Schwindet mein Leben im fremden Lande
Einsam, verwaist!

Floß mein Leben hin wie auf der Welle
Ein einsam Blatt . . .
Fort! was wahr' ich den Goldring, den Er mir
Gegeben hat! -

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 34)

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Wo, wo, meine Liebe, jetzt weilest du?
Tönt dir mein Flehen, mein Rufen nicht zu?
Es könnte die starren Gefilde selbst rühren;
Wie mein Aug' und mein Herz nach dir suchen und spüren!
Doch ich suche vergebens schon lange Zeit,
Und ich finde dich nicht, du bist weit, bist weit!
Und ich welk' und vergehe vor Herzeleid!
Bist unter Kaufleuten auf blauem Meer,
Und fährst und spähest nach Schätzen umher?
Oder bist du bei schmucken Damen zu Gast,
Und durchjubelst die Nächte im Prachtpalast?
Oder entscheidest in lichten Himmelshöh'n
Das Schicksal der armen Sterblichen?
Oder spielst bei lauschendem Mondenschein
Mit den Locken blühender Mägdelein?
Oder blühest du nicht als Mohnblume wild
Am Meeresufer im Thalgefild?
Oder singst des Kuckuks Prophetenlied?
Unter maienfrischer Hollunderblüth?
O höre mich! komm meine Liebe, mein Glück,
Setz dich zu mir her!
Nur einen einz'gen Augenblick,
Und ich klage nicht mehr! ...

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 35-36)
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Vor Weh' mir Herz und Kopf vergeh'n,
Die Thrän' ins Auge bricht;
Hab meinen Liebsten nicht geseh'n,
Nicht gestern, heute nicht!

Scheint mir, daß ich nicht traurig bin,
Mein Herz nicht kummerschwer;
Doch geh' ich aus dem Hause hin,
So schwank' ich hin und her. -

Scheint mir, daß keine Thräne fließt,
Und weine doch so sehr!
Viel fremder Leute Schwarm mich grüßt:
Von Ihm kommt Niemand her!

Mein Liebster, mein Herzlieb verblich,
Schwand meine Sonne hin -
Und Nichts kann mich jetzt freu'n, wenn ich
Allein am Fenster bin!

Mein Liebster, meine Sonne blich,
Des schwarzen Auges Pracht -
Mit wem jetzt plaudre, kose ich
In stiller, dunkler Nacht?

O immergrüner, schlanker Strauch,
Senk' dich herab zu mir!
Herzliebster mit dem schwarzen Aug',
Komm', setz' dich her zu mir!

O immergrüner, schlanker Strauch,
Senk' tiefer dich zu mir!
Herzliebster mit dem schwarzen Aug',
Komm', setz' dich näher mir!

Er hört nicht meiner Stimme Ton,
Mein Lieb ist nicht mehr hier!
Verhüllt jetzt Gras und Raute schon
Die Spur des Fußes mir.

Das Gras, das hohe, werf' ich fort,
Die Rauten reiß' ich aus:
Vielleicht daß dann mein Liebster dort
Zurücke kehrt nach Haus.

Nein, nicht zu suchen geh' ich mehr
Den der mich so betrübt!
Nein, nicht den Einen lieb' ich mehr,
Den ich so sehr geliebt!

Ich streife nicht im Morgenlicht
Beim Schlosse mehr umher;
Ich treffe meinen Liebsten nicht,
Mein Liebster ist nicht mehr!

Ich wandle nicht mehr waldeswärts
Zum Nüssesuchen d'rin -
Der Jugend heit'rer Tand und Scherz
Sind längst für mich dahin!

'S ist traurig mich so jung zu seh'n
Wie Reiz und Herz verdorrt ...
Nichts bleibt mir als zum Strom zu geh'n
Hinabzuspringen dort! -

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 39-41)
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Zum Niemen zieh' ich;
Heida! mein gutes Thier
Spring', bäum' dich unter mir!
Liebchen, leb' wohl!

Ziehst du zum Niemen fort, läßt du mich hier allein.
Was aber suchst du dort, sag mir Herzliebster mein?
Scheint es dir fern von mir, weit an des Niemens Strand,
Schöner als bei uns hier, bei uns im Vaterland?

Ich ziehe hin, wo
Wild es von Rossen stampft -
Heiß aus der Erde dampft
Feindesblut roth!

Willst dich berauschen im Blute, dem heißen?
Willst dich dem Arm' treuer Liebe entreißen?
Hier hast meine Thränen, hier hast du mein Blut!
Nur zieh' nicht von hinnen und bleibe mir gut!

Nicht weine, mein Lieb'!
Ist unser Fest vollbracht,
Kehr' aus der heißen Schlacht
Kehr' ich zu dir!

Nein, nein, mein Geliebter! kehrst nimmer nach Hause!
Es wird dich verschlingen das Schlachtfeld, das grause;
Sieh' es hält den Kopf trauernd zur Erde dein Rapp:
Auf dem blutrothen Schlachtfelde find'st du dein Grab!

Wenn der Rabe dir zu
Hoch über'm Fenster schreit
Zu dir vom Meere weit
Eilt dein Kosack!

Senkt der Gipfel der grünen Platanen sich nieder,
Wenn der Eichwald stöhnt, und der Kuckuck ruft wieder;
Wenn unter dir wiehernd hoch bäumt sich der Rapp,
Dann ruh' ich schon lange im kühlen Grab'! . . .


aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 42-43)

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"Sag', Mädchen, wo werden wir schlafen zur Nacht?"
- "Im Schatten dort unterm Tannenbaum,
Der hoch her hinter der Wiese ragt." -
"Doch worauf, mein Mädchen, schlummern wir ein?"
- "Auf des hohen Rasens schwellendem Flaum,
Das wird unser weiches Bette seyn!" -
"Sag', Mädchen, womit wir uns bedecken?"
- "Uns hüllt der Nacht schwarze Decke ein!" -
"Und wer wird am frühen Morgen uns wecken?"
- "Das Gezwitscher der muntern Vögelein!" -
"Und wachen wir auf beim Tageslicht,
Womit waschen wir Hände uns und Gesicht?"
- "Du wäschst mit dem frischen Morgenthau dich,
Ich mit meinen bittern Thränen mich!" -
- "Doch was zum Frühstück essen wir,
Mein Mädchen! eh' wir uns trennen hier?"
- "Du wirst dich von des Waldes Beeren
Ich mich von meiner Schande nähren!" -
"Und hernach mein Mädchen, wohin gehen wir?"
- "Geh' zum Teufel, geiler Verführer du!
Ich fliehe den dunklen Wäldern zu!" -

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 49-50)

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Beugen sich die dichten Zweige
Vor dem Hauch des Windes -
Feld entlang die schwarzen Augen
Späh'n des lieben Kindes.

Beugten sich die dichten Zweige,
Doch nach oben kehren -
Späh'ten lang die schwarzen Augen,
Füllte sich mit Zähren.

Weiden, die ich selbst gepflanzet,
Steh'n am Bach und rauschen-
Des Kosack, des Liebsten Stimme
Wirst du nimmer lauschen!

Der Kosack ist fortgeritten
Nach der Desna Borden,
Wachs' noch junges Mädchen, bis es
Wieder Frühling worden!

Wuchs wohl, wuchs das junge Mädchen;
Wieder Frühling ward es -
Weinte, weinte heiße Thränen:
Des Kosacken harrt es.

O, nicht weint mehr, schwarze Augen:
Er wird nie der Meine!
Denn wir schwuren Liebe bei des
Mondes falschem Scheine.

Schmerzen, schmerzen meine Augen,
Ist mein Herz voll Wehe!
Scheint mir wüst die Erde - nimmer
Ich den Liebsten sehe! -


Desna: Fluß, welcher sich in den Dniepr ergießt.

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 53-54)

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Mein Mädchen, viel schöne, viel stolze Maid!
Warum kamst du nicht gestern zur Abendzeit?
"O wie kann ich, mein Lieber, zu dir gehen,
Wenn mich rings die bösen Menschen umspähen?"
Laß sie schwatzen mein Kind, sich tadelnd geberden;
Es wird kommen die Zeit wo sie ruhig werden.
"Doch bis die Zeit kommt, meine Ehre sie nehmen,
Und muß ich dann lebelang weinen, mich grämen!"
O mein Mädchen, was schaust du so traurig d'rein,
Wie der dunkle Hollunder am Ufer allein!
Solltest fröhlich seyn, solltest lächeln und kosen,
Wie zur Zeit der Blumen die duftenden Rosen!
O lieb' Mädchen, werf' ich mein Aug' auf dich hin,
Wie schön du mir scheinst, wie ich stolz auf dich bin!
Dem Fischlein, das ohne Wasser darbt, gleich,
Bin ich ohne dich schmachtend und kummerbleich!
"Und auch ich liebe dich, mein Kosack, meine Freude!
Strafe Gott die bösen Menschen, die uns trennen, uns Beide!"

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 55)
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Dunkel ist die Nacht, ich fliege
Durch die Nebel, die rings zieh'n -
O mein armer Kopf, wo leg' ich
Dich heut Nacht zur Ruhe hin?
Ist's im Feld, auf nackter Steppe -
Ist's im grünen Wiesenrain? -
Oder wird's am weichen Busen
Meines jungen Mädchens seyn?
Das mich toll gemacht, bezaubert
Durch die schwarzen Aeugelein! -

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 56)
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Schwang vom Wald', vom dunklen Walde,
Kuckuck sein Gefieder -
Setzt sich in der grünen Halde
Eines Gartens nieder.

Fragt Mariechen ihn, die Kleine:
Sollst mir prophezeien!
Leb' ich lange noch alleine,
Werd' ich balde freien?

Kuckuck hat das Wort gehöret,
Spricht: Kannst fröhlich seyen!
Wirst, noch eh' der Abend kehret,
Wirst noch heute freien! -

Daß du sieben Jahr' lang, Kuckuck,
Kein Gehör mehr findest!
Weil du mir, die noch so jung bin,
Nicht die Wahrheit kündest. -


aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 57)

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Sprach zum Mond' die Abendröthe:
"Du mein ewiger Gefährte!
Geh' nicht auf vor mir: vereine
Deinen Glanz mit meinem Glanze,
Erd' und Himmel zu erleuchten,
Zu erfreu'n das Thier der Steppe,
Und den Wanderer, den müden,
Der zur fernen Hütte kehret
Auszuruh'n am heim'schen Herde."
Sprach Mariechen zum Geliebten:
"O, mein Iwan, mein Verlobter!
Mach' nicht vor mir Haus: zusammen
Wollen wir uns niederlassen,
Und mit Freude füll'n zwei Häuser,
Unsrer beiden Väter Häuser."

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 60)

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Wie er schön ist, wie er grün ist
Der Hollunder auf der Wiese:
Doch viel schöner noch und zarter
Ist Maria, die geliebte!
Wenn sie steht vor ihrer Pforte,
Glänzt sie wie die Morgenröthe;
Tritt sie ein zum Flur des Hauses,
Scheint sie gleich dem Abendsterne
Hinterm Wolkenflor verschwindend.
Kehrt sie heim in ihre Wohnung,
Die Kosacken alle stehend
Ziehen ab die Mützen fragend:
"Bist du nicht des Zaren Tochter?
Bist du eines Königs Kind?"
- "Nein, sagt sie, ich bin Maria
Des Kosacken Iwan Tochter!" -

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 63)

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O ihr Augen, schwarze Augen,
Weh' mir, daß ich euch gesehen!
Die Nachbarn wie wilde Feinde
Uns umringen, uns umspähen -

Machen durch ihr bös Gerede
Mich erzürnen, dich erröthen -
Doch nicht lange werd' ich's tragen,
Und der Kummer wird mich tödten.

Aber du, o junge Freundin,
Sollst noch leben, Freude haben -
Doch vergiß mein einsam Grab nicht,
An der Donau Bord gegraben!

Wirst zu meinem Grabe kommen,
Du mein Mädchen, meine Liebe!
Wirst zu meinem Grabe kommen,
O, wie ist mein Herz so trübe!

Aber daß mein Grab von deiner
Hand nicht mit beworfen werde;
Weißt ja selber, wie es graus ist
Schlafen in der kalten Erde.

Darfst auch nicht nach meinem Tode
Zu viel weinen, zu viel klagen;
Denn sonst werden unsre Feinde
Nachher spottend von uns sagen:

"Liebten sich mit treuer Liebe,
Doch kein Ehebund sie einte -
Und es wurde ihre Liebe
Zum Gespötte ihrer Feinde."


aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 66-67)
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Schon fällt auf die Steppe das nächtliche Graus,
Und noch bleibt mir ein langer Weg bis nach Haus.
An dies einsame Bäumchen bind' ich mein Thier,
Ich aber werde schlafen auf dem Grabe hier ...
Doch woher kommt das junge Mägdlein dort?
Sie rührt die Schulter des Kosacken und sagt ihm dies Wort:
"Steh' auf, mein Kosack! Genug ist's der Ruh',
Auf dein Roß steig', eile dem Lager zu;
In der Stille der Nacht die Tartaren nah'n
Dich und dein müdes Rößlein zu fah'n.
Mit dem Rößlein, dem müden, hat's keine Noth:
Der Kosack kauft ein neues, ist das alte todt -
Doch wenn dir ein Tartar den Kopf abhieb',
Was würde aus mir, deinem jungen Lieb?"

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 68)
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Ist dies die Quelle, die mich gelabt und getränkt?
Ist dies das Mädchen, dem ich mein Herz geschenkt?
O böses Geschick!
Mein Mädchen, mein Glück
Einem Andern gehört!

Ist der Quell dies, wo badend die Taube saß?
Ist die Maid dies, die ich zum Weibe erlas?
O böses Geschick! u. s. w.

Ja, der Quell ist derselbe, doch die treulose Maid
Hat mich vergessen seit langer Zeit!
O böses Geschick! u. s. w.

Ist der Quell überschüttet mit goldenem Sand,
Reicht das Mädchen einem andern Kosacken die Hand
O böses Geschick! u. s. w.

Mit Kraut ist bewachsen zur Quelle der Weg,
Ein andrer Kosack führt mein Mädchen hinweg!
O böses Geschick! u. s. w.

Es rauschen die Weiden, die am Bache steh'n,
Mit der Liebsten die Kosacken zur Kirche geh'n.
O böses Geschick! u. s. w.

Der Eine führt sie beim Arm, der Andre faßt sie bei der Hand,
Mit schwerem Herzen in der Ferne ein Dritter stand.
Stand allein - es war bleich wie die Wand sein Gesicht;
Er liebte so das Mädchen und bekam es nicht! -


aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 74-75)

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In der Morgenfrühe
Durch die Wiese geh' ich,
Den Kosacken seh' ich -
Sonne, heller glühe!
Wiese, duft'ger blühe!
Gras, erneue dich!
Kosack, freie mich!
Willst du mich nicht frei'n,
Komm als wollt'st du's, zu mir,
Denn die Nachbarn mein
Lassen keine Ruh mir;
Sagen: "Er hat dich betrogen,
Und jetzt kömmt er nicht mehr;"
Sagen: "Er hat dich belogen,"
Und das kränkt mich so sehr!
"O mein Kind, mein liebes!
Wohl beim Alten blieb es,
Wäre längst gekommen,
Hätt' dich mitgenommen,
Mit an meinem Arm -
Doch der Vater zürnt,
Sagt du seyst zu arm;
Will mir nie verzeih'n
Dich so arm zu frei'n."
- O du treuloser Mann,
Wär' ich reicher als du:
So spuckt' ich dich an,
Deinen Vater dazu!
Will zur Zauberin geh'n,
Von ihr Hülfe erfleh'n . . .
- Freundin! hör' mich Betrübte:
Mich verläßt den ich liebte! -
Und die Zauberin spricht:
"Mädchen, gräme dich nicht!
Sey nicht trüb, meine Traute,
Bist noch grün wie die Raute;
Laß dem Herzen nicht bang seyn,
Deine Jugend wird lang seyn,
Ist dir untreu der Eine
Wird ein Andrer der Deine!
Wenn die Rauten, die grünen,
Vor dir im Weg' blüh'n,
Wird, dich zu minnen,
Zu dir ein Kosack zieh'n.
Doch der dich verstoßen,
Wird kein Weib je umschließen,
Bis dem Mühlstein, dem bloßen,
Grüne Raden entsprießen."
Das Mädchen sofort
Verstand den Sinn
Vom dunklen Wort
Der Zauberin,
Der wundersamen,
Nahm Rautensamen,
Auf den Weg ihn zu legen;
Und sieh, es fiel Regen,
Und es sproß das Kraut,
Und Blätter gewann es;
Und das Mädchen ward Braut
Eines schmucken Mannes . . .
Doch dem Mühlstein, dem bloßen,
Keine Raden entsproßen!
Der Kosack ist jetzt alt schon,
Sein Haupthaar ist grau,
Im Herzen ist's kalt schon,
Und er hat noch keine Frau! -

aus: Die poetische Ukraine
Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder
Ins Deutsche übertragen von
Friedrich Bodenstedt [1819-1892]
Stuttgart und Tübingen J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 76-78)

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Jahre schwinden, Jahre fliehen,
Alles hier vergehet,
Nur mein Herz so treu und ehrlich
Stets um Liebe flehet!
Denn es liebt und wird auch lieben
In den fernsten Tagen,
Ach, so lang in meinem Innern
Mir das Herz wird schlagen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 4)

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Weh' thut mir der Kopf, ach wehe
Von dem Mohn, dem kleinen,
Und des Fischleins denk' ich immer,
Meines lieben, reinen!
Falke, liebster Falke leihe
Heut' mir deine Flügel,
Daß ich eil' zum holden Liebchen
Über Thal und Hügel!


Fischlein = Täubchen = Liebchen

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 4)
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Fliege, fliege graues Rößlein,
Denn es wird schon Abend,
Dorthin, wo mein Liebchen weilet
In den Wald so labend!
Aus dem Fenster seh' ich blicken
Sie, des Herzens Wonne;
Ist's auch finster, leuchtet dennoch
Sie wie eine Sonne.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 4)

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Diesseits Berge, jenseits Berge
Und das Thal dazwischen,
Liebchen weilt dort mit dem Aeuglein,
Mit dem schmeichlerischen.
Ach, die Berge möcht ich schleifen,
Daß es doch geschehe,
Daß ich bis ins liebe Zimmer
Meines Liebchens sehe!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 5)

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Mond verbirg dich hinter'm Berge,
Säume nicht, nicht zaud're,
Daß mit meinem holden Liebchen
Ich ein Stünd'chen plaud're.
Spricht zu mir mein holdes Liebchen:
Klingt's, wie Wolken klingen,
Weil ich's heute nicht kann sehen
Will der Kopf mir springen.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 5)

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Wenn mein Lieb im Garten wandelt
Dort, wo Düfte wehen,
Scheint mir's, daß nach ihrem Tritte
Rosen weiß aufgehen.
Schöner bist du als die Rose
Die ich je besessen,
Und ich armer Jüngling kann dich
Nie, ach nie vergessen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 6)

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Ach, ich kann mich gar nicht wundern
Daß so schön die Holde,
Fiel doch neben ihr ein Sternchen
Wie aus rothem Golde.
Als das Sternchen fiel vom Himmel,
Mußte es zerstücken, -
Liebchen las nun auf das Sternchen,
Um sich dann zu schmücken.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 6)

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Mädchen, Mädchen, süßes Mädchen,
Du erquickst die Seele,
Wie im Sommer auf dem Saatfeld
Labt die kühle Quelle.
Wie ein frischer Trunk im Sommer
Auf dem Feld beglücket:
So werd' ich durch dein Geplauder
Süßes Kind entzücket.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 7)

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Hoch bist Täubchen du am Baume,
Reichst nicht zu der Quelle;
Ach zu weit ist dir, mein Liebster,
Wo ich weil', die Stelle!
Ob ich hoch, die Quelle nieder:
Trinken werd' ich eilen;
Gleich setz' ich mich auf den Rappen,
Um bei dir zu weilen.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 7)

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Weiße Blüten treibt der Schneeball,
Früchte roth und herrlich;
Große Liebe führt zur Trübsal,
Niemandem begehrlich!
Weil die Distel reich an Wurzeln
Wuchert sie auf der Heiden;
Wer die Lieb' noch nicht empfunden
Kennt auch keine Leiden!

Schneeball = Holunder

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 7)
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Eine Linde steht am Wasser
Einsam und alleine;
Alle Mädchen sind am Tanzplatz,
Ach, nur nicht das meine!
Liebe Adler, liebe Falken,
Werft ihr Federn gerne,
Bringt mir meine holde Kleine
Aus Podoliens Ferne!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 8)

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Die Familie schilt mich immer,
Weil ich stets dich liebe!
Ach, wie elend wär' ich, wenn ich
Ohne dich einst bliebe! -
Mag mich schelten die Familie,
Mir mit Strafen lohnen:
Bin ich schuld, daß meine Seele
Dich so lieb gewonnen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 8)

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Setz' dich freundlich zu mir nieder
Meine kleine Schlimme,
Werd' erkennen deine Liebe
Gleich an deiner Stimme.
Komm zu mir, o rücke näher, -
Wenn wir uns gefunden:
Ach, dann werden froh und freudig
Uns vergeh'n die Stunden!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 9)

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Ach, ich dachte, lieber Bruder,
Daß die Geige klinget,
Und mein liebes braunes Mädchen
Dort im Garten singet.
Auch dacht' ich, mein lieber Bruder,
Daß die Sonn' aufgehet,
Und im Hof mein Liebchen wandelt,
Dem mein Blick nachspähet.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 9)

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Ach, was soll, was soll ich machen!
Mir ist bang und wehe;
Wo ist wohl mein süßes Mädchen,
Daß ich es nicht sehe?
Blick' ich hierhin, blick' ich dorthin:
Nichts freut mich auf Erden,
Und es bleibt mir nichts, als endlich
Sterbenskrank zu werden.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 9)

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Ostern! Ostern! liebe Ostern!
Endlich seid ihr kommen;
Doch mein Buhle hat vom Mund mir
Meinen Schatz genommen.
Er ist lustig, sie nicht traurig
Und geschwätzig Beide,
Ich allein nur seufz' und weine
In der Liebe Leide!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 10)

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Meinen Schatz hab' ich verloren,
Kann es kaum ertragen,
Dennoch will ich trotz der Sorge
Drüber nicht verzagen!
Wollt' ich mich der Sorge weihen:
Was hälf' mir der Kummer?
Ach, von meinem armen Kopfe
Wiche aller Schlummer!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 10)

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O verwehrt mir nicht, ihr Feinde,
In der Welt zu leben
Und nach meinem Allerliebsten
Jederzeit zu streben.
Ach, so lang' nur meine Augen
Hell die Sonne sehen:
Wird in allen meinen Träumen
Er nur vor mir stehen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 10)

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An dem Wege trieben Weiden
Manche blaue Blüte;
Ein Kosak ging zu dem Liebchen
Als die Sonne glühte.
Auf dem Berge steht die Kirche,
Die das Aug' erspähet;
Komm' doch, komm' doch, liebes Mädchen,
Wenn der Stern aufgehet!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 11)

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Geh' doch auf, o Stern, so helle,
Leuchte mir nur lange;
Komm' heraus mein liebes Mädchen,
Denn mir ist so bange! -
Aufging mir der Stern, ich sah ihn
Freundlich niederblicken;
Kam heraus mein holdes Liebchen -
Alle zu entzücken!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 11)

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Ein Kosak kommt aus der Fremde
Und die Leute sagen:
Dorthin haben vor drei Wochen
Sie dein Lieb' getragen! -
Liebe Leute, ach, ich wußte
Daß mein Lieb' gestorben,
Denn mir haben schwarze Geier
Schlaf und Traum verdorben!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 12)

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Beide eine Lieb' gewannen, -
Wem wird sie gehören?
Ach, ob dein, ob mein, - nicht werden
Menschen uns bethören.
Glaub', man braucht nicht lieber Freund sich
Um das Lieb' zu schlagen;
Wen von Beiden sie wird wollen,
Wird sie selbst schon sagen! -

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 12)

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Gänschen sah ich auf dem Wasser
Munter und beweglich;
Lieben würde mich mein Liebchen,
Und doch ist's nicht möglich!
Feinde, ach ihr bösen Feinde,
Euch muß ich verklagen,
Daß mir alle Welt beharrlich
Will das Glück versagen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 12)

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Hatten uns ein Jahr geliebet,
Zwei uns nicht gesehen,
Als wir uns dann wieder sahen,
Wollten wir vergehen.
Kind, da wir uns hold gewesen,
Blüh'ten dürre Weiden,
Heut' verblüh'n sie, weil für immer
Wir uns mußten meiden.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 13)

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Ach, wo ist denn jenes Brünnlein,
D'raus das Täubchen nippte?
Ach, wo ist denn jenes Mädchen,
Das so sehr mich liebte?
Täubchen haben ausgetrunken
Brünnlein bis zum Rande,
Und mein holdes Liebchen knüpfte
Längst schon and're Bande!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 13)

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Liebchen mit den schwarzen Brauen
Wo könnt' ich dich sehen?
Komm' und sieh', wie ich in Trauer
Möcht' um dich vergehen!
Ach, an wen werd' ich mich schmiegen,
Wer wird mich liebkosen,
Wenn mein Lieb' mir fehlt, die Rose
Aller süßen Rosen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 13)

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Steht ein Ahorn an dem Wasser,
Neigt sein Haupt zur Welle;
Warum bist du brauner Jüngling
Trüb' in tiefster Seele?
Warum soll ich mich nicht neigen?
Bin doch nah' dem Sinken;
Warum soll ich mich nicht grämen:
Seh' den Tod ich winken?

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 14)

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Böse Träume träumt' ich heute,
Kann mich wohl entsinnen:
Sah zum Fenster, - Leute führten
Meinen Schatz von hinnen.
Berstet Berge oder deckt mich,
Endet meine Nöthen!
Ach, wollt ihr mich von ihr trennen:
Laßt mich lieber tödten!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 14)

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Nachts ging ich durch's kleine Dörflein,
Lichter brannten helle.
Doch wohin ich lenken wollte
Löschten aus sie schnelle.
Lieber Mond und liebe Sterne
Eilt zu Hilfe, eilet!
Leuchtet mir zu jenem Thore,
Wo mein Mädchen weilet!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 14)

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Sagen nicht die Leute alle,
Schatz, daß ich dich liebe?
Nun was weiter? - Soll ich läugnen
Meine besten Triebe?
Ach, dein Dorf ist nicht zu sehen,
Nur der Baum alleine;
Reißt das Herz mir aus dem Leibe,
Dort wohnt meine Kleine!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 15)

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Traurig über Feld und Wiese
Streicht der Wind von hinnen,
Ach, was werd' ich hier und dorten
Ohne sie beginnen?
Schneeball hat der Wind gebrochen,
Kann ihn nicht aufheben;
Auch nicht eine Stunde kann ich
Ohne sie mehr leben!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 15)

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Pferd' und Ochsen steh'n am Berge
Und dabei die Holde;
Nimm dir nicht die einz'ge Tochter
Wär' sie selbst von Golde!
Denn die Mutter sucht zu machen
Stets aus ihr nicht wenig,
Und hält sie in Stolz und Hochmuth
Nur für einen König!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 15)

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Dich zu meiden geh' ich nicht mehr
Zu dem Wasser drüben,
Mög' dich lieben jetzt ein And'rer,
Ich - will dich nicht lieben!
Tugend lebt in dir so viel, wie
Wasser in dem Weine;
Schad' um deine süße Schönheit,
Schad' du liebste Kleine! -


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 16)

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Dort der Kahn ist voll mit Wasser,
Das zum Grund ihn ziehet;
Unglücklich ist jeder Arme,
Der in Liebe glühet.
Rosen säe ich auf dem Eise,
Schnee läßt sie gedeihen;
Ach, wer Liebe trägt im Herzen
Muß dem Weh' sich weihen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 16)

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Schwer wird ohne Bach, mein Fischlein,
Dir zu existieren,
Schwerer noch ist's in der Fremde
Ohne Schatz zu irren.
O du Adler, schwarz geflügelt,
Eil' zur Tiefbetrübten,
Trag' mich aus der fernen Fremde
Hin zu dem Geliebten!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 17)

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Freundlich warst du mir doch immer,
Sanft in Freud' und Leide,
Wenn ich alter Zeit gedenke
Bist du meine Freude.
Was auch immer kommen möge,
Freuden oder Schmerzen:
An dein Bild bleibt die Erinn'rung
Ewig mir im Herzen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 17)

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Aus der Ukraina muß ich
In die Fremde gehen,
Werd' ich Alle, die hier bleiben,
Je im Leben sehen?
Ach, vielleicht - kehr' ich zurücke, -
Find' ich kaum die Meine, -
Unter Trauerweiden schimmern
Graue Leichensteine!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 17)

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Dich nur liebt' ich, doch die And're
Hast du dir erkoren!
Mögst du trauern, wie ich trau're
Seit ich dich verloren!
Keinen liebt' ich unter Allen,
Die da liebend gehen,
O, hätt' ich dich nie vernommen,
Niemals dich gesehen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 18)

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Laß mich Mädchen Wasser trinken,
Stille mein Verlangen,
Daß nach dir doch endlich aufhört
All' mein Liebesbangen! -
An dem Stege weiß ein Kraut ich,
Kein's fürwahr ist kleiner;
Geb' ich dir vom Kraut zu trinken:
Dann vergißt du meiner!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 18)

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Sonne neigt zum Untergange
Und der Tag will schwinden.
Werd' ich wohl zum Liebchen kommen
Und gesund es finden?
Wenn ich heut' mein blondes Mädchen
Froh und heiter fände:
Ach, wie würden Herz und Lippe
Sprechen ohne Ende!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 18)

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Bieg dich, nicht brich hoher Wipfel!
Jene ist mir lieber,
Die zuerst ich freudig liebte;
Ach, nun ist's vorüber!
Zwar hab' ich ein neues Fischlein,
Das mir Gott erhalte,
Aber liebend denk' ich immer
An das liebe alte!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 19)

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Ach, in dieser schlimmen Gegend
Fühl' ich banges Sehnen,
Denn mein liebes Fischlein sandte
Sehnsucht mir und Thränen.
Werde in die Ukraina
Wandern und dort leben,
Immer wirst du meine Holde,
Mir vor Augen schweben!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 19)

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Warum hast du, liebes Mädchen,
Lippen süß und reine? -
Weil mit Honig sie mir schmierte
Mütterchen, das meine!
Süß bist du, auch schön und herzig, -
Hand nur will nichts taugen;
Schad' um deine holde Schönheit,
Schad' um Mund und Augen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 20)

_____



Spiel' mir auf, mein lieber Spielmann,
Spiel' mir nah' und ferne,
Denn mit meinem braunen Mädchen
Tanz' ich gar so gerne.
Ja, mein Spielmann, deine Hände
Mir für gold'ne gelten,
Denn du ziehst stets meine Seele
Bis an's End' der Welten.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 20)

_____



Ach, ich lieb' dich mit der Liebe
Die nichts Falsches leidet;
Jahre hab' mit meiner Liebe
Täubchen ich vergeudet.
Erst als Mädchen, dann als Weibchen
Liebt' ich dich unendlich;
Werd' auf dich so lange warten,
Bis du Witwe endlich!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 21)

_____



Magst du klagen, magst nicht klagen
Armes süßes Wesen,
Vom Allmächt'gen bist du nimmer
Mir bestimmt gewesen!
Zwei der Täubchen tranken Wasser,
Trübten's dann im Leide! -
Sterben sollen die nicht können,
Die uns trennten Beide!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 21)

_____



Als ich heute ging zum Liebchen,
Sah ich ein Täubchen fliegen;
Als ich heute ging vom Liebchen,
Mußt' ich dem Schmerz erliegen.
Spalt' dich Berglein und verschlinge
Mich mit meinem Schmerze!
Ach, mein liebes, süßes Mädchen
Steinern ist dein Herze!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 21)

_____



Bereden könnt' ich reißende Fluthen,
Bereden die Gesteine,
Dich nur kann ich nicht bereden
Dich, mein Kind alleine!
Wenn wir Junge uns vermählten
Eh' die Jahre fliehen:
Ach, dann würden dürre Eichen
Wieder frisch erblühen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 22)

_____



Früher warst du mir gewogen,
Mochtest mit mir gehen;
Ach, jetzt bist du anders worden,
Willst mich nicht mehr sehen!
Dich nur liebt' ich über Alles,
Wie's dem Herzen schicklich;
Ach, mit keinem wirst du werden
Wie mit mir so glücklich!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 22)

_____



Mädchen, Mädchen, süßes Mädchen,
Wie warst du mir theuer!
Doch du hast dein Wort gebrochen,
Wecktest böses Feuer.
Hochzeit sollst du dann nur halten
Hier auf dieser Erden,
Wenn im Meeresfels die Weiden
Wurzel schlagen werden!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 22)

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Frag' ich, was die Leute sagen,
Daß du nichts besitzest?
Wenn du nur, mein süßes Mädchen,
Mir im Herzen sitzest!
Soll das Glück nur dorten wohnen,
Wo die Schätze blenden?
Wer aus Lieb' sich nicht vermählet,
Wird nicht glücklich enden!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 23)

_____



Graue Wolken zieh'n am Himmel
Und es tropft der Regen;
Ach, mein Schatz ist heute traurig,
Traurig allerwegen!
Dünkt mir's doch, es sei mein Liebchen
Mir heut' ungehalten;
Wenn sie blickt, so legt die Stirn' sich
Ihr in tausend Falten.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 24)

_____



Schwarz sind deine schwarzen Aeuglein
Wie im Wald die Fichte,
Roth sind deine rothen Wangen
Wie des Schneeballs Früchte.
Gleich dem Schwarzdorn, dem gepflanzten,
Ist dein Aug' zu schauen,
Und geflocht'nen Schnürchen gleichen
Deine schönen Brauen.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 24)

_____



Rathe mir wie eine Mutter:
Soll bei dir ich bleiben?
Soll ich Liebchen auf dich warten
Oder mich beweiben? -
Wart' auf mich, so muß ich rathen
Liebster meines Lebens!
Wenn die Aeltern doch nicht wollen -
Rath' ich dir vergebens!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 25)

_____



Sag' wohin mein lieber Falke
Heut' dein Flug so eilet?
Sag' mir auch, an welchem Orte
Heut' mein Liebchen weilet?
Leih' mir Falke deine Flügel,
Laß zum Schatz mich fliegen,
Noch bevor die ersten Flocken
Auf dem Dache liegen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 26)

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Sehe, wie des Meeres Fluthen
Ufer überströmen;
Gerne möcht' ich mich ertränken,
Wollt' das Meer mich nehmen. -
Nicht ertränk' dich, armer Jüngling,
Das ist wohl viel schlimmer;
Mit dem Unglück mußt du leben,
Liebst du sie auch nimmer!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 26)

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Sollte man bis an die Ohren
Im Moraste stehen,
Ja sogar bei Schneesturm möcht' ich
Zu der Liebsten gehen!
Sollte man bis an die Augen
Im Moraste stehen,
Selbst bei Nacht im stärksten Dunkel
Wollt' zum Schatz ich gehen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 28)

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Dicht sind eu're grünen Blätter
Ihr belaubten Eichen;
Du Kosake, deine Worte
Der Musik nur gleichen.
Leider ist dein Denken garstig,
Weh' mir armes Weibchen!
Denn bevor ich dich noch liebte
War ich wie ein Täubchen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 28)

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Berge hier und Berge dorten,
Thäler in der Mitte,
Zwischen jenen Bergen winket
Eine liebe Hütte.
Ach, wie gerne möcht' ich dorten
Berg und Thal verschieben
Und zu meinem Mädchen sehen,
Ach, zu meinem lieben!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 29)

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Schmerzvoll sind der Schlangen Bisse,
Aber bös're Schmerzen
Macht der Zauber dir der Liebe
Freund im tiefsten Herzen.
Gegen Schlangenbisse wachsen
Kräuter in dem Garten,
Doch bei Liebeszauber kannst du
Schon auf Heilung warten!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 29-30)

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Schön bist du, gleich einer Rose,
Doch muß ich dich tadeln,
Weil du rauh und widerspänstig;
Das kann dich nicht adeln! -
Kannst trotz deiner heißen Liebe
Mich doch nicht verstehen:
Habe ohne spitze Dornen
Rosen nie gesehen! -

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 30)

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Dort der Kahn, er schwimmt im Wasser,
Niemand mag ihn leeren;
So der Gram in meinem Herzen,
Niemand will ihm wehren.
Ob ich weil' in deiner Nähe,
Oder ferne schreite:
Deinen Schatten hab' ich immer
Mahnend mir zur Seite.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 30)

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Singst du auf der Alm mein Liebchen:
Laß' die Stimm' ertönen,
So daß hinter Busch und Wäldern
Ich dich kann erkennen.

Lauter soll der Ton erklingen
Aus der Gegend drüben,
Daß du theu'rer werden sollest
Allen meinen Lieben!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 30-31)

_____



Als ich mich zum Mädchen setzte,
Wandt' es sich zur Seite;
D'raus entnahm ich, daß mein Mädchen
Liebt 'nen Andern heute.
Daß sie mich allein nur liebte,
Dacht' ich aller Orten,
Während sie mich bitter täuschte
Ach, mit süßen Worten!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 32)

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Kommt der Mond doch jeden Abend,
Jeden Tag die Sonne,
Nur mein Liebster will nicht kommen,
Meines Lebens Wonne.
Längst verödet sind die Stege,
Und voll Moos und Kräuter,
Wo mit dir ich ging, mein Schätzchen,
Liebesfroh und heiter!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 32)

_____



Ach, dahin schwamm mit dem Wasser
Was ich durfte lieben,
Und von Allem ist alleine
Wermuth mir geblieben!
Ew'ges Feuer soll euch Feinde
Tief im Herzen brennen,
Weil vom Liebsten auf der Erde
Ihr mich konntet trennen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 33)

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Blaue Augen sagt warum doch
Seid ihr gar so trübe?
Ach, gewiß weil jener fehlet,
Der sonst eu're Liebe!
Blaue Augen, lange seid ihr
Müd' und matt vor Sehnen,
Ach, ihr habt ein ganzes Meer schon
Ausgefüllt mit Thränen.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 33)

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Wenn ich dir's auch niemals sagte,
Meinten doch die Leute,
Daß aus uns'rer Liebe gar nichts
Werden wird bis heute.
Ach, nicht jeder Baum trägt Früchte,
Wenn auch Blüten trieben,
Und nicht Alle werden Paare,
Die einander lieben!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 33)

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Grauer Kuckuk, der du fühlest
Treu mit den Betrübten,
Sag' mir Theu'rer, sag' wo sahst du
Meinen Vielgeliebten? -
Ferne an dem Strand der Donau,
Wo viel Wasser fluthen,
Netzt er sich mit seid'nem Tüchlein
Seines Auges Gluthen.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 34)

_____



Frug den Wind, der leise lispelnd
Aus der Ferne wehet:
Weißt du, wo mein Liebster weilet,
Wie es ihm noch gehet?
Und er sprach: dort auf dem Berge
Hör' ich Mönche singen,
Die zum langen ew'gen Schlafe
Deinen Liebsten bringen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 34)

_____



Hoch ist hier der Berg, der nahe,
Niedrig dort der weite,
Ach, das eine Lieb' ist ferne,
Nahe nur das zweite.

O, dies nahe möcht' ich schenken
Allen Leuten gerne,
Möchte zu der ersten eilen
In die weite Ferne.

Und doch bei der zweiten sind stets
Ochs und Kuh zu schauen,
Während bei der ersten locken
Schwarze Augenbrauen.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 34-35)

_____



Sag' mir Mädchen, welcher Wunsch doch
Deine Brust beseelet?
Nicht veracht' mich, weil ich arm bin,
Und das Glück mir fehlet!
Glück und Liebe sind nicht immer
Dort, wo reiche Leute;
Dort, wo keine Liebe bindet,
Herrscht auch keine Freude.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 37)

_____



Kräuter gibt's in meinem Garten,
Die sonst arglos scheinen,
Doch genießt du sie, dann denkst du,
Nie mehr an die Deinen.

Du vergißt wohl auch auf Alles,
Was du einst besessen,
Nur auf mich, mein holdes Liebchen,
Kannst du nicht vergessen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 37-38)

_____



Gehst nach Hause du mein Liebster:
Spiel' auf der Schalmeie,
Daß ich - wenn dein Lied ich höre, -
Deiner mich erfreue.
Sing' auf einem grünen Blättchen,
Das sich seufzend krümme,
Dann geh' ich hinaus zu lauschen,
Ob es deine Stimme?


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 39)

_____



Leuchte auf das Feld, mein Sternchen,
Bis der Mond aufgehet,
Bis der Liebste, der schwarzäugig,
Nach der Liebsten spähet.
Mond, du schöne Himmelsleuchte,
Laß' dein Licht nur schimmern, -
Was die Leute von uns reden -
Soll mich nicht bekümmern! -


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 39)

_____



O, du Sonne, schein' bei Tage,
Und du Mond bei Nachten,
Daß ich meines Liebsten Augen
Immer kann betrachten.
Ohne dich, mein Vielgeliebter,
Kann ich nichts erwerben,
Wie ein Fischlein ohne Wasser,
Werd' ich Arme sterben! -


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 39)

_____



Lispelnd zieht der Wind im Laube
Der den Staub aufwehet;
Wenn ich doch erfahren könnte,
Wie's dem Liebsten gehet?
Lispelnd zieht der Wind im Laube
An der Bergeshalde;
Die Schalmei spielt jetzt mein Liebster
In dem Eichenwalde.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 40)

_____



Ach, warum bist du so elend
Und so bleich wie Linnen? -
Weil ich Liebster dich vermißte,
Seit du gingst von hinnen.
Schwarz ist mir die Welt geworden,
Und die Brust voll Schmerzen
Wenn ich dich nicht Liebster sehe,
Fühl' ich den Tod im Herzen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 40)

_____



Nicht geh' fromm ich in die Kirche
Um zu Gott zu flehen,
Sondern um mein holdes Liebchen
Liebend anzusehen.
O, ich stell' mich unter Bilder
In dem heil'gen Stübchen;
Einmal schau' ich mir ein Bild an,
Dreimal d'rauf das Liebchen.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 40)

_____



O, du grün belaubtes Wäldchen!
Bin die erste ich auf Erden
Oder bin ich gar die letzte,
Der kein Glück soll werden?
Es verdorrt der schönste Wipfel
Manchem stolzen Baume,
Und dem schönsten Kinde gibt Gott
Glück auch nicht im Traume!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 41)

_____



Falke, hast du nicht gesehen
Meinen armen Knaben? -
Auf dem Kriegsmarsch haben sie ihn
Unterwegs begraben.
Und verhandelt d'rauf sein Rößlein,
Daß es euch noch nütze,
So auch Flinte, Schwert und Peitsche,
Sattel, Rock und Mütze. -


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 41)

_____



Weizen hab' ich nicht gesäet,
Selber er gedeihet;
Hab' den Liebsten nicht verhexet,
Selbst sich meiner freuet.
Hexen hab' vermocht' ich niemals,
Welches Schicksal mir beschieden,
Solches werd' ich haben! 


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 41)

_____



Auf dem Hügel stieg der Liebste,
Sang auf einem Blättchen;
Wessen schönes lautes Singen
Ist das, liebes Mädchen? -
Leider kann ich's nicht erkennen,
Weil zu fein es klinget,
Doch es scheint mir und ich glaube,
Daß mein Liebster singet.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 42)

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Brauchst nicht über's Loos zu klagen,
Kann sich gut gestalten;
Immer sollst du nur d'ran denken
Mir dein Wort zu halten! -
Ich hab' dir das Wort gegeben
Zu dem Liebesbunde;
Lieben werden wir uns Beide
Bis zur letzten Stunde!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 42)

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Liebchen spricht von ew'ger Treue
Und von Lieb' und Glauben;
Ach, so girren liebend immer
Nur verliebte Tauben!
Gerne möcht' ich Alles, Alles,
Was ich hab', ihr schenken,
Wollte sie nach Art der Tauben
Liebend mein gedenken!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 43)

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Wir verliebten uns zum Leide,
Nicht mehr sind wir heiter;
Du, mein Liebchen, du wirst bleiben,
Nur ich ziehe weiter.
Ich verlaß dich, holdes Liebchen,
Muß zur Fremde treiben;
Ach, die Feinde sind so böse,
Kann im Dorf nicht bleiben!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 44)

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Über Steine fließt das Bächlein,
Niemand kann es hemmen;
Fischlein muß mein Lieb' ich nennen,
Brauch' mich nicht zu schämen.
Eine Weide an dem Wasser
Seh' ich traurig stehen,
Fischlein, was hast du gethan mir,
Daß ich muß vergehen?


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 44)

_____



Über'm fernen Czernahora
Seh' ich Nebel stehen:
Dorthin soll der Liebste kommen,
Kann ihn doch nicht sehen.
Von dem Czernahora gingen
Nachts gar manche Jungen:
Meinen Liebsten zu erkennen
War mir's doch gelungen.

Czernahora = wörtl. schwarzer Berg
(in den Karpaten)

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 44)
_____


Czernahora! Czernahora!
Berg so schön und schaurig,
Wenn ich deiner still gedenke
Wird mein Herz so traurig.
Denn in deinen grünen Wäldern
Hat sie mir versprochen,
Was sie schon am dritten Tage
Leichtsinnig gebrochen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 45)

_____



O, du weißt nicht, liebe Mutter,
Kannst es auch nicht wissen:
Bitter fühlt mein Herz die Sehnsucht
Und wird brechen müssen.
Dir, mein Gott, du Allerbarmer,
Will ich's bittend sagen:
Nimm' die Last von meinem Herzen,
Kann sie nicht mehr tragen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 45)

_____



Ach, wie lieb' ich dich, mein Liebster,
Inniglich im Stillen,
Wie in uns'rer Polonina
Nur den Wind, den kühlen. -
Auch ich lieb' dich, holdes Liebchen,
Ja selbst deine Spuren,
Wie im Sommer kühlend Wasser
Auf Podoliens Fluren!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 46)

_____



Wenn das Flüßchen nicht zu tief wär'
Möcht' ich's rasch durchwaten;
Wenn mein Liebster treu mir bliebe
Liebt' ich ihn wie den Gatten.
Aber dir, mein Allerliebster,
Kann man doch nicht trauen,
Wie nach mir, so wirst in Kurzem
Du nach Anderen schauen.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 46)

_____



Ob ich Treue dir bewahre,
Hast darnach zu fragen,
Und wenn du die Treue brächest
Würdest du mir's sagen?
Blümchen blüht in uns'rem Garten,
Glaubst, es sei das deine,
Kommt ein Dieb dahergezogen,
Pflückt es als das seine!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 46)

_____



Schwarze Augen hat mein Liebster,
Schön ist er, wie keiner!
Ach, wohin ich immer blicke:
Keiner ist wie meiner!
Schön der Eine, hübsch der And're
Häßlich nicht der Dritte:
Doch mein Schatz gleicht einem Bilde
Wohl in ihrer Mitte!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 50)

_____



Kopf und Auge thun mir wehe,
Möcht' vor Schmerz vergehen,
Denn ich habe heut' und gestern
Liebchen nicht gesehen.
Hab' mein Liebchen nicht gesehen
Gestern nicht und heute,
Wenn ich's heute nicht mehr sehe
Sterb' ich noch vor Leide!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 51)

_____



Werd' ich essen, werd' nicht essen
Ich mein Nachtmahl heute?
Ist mein Liebchen hold und freundlich
Dann ist's meine Freude.
Werd' ich trinken, werd' nicht trinken
Honig, ich den süßen,
Wenn mich heut' mein holdes Mädchen
Deckt mit ihren Küssen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 51)

_____


Wahr und heilig, treu und bieder
Will ich dir es schwören:
Kommt die Zeit, dann sollst nur du mir
Liebchen angehören!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 52)

_____



Glaube mir, mein theu'res Mädchen,
Dir nur möcht' ich singen;
Dir nur möcht' ich meine Lieder
Aus dem Herzen bringen.


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 52)

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Du bist aller Blumen Blume,
Mädchen, mir hienieden,
Ohne dich such' ich vergeblich,
Ruhe, Glück und Frieden!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 53)

_____



Wenn du treu mich liebst, mein Liebster,
Niemand darfst du's sagen:
Wie der Wind das Stroh, so wird man
Uns herum bald tragen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 53)

_____


Wenn ich doch ein Adler wäre,
Wenn ich fliegen könnte:
Wollt' ich fliegen, ach wohin ich
Lange mich schon sehnte!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 53)

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Ach, zu Sambor in dem Eckhaus
Sind aus Stein die Wände;
Dorten fanden meines Liebsten
Locken jetzt ihr Ende.
Ach, es rief der Kuckuk traurig
Über'm Mohne drüben;
Mein Geliebter ist in Sambor
Als Soldat geblieben!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 55)

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Ach, nach Stry führt dieser Weg hier,
Hier vor meinen Blicken;
Meine Haare sind geschnitten,
Nackt sind Hals und Rücken.
Wirst du Mädchen mich bedauern?
Traurig sein auf Erden?
Wenn Soldatenschuhe meine
Füße drücken werden.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 55)

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Einen Berg bestieg das Mädchen,
Weinte sich dort heiser:
Nicht zu sehen ist mein Liebster,
Dient er doch dem Kaiser. -
Ach, wie soll ich denn nicht weinen,
Liebster, wie nicht klagen:
Mußt du doch im fernen Lande
Das Gewehr jetzt tragen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 57)

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Fortgeflogen ist mein Falke,
Seh' ihn nie und nimmer,
Dennoch denk' ich sein in Liebe
Und in Sehnsucht immer!
Keine Blüten, keine Blätter,
Seh' ich auf den Bäumen!
Ach, vielleicht seh' ich den Falken
Auch nicht mehr in Träumen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 59)

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Ach, wie sind die Mädchen theuer,
Ach, die lieben Mädchen!
Warf den Sack mir auf den Rücken,
Ging hierauf in's Städtchen.
Hatte Gänse zu verkaufen,
Gänse und zwei Hähne,
Und vom ganzen Gelde kauft' ich
Kleinwerk für die Schöne!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 59)

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Traurig bin ich, meine Mutter,
Wohin ich nur wand're;
Den Geliebten, den ich liebte,
Nahm mir eine And're. -
Sag', was willst du thun, Geliebter?
Nach der Heirat streben?
Nimmst du die nicht, die dich liebet,
Wie willst du dann leben?


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 61)

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Heiß hat mich mein Schatz geliebet,
Hab' die Lieb' entgegnet,
Bin wohl manche Stund' im Geiste
Träumend ihm begegnet. -
O ihr Feinde, böse Feinde,
Ihr habt uns geschieden!
Mögen euch dafür die Leute
Rauben allen Frieden! -

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 61)

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Schnee ist auf das Feld gefallen,
Wasser werd' ich erben:
Ach, was that'st du mir, mein Liebchen?
Möcht' vor Sehnsucht sterben!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 62)

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Bitter schmerzt der Kopf mir heute
Seit der Morgenstunde;
Heut' und gestern hab' vom Liebsten
Ich noch keine Kunde!
Bitter schmerzt der Kopf, denn Krankheit
Ist in mich gedrungen;
Ruft mir einen Arzt, doch höret:
Einen feschen, jungen! -

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 63)

_____


O wie werd' ich weinen, klagen,
Wie in Thränen jammern!
Kommt mein Schatz, dann werd' an seinen
Hals ich fest mich klammern!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 63)

_____


Käthchen, öffne mir die Thüre,
Käthchen, laß dich sehen!
Käthchen, gib' mir auch zu schmausen,
Wird dir wohlanstehen! -
Käthchen öffnete die Thüre,
Käthchen ließ sich sehen,
Käthchen gab mir auch zu schmausen,
Und küßte mich zum Vergehen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 64)

_____



Heute Nachts werd' ich im Hause
Keine Stunde weilen,
Denn gar süß ist's, mit dem Liebchen
Liebesfreud' zu theilen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 64)

_____


Wär' das Flüßchen nicht so breite:
Gleich wär' ich da drüben;
Wär' mein Liebster nicht so wonnig:
Möcht' ihn auch nicht lieben!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 64)

_____



Graue Wolken sind so düster,
Drücken das Gemüthe!
Stolzer Kirschbaum schenk' mir gerne
Deine rothe Blüthe!
Will damit dem holden Mädchen
Haar und Busen schmücken,
Wird mit ihrer süßen Schönheit
Doppelt mich entzücken.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 65)

_____


Seh' den Stern am Himmel blinken,
Hör' den Nachtwind rauschen,
Möchte still jetzt und verborgen
Meinen Schatz belauschen.

Ist sein Sinn nach mir gerichtet,
Bin ich seine Süße?
Oder tauscht mit einer Andern
Er viel Liebesküsse?

Wandern möcht' ich, weit weg wandern,
Bis ans End' der Welten;
Mögen sie mich eifersüchtig
Oder thöricht schelten! -

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 66)

_____


Lieb' mich nicht mehr, mein Geliebter,
Liebe mich nicht länger,
Denn wir kommen in's Gerede,
Mir wird bang und bänger! -
Mögen uns're Feinde reden,
Führen auch Beschwerden:
Kommt für uns doch bald die Stunde,
Da sie schweigen werden!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 67)

_____



Morgenstern ist aufgegangen,
Ach, doch nicht die Sonne!
Wart' vergeblich auf den Liebsten,
Meines Herzens Wonne! -
Hinter Wolken tritt die Sonne,
Hinter grauen, trüben;
Ach, es zürnt mir der Geliebte, -
Will mich nicht mehr lieben! -


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 67)

_____



Ruhelos ihr grauen Augen
Irrt ihr nah' und ferne;
Der ist längst nicht mehr zu sehen,
Den ihr saht so gerne.
O, ihr meine grauen Augen,
Wo sind eu're Gluten?
Ach, mit eu'ren Thränen könnt ihr
Meere überfluten!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 69)

_____


Wehe, Wind, aus jener Gegend,
Wo die Sonn' aufgehet,
Denn man fragt vergeblich, wie es
Dem Geliebten gehet!

Von dem Garten blüht die Hälfte,
Doch es welkt die and're,
Ach, wie schwer wird mir's im Herzen,
Weil allein ich wand're!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 69-70)

_____


Tobe, tobe kalter Nordwind,
Lange wirst nicht toben!
Die in Liebe sich gefunden,
Sind fürwahr zu loben!
Kommt der Frühling, sind sie eifrig
Nur beim Haus zu schauen,
Selbst die Schwalbe unter'm Dache
Eilt ihr Nest zu bauen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 70)

_____


Ach, wie liebe ich mein Mädchen,
Das dem Gänschen gleichet,
Das, sobald ich komm', das Mündchen
Mir zum Kusse reichet!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 71)

_____


Singen will ich mir, ja singen
Alle meine Lieder,
Wenn nur Niemand mir verdrehet
Meinen Kopf schon wieder!

Hoch, mein Täubchen, ist die Eiche,
Weit von dir die Quelle;
Ferne bist du, mein Geliebter,
Kommst zu mir nicht schnelle! -

Ob sie hoch ist oder niedrig:
Abwärts werd' ich müssen;
Und wenn ich auf's Pferd mich setze,
Dann werd' ich dich grüßen!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 71)

_____


O, du lieber, brauner Bursche,
Wo bleibst du doch heute?
Liebst du eine And're oder
Rathen ab die Leute? -
Niemand räth mir ab, auch hab' ich
Außer dir wohl keine:
Um dich sterbe ich vor Trauer,
Denk' an dich alleine!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 73)

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Weggereist ist mein Geliebter,
Mir blieb nur die Trauer,
Daß er And're lieben könnte,
Füllt mich schier mit Schauer.
Weggereist ist mein Geliebter,
Kommt nie mehr zurücke;
Mög' begleitet er stets werden
Nur vom reinsten Glücke!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 73)

_____


Ahornblatt, roll' dich zusammen,
Daß ich rund dich sehe;
Ach, um meinen Allerliebsten
Thut das Herz mir wehe!
Ohne Ahorn gleicht der Berg dort
Einem Tiefbetrübten,
Ach, so traurig ist ein Mädchen
Ohne den Geliebten!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 74)

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O, daß dir, du mein Geliebter,
Nie die Sonne schiene,
Denn du hast mich schier betrogen
Ach, mit deiner Minne!
Wahrlich, wen'ger scheint die Sonne
Und der Wind weht kühler,
Dennoch bricht mein Herz vor Sehnsucht,
Stille wird's und stiller!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 75)

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In dem Walde geh' ich einsam,
Hör' den Kuckuk schreien;
Ach, wann werde ich des Liebsten
Einmal mich erfreuen?
Grüner Wald und grauer Kuckuk,
Lieb seid ihr mir beide,
Doch sind meines Liebsten Augen
Meine größte Freude!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 75)

_____


Von dem Aste ruft der Kuckuk
Dort im trauten Haine!
Wann werd' ich, geliebtes Mädchen,
Sein mit dir alleine?
Von dem Berge hör' ich Wasser
Niederstürzend rauschen;
Ach, mein Mädchen, niemals werd' ich
Küsse mit dir tauschen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 78)

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Setz' dich, Liebchen, mir zur Seite,
Lass' dein Wort mich hören!
Möcht' erfahren, ob du könntest
Treue Lieb' mir schwören.
Rücke näher, holdes Liebchen,
Du hast gute Muße;
Wenn die Spindel dir wird fallen:
Neig' dich mir zum Kusse!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 79)

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Ruft man mich auch zum Rapporte,
Legt man mich in Ketten:
Dennoch werd' zu dir ich wandern,
Selbst wenn sie mich tödten!
Werfen sie mich in den Kerker,
In den finstern, stillen:
Dennoch werd' zu dir ich kommen,
Schatz, nach Gottes Willen!

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 79)

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O du Mond, du lieber, kleiner
Leuchte keinem Andern
Als nur meinem Allerliebsten,
Will nach Haus er wandern.

Leuchte ihm zu jeder Stunde,
Nebel stets verscheuche,
Kommt zu mir er, hinter Wolken
Berg' dich dann und weiche!

O du Mond, du lieber kleiner,
Hinterm Haus geh' unter,
Daß ich mit dem Allerliebsten
Schwätzen kann gar munter.

O du Mond, du lieber, kleiner,
Glanz der Abendsterne,
In den Hof des schönsten Mädchens
Leuchte hell und gerne!


Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 99-100)

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Wär' ich auch so schön und leuchtend
Wie die Rose im Garten,
Möchte dem Geliebten leuchten
Und auch nie auslöschen!

Tag und Nacht möcht' ich ihm leuchten,
Das Gewölk vertrieben,
Im Gewölke mich verstecken,
Ginge er zur Andern!

Wohl gar mühsam läßt sich schließen
Jenes Thor, das knarret;
Den ich liebe, den vergess' ich
Niemals bis zum Tode.

Den ich liebe, dess' gedenk' ich
Einstens selbst im Sterben,
Immer werd' ich seiner Augen
Liebevoll gedenken.

Aus dem Ukrainischen übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1832-1897)

Aus: Kleinrussische Volkslieder
Metrisch übersetzt von
Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1888
Im Anhang: Aus den Gedichten
des kleinrussischen Dichters Danilo Mlaka (S. 117)

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