Wörtchen und Wörtlein

in der deutschen Liebeslyrik


Ausgewählte Gedichte deutscher Dichter und Dichterinnen


 




Ernst Moritz Arndt
(1769-1860)


Frühling und Furina

Horche, wie die Winde schwirren
Lüstern um die Blüthenlauben!
Horche, wie die Lüfte girren
Von der Lust der Turteltauben!
Horche, wie die Lerchen singen
Tilirirend auf gen Himmel!
Wie die hellen Bächlein klingen
Durch der Blumen bunt Gewimmel!

Schaue, wie die Wolken ziehen
Liebedurstig all' zusammen!
Schaue, wie die Rosen blühen
Mit der rothen Brust voll Flammen!
Schaue, wie die hellen Sterne
Tanzen mit den Frühlingsreigen!
Wie die Wesen nah und ferne
Sich in Wonne lustig zeigen!

Komm auch du, mein
Turteltäubchen,
Komm auch du, mein Frühlingsbienchen,
Sei mein Liebchen, sei mein Weibchen,
Holdes freundliches Furinchen,
Laß mich an der süßen Weide
Deiner Lippen, deiner Wangen,
Wie an Blümelein der Haide
Bunte Schmetterlinge, hangen.

Thörigt, wer die kurze Wonne
Dieses Lebens meint zu sparen!
Denn es bleichet jede Sonne
Einen Kranz in unsern Haaren,
Jede fliehende Minute
Eilt mit süßem Raub von hinnen,
Kühlt ein Tröpfchen in dem Blute,
Löscht ein Fünkchen in den Sinnen.
_____



Heinrich Bredelo
(1649-1726)


Er liebet nur eine

Ich liebe dich allein mein Kind/ und sonsten Keine/
Der Himmel straffe mich/ wo ichs nicht ehrlich meine/
Du solt der Port/ da sich mein Reisen endet/ seyn/
Du Himmels-Bildchen/ du/ ich liebe dich allein.
Ich liebe dich allein/ mein Engelchen/ mein Träubchen/
Mein süßtes Zucker-Brod/ mein aller-keuschtes
Täubchen/
Du Julep meiner Lust/ mein angenehmster Wein/
Und meiner Seelen Seel'/ ich liebe dich allein.
Ich liebe dich allein/ nicht nur bey jungen Tagen/
Auch denn/ wenn das Gesicht wird einmahl Runtzeln tragen/
Du bist mir immer jung/ und nett/ und schön/ und fein/
Mein Kind/ ich liebe dich/ ich liebe dich allein.
Ich liebe dich allein/ mein Hertz wird bey dir halten/
Wenn einst der Tod die Seel wird von dem Leibe spalten/
Ja fiehl der Erden-Kreyß/ auch gar der Himmel ein/
So sterb' ich auf dis Wort/ ich liebe dich allein.
_____



Joseph Freiherr von Eichendorff
(1788-1857)


Turteltaube und Nachtigall
(Übertragung aus dem Spanischen)

Bächlein, das so kühle rauschet,
Tröstest alle Vögelein,
Nur das
Turteltäubchen trauert.
Weil's verwitwet und allein.

Nachtigallenmännchen draußen
Schmettert so verlockend drein:
Mir vertraue, süße Fraue,
Will dein Lieb, dein Liebster sein!

»Böser, laß die falschen Lieder!
Ruh' auf keinem Zweig, der blüht,
Lass' auf keiner Au mich nieder,
Die von schönen Blumen glüht.

Wo ich finde eine Quelle
Helle in dem grünen Haus,
Mit dem Schnabel erst die Welle
Trüb' ich eh ich trink' daraus.

Einsam soll man mich begraben,
Laß mich trauernd hier allein,
Will nicht Trost, nicht Lust mehr haben,
Nicht dein Weib, noch Liebchen sein!»
_____



Karl Foy
(1856-1907)


Griechische Tanzklänge

Mein
Täubchen, das ist ganz verkehrt,
Dass Küsse Sünde sind.
Hat Mutter sie dich nicht gelehrt
Schon früh als kleines Kind?

Küssen muss ich deine Lippen,
Und sie triefen Wein.
Werde schon beim blossen Nippen
Sterblich trunken sein.
_____



Wilhelm Gerhard
(1780-1858)


Die
Täubchen

1. Sehnsucht
O, wenn ich doch ein Täubchen wär'!
Ich flög' zu dir hinüber;
Ich flatterte wohl hin und her,
Hinüber und herüber.

Drauf öffnete die Schwanenhand
Das Fensterchen behende;
Ich pickte dir in's Busenband,
Und in die kleinen Hände.

Du streutest mir das Futter hin,
Und lachtest freundlich nieder;
Ich schaute mit verliebtem Sinn
Dir in die Aeuglein wieder-

Du könntest ohne alle Müh'
Den zahmen Tauber kirren,
Er würde täglich spät und früh
Um's liebe Fenster schwirren.

Weil ich indeß kein
Täubchen bin,
Dir meinen Schmerz zu klagen:
So mögen sie mit Taubensinn
Dir, was ich fühle, sagen!


2. Sympathie
Hin zu jenem Fenster flieget
Täglich eine Taubenschaar;
Dort sitzt, hold in sich geschmieget,
Liebchen mit dem dunkeln Haar.

Und sie flattern, trippeln, girren,
Bis es durch die Scheiben dringt,
Und das süße Fensterklirren
Ihren Schnäbeln Freude bringt.

Ob sie dich wohl auch besuchen?
Dacht' ich so in meinem Sinn,
Streute nun, es zu versuchen,
Ihnen täglich Futter hin.

Aber sollte man's wohl meinen?
Höchstens kömmt ein Sperling nur;
Täubchen wollen nicht erscheinen,
Von den
Täubchen keine Spur.

Was sie locken mag? ich glaube,
Sympathie nur, liebe Herrn!
Zu dem
Täubchen fliegt die Taube:
Gleich und gleich gesellt sich gern.


3. Verlorene Ruhe
Dahin ist meines Herzens Ruh!
Ihr guten
Täubchen hört mir zu!
Euch will ich's wohl erzählen,
Ihr seyd verschwiegne Seelen.

Ich hüpfte jüngst mit frohem Sinn
Nach meinem kleinen Gärtchen hin,
Um Rosen und Violen
Zum frischen Strauß zu holen.

Da schaut' auf einmal mich ein Mann
Mit Feuerblicken zärtlich an.
Mir zitterten die Glieder,
Ich schlug die Augen nieder.

Betreten schlüpft' ich wohl vorbey:
Doch als verstohlen nur und scheu
Nach ihm das Aug' ich wende,
Da küßt er mir die Hände.

Ich wußte nicht, wie mir geschehn,
Und wagte kaum mich umzusehn,
Mir wurde schmerzlich bange,
Das Blut stieg in die Wange.

Nun holt' ich meinen Blumenstrauß,
Die schönsten Rosen sucht' ich aus:
Wie hätt' ich gern für's Leben
Die Blumen ihm gegeben!

Allein der schöne Mann war fort;
Mein Auge sucht' am stillen Ort
Vergebens den Begleiter:
Da schlich ich traurig weiter.

Ihr lieben
Täubchen! sagt ihm doch -
Wenn ihr etwa den Trauten noch
Auf euern Zügen findet -
Wie mir die Ruhe schwindet!


4. Wiedererkennen
Willst du wissen, liebes Kind,
Wem die
Täubchen angehören,
Die dir so ergeben sind,
Und am Nähtisch oft dich stören?

In dem alten Griechenland
Zogen sie, wie Dichter sagen,
An dem golddurchwirkten Band
Venus leichten Muschelwagen.

Und so flogen sie einmal,
Von der Göttinn Hand geleitet,
Dahin, wo im Blumenthal
Sich ein Quell zum Bade breitet.

Und der Erde süße Lust,
Schirret los die goldnen Zügel,
Und versenkt die holde Brust
In den blauen Wasserspiegel.

Als die
Täubchen frey sich sahn,
Schwirrten sie umher und girrten,
Bis sie auf der Flatterbahn
In dem Walde sich verirrten.

Will im labyrinth'schen Hain
Nirgend sich ein Ausweg zeigen?
Ach! die dunkle Nacht bricht ein,
Und die muntern Vögel schweigen.

Nymphen, höret unser Flehn!
Nymphen, habt mit uns Erbarmen!
Weh! es ist um uns geschehn!
Nymphen, Nymphen! Helft uns Armen!

Klagend hallt die Melodie
Durch des Haines dunkle Pfade;
Weder Nymphe höret sie,
Noch Kyther' im Blumenbade.

Klagend ziehn sie weiter fort
Ueber Länder über Meere,
Aber ach! an keinem Ort
War die liebliche Kythere.

Neulich trägt der rasche Flug
Deinem Fenster sie vorüber,
Und ein magischer Betrug
Lockt die Irrenden hinüber.

O, wie waren sie entzückt,
O, wie waren sie erschrocken,
Als sie, Liebchen, dich erblickt,
Mit den seidnen Ringellocken!

Ja, sie ist es! ist es! ja!
Freudig regt sich das Gefieder:
Venus Amathusia,
Endlich haben wir dich wieder!
_____



Moritz Hartmann
(1821-1872)


Das Blatt der Blume muß verwehn,
Ich muß von meinem Liebchen gehn,
So Gott mit dir,
Du schönste Zier,
Du
Täubchen mein.

Der Mond verbleicht in dunkler Nacht,
Was hat uns Beide blaß gemacht? -
So Gott mit dir,
Du schönste Zier,
Du
Täubchen mein.

Vom Thaue leuchten Zweig und Ried,
Von Thränen unser Augenlid,
So Gott mit dir,
Du schönste Zier,
Du
Täubchen mein.

Noch wird ein Frühling auferstehn,
Für uns vielleicht ein Wiedersehn -
So Gott mit dir,
Du schönste Zier,
Du
Täubchen mein.
____



Wilhelm Hauff
(1802-1827)


Amor der Räuber
(Nach dem Italienischen)

Die Unschuld saß in grüner Laube,
sie hielt ein
Täubchen in dem Schooß;
und Amor kam: Gib mir die Taube,
ein Weilchen nur gib deine Taube.
Die Unschuld ließ sie lächelnd los,
doch hielt sie
Täubchen an dem Band,
das sich um
Täubchens Flügel wand.

Doch kaum hat er die weiße Taube,
so schneidet er den Faden ab;
und höhnisch lachend mit dem Raube
entflieht der Räuber aus der Laube
und nimmer kehrt der lose Knab':
und als ihr
Täubchen nimmer kam,
ward sie dem Räuber ewig gram.
_____



Amalie Krafft
(1778-1852)


Wünsche

Ich möchte wohl ein Röschen seyn,
In meines Liebsten Garten:
Er würde dann in Liebe mein
Mit treuer Pflege warten.
Und bräch' er auch vom Stamm' mich ab,
Um seine Brust zu schmücken;
Dort fänd' ich ja ein selig Grab,
Ich stürbe mit Entzücken.

Ach! daß ich doch kein
Täubchen bin,
Auf süßer Liebe Schwingen
Eilt' ich zu dem Geliebten hin,
Ihm meinen Gruß zu bringen.
Ich setzte mich auf seine Brust,
Ihn tausendmal zu küssen;
Dann dürft' ich wohl, o Himmelslust!
Den Theuern nimmer missen.

Oft möcht' ich wohl ein Lüftchen seyn,
Die Stirne ihm zu kühlen,
Dann könnt' ich auch im Abendschein
Mit seinen Locken spielen.
Mein Schmeichelhauch sollt' ihn umweh'n,
An seine Brust sich schmiegen,
Und würde er dann schlafen geh'n,
In süße Ruh' ihn wiegen.
_____



Johann Martin Miller
(1750-1814)


Der Morgen

Warum sollt' ich mich nicht freun?
Nenn' ich doch mein Röschen mein!
Kirr ist sie, wie
Turteltäubchen,
Sanft, wie Nachtigallenweibchen.
Warum sollt' ich mich nicht freun?
Nenn' ich doch mein Röschen mein!

Brich, o Sonne, brich hervor
Durch der Morgenröthe Flor!
Wann du wirst am Himmel prangen,
Will sie mich im Hain empfangen.
Brich, o Sonne, brich hervor
Durch der Morgenröthe Flor!

Düftet, Blümchen, düftet süß!
Werd', o Flur, ein Paradies!
Ueberall, wo Engel gehen,
Müssen Paradies' entstehen.
Düftet, Blümchen, düftet süß!
Werd', o Flur, ein Paradies!

Ach, sie kömmt! o welch ein Glück!
Mir entgegen lacht ihr Blick!
Laßt ihr, liebe Nachtigallen,
Euren Morgengruß erschallen!
Ach, sie kömmt! o welch ein Glück!
Mir entgegen lacht ihr Blick!
_____



Friedrich Müller (Maler Müller)
(1749-1825)


Amor und seine Taube

Mit Amorn fliegt
Ein
Täubchen dort
Vom weichen Schoos Cytherens.
Allein ist sie
Des Knaben Lust
Und traulichste Gespielin.
Noch sitzen sie
Am Rosenstrauch
Und schwätzen mit einander.


Taube
Sag', liebest du
Dein
Täubchen noch,
Mein goldig krauser Amor?
Und wenn es einst
Erblassen muß,
Wirst du's auch nicht vergessen,
Dein
Täubchen? Mich,
Die ich so treu
So zärtlich treu dich liebe.
Dieß schneidet mir,
Denk' ich daran,
In's Herzchen tiefe Wunden.


Amor
Schweig', Schwätzerin!
Wie könnt' ich doch,
Du Liebe, dein vergessen!
Der Zärtlichkeiten,
Der Freundlichsten
Von allen meinen Tauben!
Komm, hüpfe schön
Auf meine Brust,
Komm, wölb' die seidnen Flügel
Und schnäble mich!
Zehn Küßchen! Ich
Geb' treu sie dir zurücke.


Taube
Geh, küsse nicht,
Du liebst mich nicht,
Du Kleiner hast gelogen!
Ich liebe dich,
Ich, Amor, ich
Bin dir nur treu gewogen.
Ach gerne trag'
Ich deinen Pfeil
Und deinen Silberbogen!
Doch einst wirst du
Vergessen mich,
Vergessen mich im Grabe.
O Kleiner, geh,
Kein Küßchen mehr!
Laß, laß mich lieber weinen.


Amor
Ha Lose du,
Versteckest du
Den Schnabel in den Flügel?
Gleich küsse mich,
Ich schlage dich,
Ich binde dir die Flügel.
Willst Amorn nur
Betrüben du,
Als liebt' er dich nicht immer?
Kennst gar zu wohl
Mein treues Herz,
Du lose kleine Taube!


Taube
O schlage nicht
Mich Jammernde,
Mein goldig krauser Amor!
Ey liebes Kind!
Mich peinigt's so
Im Wachen und im Schlummer.
Kein Blümchen sinkt,
Ich denk' daran,
Kein Tröpflein von der Lilje.
So sink' ich einst,
So fall' ich einst,
So lieg' ich einst vergessen.
Du schwingst dich hin
In alle Welt
Bis zu dem Göttersaale,
Fliegst fern und fern
Von Stern zu Stern,
Und ich lieg' tief im Thale.
Denkst nimmermehr
An mich, indeß
Mein armes Herzchen modert,
Dieß Herzchen treu,
Das dich nur faßt,
Dieß Herzchen, lieber Amor,
Vergessen ach!
Von dir ach! ach!
Du allerschönster Knabe.


Amor
Halt, Liebchen, ein,
Halt, Schätzchen, ein
Mit diesen Trauer-Klagen!
Halt,
Täubchen, ein,
Mein Herz zerschmilzt,
Ich kann's ja nicht ertragen.
Glaub's, nimmermehr
Und nimmermehr
Kann deiner ich vergessen,
Nicht Sonn' und Mond,
Nicht Jahr und Tag
Soll mir dein Bild verlöschen!
Und solltest du
Ach! solltest du
Erblassen einst, du Liebe!
Dann weint' ich laut,
Dann schluchzt' ich bang,
Dann wollt ich nicht mehr leben!
Im Myrthenhayn,
Wo Venus schläft,
Bey roth- und weißen Rosen
Begraben dich
Gar sanfteglich,
Ein Grabmahl dir erbauen,
Und Morgens dann
Und Abends dann
Bey deiner Urne weinen,
Und Veilchen süß
Und Liljen zart
Auf deinen Leichnam streuen
Zur Ehre dir,
Der Zärtlichsten
Und Treusten aller Tauben.


Taube
Du liebes Kind!
O liebster Schatz,
Den ich einst muß verlassen!
Ach! könnt' ich doch
Im Grabe noch
Dein holdes Antlitz schauen!
Ein' Andre trägt
Die Pfeile einst,
Mit Andern wirst du spielen.
Dieß Mündlein süß,
Die Wange zart,
Wird eine Andre küssen,
Wird sitzen hier
Auf deiner Brust,
Wo ich so gerne schlummre;
Schlägt freundlich dir
Die Flügel auf,
Scherzt auch mit deiner Locke,
Fliegt neben dir,
Wie ich gethan,
Küßt streichelnd dich - ach wehe!
Verzweifeln muß,
Ach denk' ich dran,
Ja, ja, ich muß verzweifeln.


Amor
Auf dieser Welt
Kein Täubchen mehr,
Bist du für mich verlohren!
Auf dieser Welt
Kein Schätzchen mehr,
Das schwör' ich bey den Sternen!
Solch' Treue gibt's
Auf Erden nicht,
Im Himmel nicht, als deine.
Solch Herzchen gibt's
Auf Erden nicht,
Im Himmel nicht, als deines.
Schön fass' ich's auf
In rothes Gold,
In köstlich Gold und Perlen,
Und trag' es stets
Auf dieser Brust,
Wo du so gerne schlummerst,
Damit ich, wo
Ich schweb' und bin,
Mög' alle Zeit gedenken
An dich, an dich,
Die Zärtlichste
Und Treuste aller Tauben!

So schwuren sie,
Und Amor drückt
Sein
Täubchen sanft und streichelt's.
Da girret's froh,
Da sinket ihm
Das Thränlein aus dem Auge.
Entzücket hüpft's
Auf Amors Brust
Und flügelt um den Knaben.
Noch steigen sie
In blauer Luft,
Es sieht sie Venus fliegen.
Erweicht wird sie,
Süß nicket sie
Unsterblichkeit dem
Täubchen.
_____



Johann Gaudenz von Salis-Seewis
(1762-1834)


Tändelei

Ich ward zum
Turteltäubchen
Im allerschönsten Traum;
Und saß bei meinem Weibchen,
Auf einem grünen Baum:
Zwar Liebchen that sehr spröde
Und schien vor mir zu fliehn;
Doch ich war nicht so blöde,
Als ich sonst, wachend, bin.

Ich gurrte meine Klagen
Und trippelt' um sie her;
Sie nickt' und schien zu sagen:
Begehre nur noch mehr!
Wir flogen girrend beide
Aufs nächste Halmendach:
Sie duckte sich: - O Freude!
Und ich - schnell ward ich wach.
_____



Adolf Schults
(1820-1858)


Taubenpost

Wenn ich doch zwei
Täubchen hätte,
Die für mich auf Reisen gingen,
Ei, wie sollten um die Wette
Lustig sie die Flügel schwingen.

Flattern sollten sie und schwirren,
Wenn sie vor Dein Haus gekommen,
Und vor Deinem Fenster girren,
Bis Du sie hereingenommen.

Und zwei Brieflein, feingefalten,
Goldgerändet, fein beschrieben,
Sollten sie im Schnabel halten,
Meldend, daß ich treu geblieben.

Waizenkörner, rund und golden,
Müßten dann das Paar erquicken;
Furchtlos sollten Dir die Holden
Aus der lieben Hand sie picken.

Und wenn sie gelabt die Speise,
Sollten sie die weißen Schwingen
Wieder regen zu der Reise,
Deine Antwort mir zu bringen.
_____



Joseph Christoph von Zedlitz
(1790-1862)


Der Bote

Auf ihres Schlosses Zinnen
Das holde Fräulein steht,
Durch ihren weißen Schleier
Die Abendkühle weht.

Sie hält in ihren Händen
Ein
Täubchen, und sie drückt
Es zärtlich an den Busen,
Und blickt es an entzückt!

Sie läßt das
Täubchen fliegen;
O, liebes Täubchen mein,
Du sollst hinüber schwingen
Dich über den blauen Rhein!

Sie folgt ihm mit den Augen,
So weit sie blicken kann,
Und über ihre Wange
Die warme Thräne rann!

Und wie der Ritter einsam
In seiner Zelle singt,
An seines Fensters Gitter
Wie Flügelschlag es klingt.

Er springt empor und schauet,
Die Taube flattert dort,
Ein Blatt in ihrem Schnabel
Mit der Geliebten Wort!

O Bote, treuer Bote!
Wie bist du mir so werth!
Du kommst an jedem Tage
Mit holder Post beschwert!

Du meine einz'ge Wonne,
Mein einz'ger Trost im Leid!
Sie, die Dich hat gesendet,
Sey ewig benedeit! –
_____



Vincenz Zusner
(1803-1874)


Wünsche

Wenn mein Herz ein
Täubchen wär',
Möcht' es Dir an's Fenster fliegen,
Sich in Deine Arme schmiegen,
Und sich schaukeln hin und her,
Wenn mein Herz ein
Täubchen wär'.

Wär' mein Herz ein Frühlingshauch,
Möcht' es Dir die Wangen kühlen,
Mit den weichen Locken spielen,
Und Dich manchmal küssen auch,
Wär' mein Herz ein Frühlingshauch.

Wär' mein Herz ein Wiesenquell,
Möcht' es Dir zum Spiegel dienen,
Und Dein Bild, das strahlte d'rinnen,
Wie im Leben, rein und hell,
Wär' mein Herz ein Wiesenquell.

Wär' mein Herz ein Flötenlaut,
Möcht' es Dir im Schlummer tönen,
Deine Träume zu verschönen,
Alle Nächte süß und traut,
Wär' mein Herz ein Flötenlaut.

Wär' mein Herz ein Sternenlicht,
Möcht' es Trost Dir niederleuchten,
Wenn Dein Aug' die Thränen feuchten,
Und der Gram die Hoffnung bricht,
Wär' mein Herz ein Sternenlicht.

Wär' mein Herz ein Leichenstein,
Möcht' es still zum Himmel ragen,
Und die Grabschrift würde sagen:
"Auch dort oben bleib' ich Dein!"
Wär' mein Herz ein Leichenstein.
_____



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