Wörtchen und Wörtlein

in der deutschen Liebeslyrik


Ausgewählte Gedichte deutscher Dichter und Dichterinnen


 





Peter Cornelius
(1824-1874)


Du bist ein Maienglöckchen

Du bist ein Maienglöckchen
Auf grünen, frischen Au'n,
Du bist ein Rosenstöckchen
An blühendem Gartenzaun.
Kein Schnee darf, auch kein Flöckchen
Aufs Frühlingshaupt dir tau'n,
Und stets im Sonntagsröckchen
Sollst du das Leben schau'n.

Gott möge dir beschwicht'gen
Im Busen jedes Leid,
Ein Märchen, ein Geschichtchen
Sei deine Lebenszeit,
Ein liebliches
Gedichtchen
Voll Wonn' und Seligkeit,
Ein glänzend Weihnachtslichtchen
Am Baum der Ewigkeit!
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Joachim Ringelnatz
(1883-1934)


Kleines Gedichtchen

Kleines
Gedichtchen,
Ziehe denn hinaus!
Mach ein lustiges Gesichtchen.
Merke dir aber mein Haus.

Geh ganz langsam und bescheiden
Zu ihr hin, klopf an die Tür,
Sag, ich möchte sie so leiden,
Doch ich könnte nichts dafür.

Antwort, nein, bedarf es keiner.
Sprich nur einfach überzeugt.
Dann verbeug dich, wie ein kleiner
Bote schüchtern sich verbeugt.

Und dann, kleines
Gedichtchen du,
Sag noch sehr innig: »Geruhsame Ruh«.
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