Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Ungarische Liebeslieder




Wald, o Wald! wie hoch doch bist du!
Schatz, o Schatz! wie weit doch bist du!
Könnt' den Wald ich niederhauen,
Könnt' mein Schätzchen wiederschauen!
(S. 24)
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Ich weiß nicht, in tausend Aehren
Wie viel wohl der Körner wären?
So viel Körner sind darinnen,
So oft denke meiner Minnen!
(S. 26)
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Wer kein Liebchen hat zu Haus,
Geh' zum grünen Wald hinaus,
Schreib' es auf des Baumes Blatt,
Daß er noch kein Liebchen hat.
(S. 28)
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Nimmer trink' ich Wein, mich hält mein Schwur,
Wasser trink' ich, doch vom Liebchen nur;
Doch auch so nur, wenn von ihren Lippen
Sie erlaubt - dem Täubchen gleich - zu nippen.
(S. 33)
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Süß'res gibts als Honig nichts;
Wer was liebt, beschaue sichs;
Auf die schaue, lächle ich,
Die mein Herz liebt inniglich.
(S. 34)

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Fischer bin ich in der Ebne weitem Kreis,
Wohn' in einer kleinen Hütte an der Theiß;
Braunes Mädchen, komm herzu und werde mein!
Stets wird meine Mutter deine Pflegrin sein.

Edelsteine, Gold und Silber hab' ich nicht,
Nur ein Hüttchen, das ein stilles Glück verspricht;
Doch ein feurig schlagend Herz hebt meine Brust,
Lechzend nach der Gegenliebe Himmelslust.
(S. 38)
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Maikäfer! kleines gelbes Vögelein!
Ich frag' dich nicht, obs bald wird Sommer sein?
Auch frag' ich nicht, ob ich lang leben werd'?
Ich frag' nur, ob mich liebt mein Röschen werth?

Ich frag' dich nicht, ob eine Sommerzeit
Mein kummervolles Leben noch erfreut?
Ein Sommer nur zehrt ja mein Leben ab,
Seitdem mein Röschen ich im Herzen hab'.

Du fliegst von Blum' zu Blume, Vögelein!
Dein Weibchen folgt dir stets durch Busch und Hain;
Ich suche überall in Busch und Hain -
Ich finde nirgends sie - sie ist nicht mein!

Der Blumen Honigsüße saugest du
Und rufst dein Weibchen liebevoll herzu;
Doch blüht für mich kein sel'ger Augenblick,
Denn ich entbehre stets der Liebe Glück.
(S. 39-40)
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Liebchen, sag, warum die Lippen dir so roth?
"Habe mich hineingebissen, wurden roth."
'neingebissen, doch nicht mit den Zähnen dein;
Werden wohl von Bandi's Kuß geröthet sein.

Liebchen, sag, warum die Augen dir so naß?
"Hab' mich mit dem Thau gewaschen, wurden naß."
Ist kein Thau, ist eine Thräne perlenrein,
Dachtest dran, wann Bandi's Braut du würdest sein.
(S. 41)
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Mehr noch liebe ich dich,
Als die Taub' den Weizen,
Träume Tag' und Nächte,
Nur von deinen Reizen.

Ach! kein Weib gebar dich,
Dich gebar die Rose
In Pfingstmorgens Kühle
Aus dem thauigen Schooße.
(S. 42)
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Werber tanzen, singen, rathen -
Machen mich nicht zum Soldaten;
Wem ein Liebchen lacht auf Erden,
Wär' ein Narr, Soldat zu werden.

Locken mich mit Schwertesglanze,
Doch - der Teufel hol' das Ganze!
Glänzt doch Liebchens Aug' voll Leben,
Schwerterglanz ist Nacht daneben.
(S. 43)
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Der Donau Fluth ist breit,
Doch drüber schmal die Brücke;
Bleib ferne, schöne Maid,
Sonst fällst du von der Brücke.

"Ich falle nicht hinein,
In breite Donaufluthen;
Wohl fall' ich, Lieber mein!
In deinen Arm voll Gluthen."
(S. 49)
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Reif bedeckt die weiten Fluren kalt und naß;
Weide nicht, mein Roß! denn Schaden bringt das Gras.
Fleug mit mir zu meines Liebchens stillem Haus,
Denn mein Herz bricht in der Sehnsucht Flammen aus.

Schollen liegen auf dem Wege hart und groß,
Hüte deinen Fuß davor, mein theures Roß!
Einen sammtnen Sattel, einen seidnen Zaum
Kriegst du - führe mich nur zu dem lieben Raum!

Weithin rauscht die gelbe Donau ungehemmt,
Hat vielleicht auch meinen Weg schon überschwemmt;
Gelbe Donau, halte deine Wasser ein!
Denn sie könnten meinem Rosse schädlich sein.

Aus dem Fenster blinkt der kleinen Lampe Schein,
Bei der Lampe schläft ein braunes Mägdelein;
Braunes Mädchen, schlummre nimmer! komm heraus!
Dein Geliebter harret deiner vor dem Haus.
(S. 50-51)
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Bin Husar voll Lustigkeit,
Hab' 'ne Mütze von rother Seid',
An der Mütze 'nen Strauß mit Band,
Den mir meine Liebste wand.

Diesen Strauß, den wand sie mir,
Gab ihr einen Kuß dafür. -
Winde auch ein andermal,
Will dich küssen hundertmal!
(S. 52)
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Als im Dorfe Werber waren,
Ging der Bursch zu den Husaren,
Ließ sein treues Lieb zu Haus,
Ohne Abschied zog er aus.

Schwert und Rüstzeug - welche Wonne!
Glänzten wie die Mittagssonne;
Schön und schöner war der Schimmel,
Jagte wie der Blitz am Himmel.

Aber des Husaren Leben
Mocht' ihm doch nicht Freude geben;
Sehnte sich nach seinem Thale,
Desertirt zum dritten Male.

Ward erwischt und, wies gebühret,
Langsam durch die Stadt geführet -
Breites Hemd und rothe Hosen,
In den Händen Myrth' und Rosen.

Kniet an seinem Grabe nieder,
Ziel'n auf ihn sechs seiner Brüder;
"Wollte gern zum Tode gehen,
Könnt' ich dich, mein Liebchen, sehen.

Sähst du mich an diesem Orte,
Sprächst du mir wohl Trostesworte;
Einsam sterb' ich und alleine,
Und kein Aug', das um mich weine."
(S. 66-67)
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Übersetzt von Mihaly Agost Greguss (1825-1882)

Aus: Ungarische Volkslieder
übersetzt und eingeleitet von M. A. Greguss
Leipzig 1846




 


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