Wörtchen und Wörtlein

in der deutschen Liebeslyrik


Ausgewählte Gedichte deutscher Dichter und Dichterinnen


 





Georg Busse-Palma
(1876-1915)


Loblied

Ich hab' das feinste Liebchen
Von allen in der Stadt.
Beim Lachen hat sie Grübchen,
Sonst sind die Wänglein glatt.
Sie hat das schönste braune Haar,
Dazu zwei Äuglein spiegelklar,
Drin ich mich oft gespiegelt —
O Gott, wie schön das war!

Mein Schatz hat weiße Zähnchen
Und einen roten Mund.
Wie Flaum von jungen Schwänchen
Ein
Brüstchen blank und rund.
Das hebt sich schüchtern kaum zur Höh', —
Ich mein', wenn ich im Traum es seh,
Mir müßt' das Herz zerspringen
Vor süßem Sehnsuchtsweh!

Sonst wüßt' von meiner Kleinen
Ich nicht das kleinste mehr,
Wenn nicht ein Stückchen Leinen
Von ihr mein eigen wär.
Doch das erzählt an sichrem Platz
Von einem rosigen Hemdenmatz
Gar süßes und geheimes —
Grüß Gott, verratner Schatz! — —
_____



Georg Friedrich Daumer
(1800-1875)


Dein Gesichtchen, ach,
Dieses schöne, blasse,
Macht, daß ich so jach
Jedes andre hasse,
Dich allein mit Geist und Herz umfasse;
Liebliches, geliebtes Ungemach!

Deine
Brüstchen, ach,
Diese weißen Wellen,
Bis zum Taumel schwach
Lausch' ich ihrem Schwellen;
Hier sich eine Heimath zu bestellen,
Flohen Engel wohl vom Himmelsdach.

Deine Füßchen, ach,
Diese wunderleichten,
Machen tausendfach
Meine Seele beichten,
Wenn mein Auge hin nach dem erreichten
Reize staunt, für ihn alleine wach.

Ohne Maß in mir
Toben heiße Flammen;
Meiner Brust Begier,
Wirst du sie verdammen?
Jene Bande, welche dich umklammen,
Jene schnöden, sind sie Bande dir?
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Georg Friedrich Daumer
(1800-1875)


Komm, kleines Lieb,
Komm, mein Entzücken!
Vor lauter Lieb'
Laß dich erdrücken,
Umschnüren, umstricken
Und
Brüstchen an Brust
Mit Küssen ersticken
In stürmischer Lust!
Und bist du erdrückt,
Und bist du erstickt -
Was dann? -
Hör' an!
Ich lege mein puppiges Mägdelein
Hinein in ein goldiges Schächtelein,
Bewahr' es, und berg' es vor Räuber und Dieb,
Beguck' es im Stillen und hab' es lieb.
So ist es mein,
Ist mein allein,
Mein Püppchen, mein liebliches Mägdelein.
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Hanns Heinz Ewers
(1871-1943)


Am Morgen

"Gnädiges Fräulein!" ruft das Stubenmädel
Selma - und sie klopft an deine Türe,
"Gnädiges Fräulein, auf! Das Bad ist fertig!"
"Ja, ich komm schon!" ruft die goldne Kätie,
aber fester schlingt sie ihre Arme
um mich, zieht mich an sich: "Wieder Tag!"
- Und nach fünf Minuten kommt schon Selma
wieder, klopft: "Ach, gnädiges Fräulein, sicher
nun ists Zeit, das Bad wird wirklich kalt!"
"Ja, ich komm schon!" ruft die goldne Kätie -
Einmal noch drückt ihre weiche Lippe
leicht die meine: "So, nun musst du gehen!"
- Und ich geh in meine kalte Stube,
in mein kaltes Bett, dieweil sich Kätie
nebenan noch ihre Siebensachen
sucht - so Schwamm und Tuch, Lawendelwasser -
huscht dann überm Flur ins Badezimmer.
- Fünf Minuten sind wohl kaum entschwunden,
doch mir ist, als hätt ich meine Kätie
nicht gesehen in Jahrhunderten!
Und ich muss sie sehen! - Wer wirds merken?
Schuh und Strümpfe an! Den Mantel über!
So, nun eil ich raschen Schritts hinüber
übern Flur ins kleine Badezimmer,
wo die goldne Kätie lustig plätschert.

Oh, wir plätschern beide, und wir spielen
wie zwei Kinder, spritzen uns und lachen -
- Aber nun muss ich die Schöne küssen,
muss die Linien ihres liebes Leibes
leise kosen mit verliebtem Finger.
- Wie ich diese kleinen
Brüstchen liebe!
Lottchen nenn ich eins, das andre: Lieschen,
und ich küsse Lottchen, küsse Lieschen,
dass sie zittern unter meiner Zunge -
Schmeichelnd duftet rings das weiche Wasser,
kosend spielt es rings um meine Glieder,
leis umfängt es meine goldne Kätie.

Süsser Traum der frühen Morgenstunde,
wie du kurz bist! - Wie du mir entflatterst,
wie du, lieber Traum, mir rasch entschwindest,
süsser Traum von meiner goldnen Kätie!
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Heinrich Heine
(1797-1856)


Das Hohelied

Des Weibes Leib ist ein Gedicht,
Das Gott der Herr geschrieben
Ins große Stammbuch der Natur,
Als ihn der Geist getrieben.

Ja, günstig war die Stunde ihm,
Der Gott war hochbegeistert;
Er hat den spröden, rebellischen Stoff
Ganz künstlerisch bemeistert.

Fürwahr, der Leib des Weibes ist
Das Hohelied der Lieder;
Gar wunderbare Strophen sind
Die schlanken, weißen Glieder.

O welche göttliche Idee
Ist dieser Hals, der blanke,
Worauf sich wiegt der kleine Kopf,
Der lockige Hauptgedanke!

Der
Brüstchen Rosenknospen sind
Epigrammatisch gefeilet;
Unsäglich entzückend ist die Zäsur,
Die streng den Busen teilet.

Den plastischen Schöpfer offenbart
Der Hüften Parallele;
Der Zwischensatz mit dem Feigenblatt
Ist auch eine schöne Stelle.

Das ist kein abstraktes Begriffspoem!
Das Lied hat Fleisch und Rippen,
Hat Hand und Fuß; es lacht und küßt
Mit schöngereimten Lippen.

Hier atmet wahre Poesie!
Anmut in jeder Wendung!
Und auf der Stirne trägt das Lied
Den Stempel der Vollendung.

Lobsingen will ich dir, o Herr,
Und dich im Staub anbeten!
Wir sind nur Stümper gegen dich,
Den himmlischen Poeten.

Versenken will ich mich, o Herr,
In deines Liedes Prächten;
Ich widme seinem Studium
Den Tag mitsamt den Nächten.

Ja, Tag und Nacht studier ich dran,
Will keine Zeit verlieren;
Die Beine werden mir so dünn
Das kommt vom vielen Studieren.
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Max Herrmann-Neiße
(1886-1941)


Mit Blüten wollte ich Dich überschütten,
Mit weißen, flatternden, duftigen Flocken,
Die Dich wie Amoretten umgaukelt,
Tändelnd um Nacken und
Brüstchen geschaukelt,
Und zärtlich gestreichelt die goldigen Locken ...

Ich ging durch ein Dorf, auf dessen Hütten
Die Sommersonne versengend brannte;
Wo vor verhängten Fenstern in Scherben
Kranke Blumen fiebernd versterben - - -
Der ich Dein jauchzendes Lachen kannte!

Ein Teich träumt da, ein totes Auge.
Umsäumt von dürren, verwelkten Kressen,
Ein ausgestorbener Saal, ohne Zecher.
Bienen umsummen die leeren Becher - -
Könnt ich Dein jauchzendes Lachen vergessen!
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Joachim Ringelnatz
(1883-1934)


Dreiste Blicke

Über die Knie
Unter ein Röckchen zu schaun – –
Wenn sie doch das und die
Haben, die schönen Fraun!

Über einen öffnenden Saum
In Täler zwischen
Brüstchen
Darf Blick wie stiller Traum
Stürzen sein Lüstchen.

Sollen doch Frauen auch
So blicken, – nicht schielen –
Wenn Arm, Popo und Bauch
In Fältchen spielen.

Nimm, was der Blick dir gibt,
Sei es, was es sei.
Bevor sich das selber liebt,
Ist's schon vorbei.
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