Cäcilie Zeller (1800-1876) - Liebesgedichte



Cäcilie Zeller
(1800-1876)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 

 



Stimmen der Liebe

Töne such' ich in der Tiefe,
Lausche in der eignen Brust;
Wenn das Wort der Liebe schliefe,
Weckt' ich's auf mit Kindeslust.

Alles Leben löst das Siegel,
Sprengt die Fessel, die es hält;
Sturm auch schlägt die mächt'gen Flügel,
Suchend um die Brust der Welt.

Sonne strömt ihr brennend Leben
In das Meer des Aethers aus,
Lerchenschwingen müssen schweben
Ins Unendliche hinaus.

Auch der siebenfarb'ge Bogen
Schmiegt sich liebend um das Licht,
Und verstehst du, was der Wogen
Sehnsuchtsvolles Rauschen spricht?

Auch der Blume zartes Leben
Gießt sich aus in Glanz und Duft,
Gibt sich ohne Widerstreben
Der geliebten Frühlingsluft.

Sturmesbrausen, Lerchentöne,
Blütenliebe, Frühlingshauch,
Das Gewaltige, das Schöne,
Alles spricht und ich nicht auch?

Und der Liebe sollt' ich wehren,
Der gewaltigen, das Wort?
Ihre tausend Stimmen hören
Mußt du dennoch fort und fort!

Laß sie ruhn in Deinem Herzen,
Wo sie selber sich verklärt,
Fürchte nicht des Kampfes Schmerzen,
Krone ist des Kampfes werth.

Laß sie walten, laß sie streben,
Sie ist mächtig wie der Tod,
Ewig, wie das ew'ge Leben,
Ist des Himmels Morgenroth.


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 3-4)
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Welle und Licht

Höre das sehnsüchtig lockende Rauschen,
Lausche der suchenden, schwellenden Flut!
Will mit dem Licht sich die Welle vertauschen?
Ach, in der Höhe da weilet das Licht,
- Wallendes Meer, du ersehnest es nicht!

Sieh', da umkränzt sich mit goldenen Strahlen
Lächelnd und liebend der glänzende Mond;
Still in der Tiefe sein Bildniß zu malen,
Küssen sie spielend die selige Braut,
Haben das Licht mit der Welle vertraut.

Ist nicht der Liebe die Sehnsucht gegeben?
Sie ist der Strahl aus dem himmlischen Stern;
Doch nur die Treue verleiht ihr das Leben,
Die das Entfernte verlangend begrüßt,
Auch das verlorne Geliebte umschließt.

Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 55)
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Das beste Bild

Wohne du in meinem Herzen,
Süßes, lichtes Friedensbild!
Andre Bilder bringen Schmerzen,
Die nur dieses eine stillt.

Nebel steigen aus der Erde
Und die Wolke birgt das Licht;
Weichet, daß es helle werde,
Trübt mir meinen Himmel nicht!

Aller Liebe ein'ge Quelle,
Aller Schönheit Morgenstern,
Halte, feßle meine Seele,
Laß sie keinem andern Herrn!

Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 78)
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Stiller Muth

Ich lieg' in deinen Friedenshänden,
Was zag' ich doch?
Was wahrhaft schlimm, das wirst du wenden,
Was frag' ich noch?

Ich lieg' in deinen Friedenshänden,
Da ruht sich's gut;
Die werden Alles selig enden,
Was wankt mein Muth?

Ich lieg' in deinen Friedenshänden,
Die führen's aus,
Und werden mir den Tröster senden
In Herz und Haus.

Einst tragen mich am seligen Ende
Gar hold und mild
Ins Heimatland die treuen Hände,
O süßes Bild!

So will ich mich denn stille fassen,
Ich bin ja dein!
Dich will ich ruhig walten lassen,
O bleib' nur mein!

Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 101-102)
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Alles nichtig!

Ofte möcht' ich gar nichts hören,
Gar nichts wissen und nichts sehn,
Möchte Alles von mir wehren,
Keinen Schritt von dannen gehn!

Möchte ganz in dich verhüllet,
Aller Welt verborgen sein,
Weil doch nichts, ach, nichts mich stillet,
Als nur du, nur du allein!

Ach wie menschlich, ach wie nichtig
Ist doch Alles um mich her!
Auch das Gute scheint oft flüchtig,
Als ob's auch von Erde wär'!

Und ich selber, ach, wie irre,
Wie zerstreut und wandelbar,
Bin mir selbst im Weltgewirre
Noch die drohendste Gefahr.

Du allein stehst ohne Wanken,
Wechselloser, heller Stern!
Meine irdischen Gedanken
Fassen's ofte nur von fern:

Wie in alle dem Bewegen
Du dich nicht bewegen läßt,
Wie dein Lieben ohne Regen
Unbezwinglich stark und fest,

Wie die eine tiefe Fülle
Immer, immer offen steht,
Ob auch mein verirrter Wille
Oft noch abwärts von ihr geht.

Nun so will ich Dich umfangen,
Unzerbrechlich fester Stab!
Will an dir alleine hangen,
Bis ich ew'gen Frieden hab'.

Will mich gänzlich niederlegen
In die eine Seligkeit,
Die sich nimmer läßt bewegen
In dem Wechsel aller Zeit.


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 103-104)
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Dir!

Dich liebt mein Herz
Mit Freud' und Schmerz,
Es weint vor Liebe oft.
Es kennt nur diese eine Lust,
Es schmiegt sich sanft an deine Brust,
Wie Epheu fest
Den Stamm nicht läßt,
Zerrissen sie ihn auch.

Zerreiß' ihn nicht!
Das Leben bricht,
Neigst du dich weg von ihm.
So weit am Morgen Strahlen glühn,
So weit am Abend Sterne ziehn,
Ach, auch ins Grab
Mit dir hinab
Will meine Seele gehn!


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 112)
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Frühlingsluft - am Morgen

Frühling, Odem der Liebe,
Wehest selig mich an!
Überströme mich,
Frühlingsduft!
Trinken möcht' ich dich,
Süße Luft!
Wie es wehet und waltet,
Wie sich's regt und entfaltet!
Wie die Schwingen sich heben
In dem blühenden Leben!

Wie aus der Morgenröthe der Thau
Perlend hernieder sich senkt,
Freundlich auf frischer, duftender Au'
Halmen und Blüten tränkt;
Schwebst du aus ew'gem Gefild,
Frühling, lieblich hernieder,
Zeigst uns himmlische Brüder
Lächelnd im irdischen Bild.


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 118)
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Gedankengruß

Liebende Gedanken schweben
Stille Engel um dich her,
In der Lieb' ist alles Leben,
Alles Andre lebensleer,
Liebende Gedanken
Sind wie zarte Ranken,
Die am Mittag kühl und mild
Dich mit Schatten sanft umhüllt.

Liebende Gedanken wehen
Mich wie stille Grüße an,
Daß ich ferne Augen sehen,
Ferne Liebe fühlen kann.
Lieb' ist wie die Sonne
Warme Lebenswonne,
Lieb' ist wie das süße Licht,
Das durch alle Schranken bricht!


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 124)
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Epheu

Der Epheu schlingt die Ranken
In Demuth liebend fest.
Und mag der Bau auch wanken,
Auch Trümmer er nicht läßt!
Und ob man's kaum will leiden,
Zerrissen sie ihn auch -
Er stürbe dran mit Freuden,
Treu bis zum letzten Hauch!
Du schlechtes Kraut, umschlinge
Nur treu den harten Stein,
Sollst arm auch und geringe
Ein Bild der Liebe sein!

Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 126)
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Liebe und Leid

1. Frage
Weißt du, wie Lieb' im Leiden,
Wie Leid in Liebe ist?
Wie kann die beiden scheiden,
Wer ihre Tiefen mißt?

Heiß brennt der Liebe Sehnen,
Thut tief im Herzen weh;
Noch heißer ihre Thränen,
Wo Sünd' in Lieb' ich seh'.

Ach Liebe, Lieb' und Friede
Wohnt nur in Himmelshöh';
Ich bin vor Heimweh müde
Nach Liebe ohne Weh'!


2. Antwort
In Einem hat die Liebe Leid getragen,
Drum darf die Liebe nie vor Leiden zagen;
In Einem war das Leiden Lieb' erfüllt,
Drum sich nun stets das Leid in Liebe stillt.
Was man auf Erden liebt,
Das leidet noch auf Erden;
Drum wird die Liebe hier
Nie frei von Leiden werden.
Der bittre Sündenstreit
Trübt nur, die himmlisch lieben;
Soll nun die Sünde nicht
Durch Liebe doppelt trüben?
Doch selig sind die Schmerzen und die Reue,
Die nie gereu'n, und selig ist die Treue,
Die leidend liebt und liebend willig leidet -
Bis einst der Herr von Liebe Leiden scheidet!

Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 155-156)
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Was gewiß ist

Erbarmen ist doch Alles, was er thut!
Er eilt zur Hülfe oder ruht,
Schweigt oder spricht,
Nimmt oder gibt:
Eins wissen wir - er liebt!


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Leipzig F. A. Brockhaus 1847 (S. 166)
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Ich will satt werden, wenn ich erwache
nach deinem Bilde
Ps. 17, 15

Nach Liebe durstet meine Seele;
O thu' mir einst die Thore auf,
Und laß mich eilen zu der Quelle
In heißer Sehnsucht Flug und Lauf!

O trügen mich schon tausend Flügel
Zum Glutenstrom der Liebe hin,
O schwänden schon der Erde Hügel
Dem neugebornen Liebessinn!


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Zweiter Theil
Leipzig F. A. Brockhaus 1848 (S. 88)
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Sehnsucht

Mächtig durch die engen Schranken
Menschlich sündiger Gedanken
Ohne Maß und ohne Ziel,
Ach, in Stimmen, ach, in Tönen
Möchte ofte überströmen
Das erglühende Gefühl!

Schwankend greift das heiße Streben
Weit ins vielbewegte Leben
Mit der Sehnsucht Blick hinaus,
Bald am heimatlichen Herde,
Bald am Himmel, auf der Erde
Forscht es sein Ersehntes aus.

Ohne Wählen, ohne Denken
Alles Leben zu versenken
In die tiefste Liebesflut:
Dieses Sehnen ist der Funken,
Den mein Geist aus Gott getrunken,
Aus des Himmels reiner Glut.

Aber tief gefall'n und trübe
Ist die wundersel'ge Liebe,
Die der Sünde Hauch befleckt.
Tief verirrt, hat ihr Verlangen
Selber sich im Wahn umfangen,
Hat der Zwietracht Keim geweckt.

Ach, nur eine, eine Stelle
Weiß ich nur, wo still und helle
Sie wie Thau sich niedersenkt,
Wo sie jung und neu geboren
Aus den heil'gen Tempelthoren
Ihre Schritte fröhlich lenkt.

Liebe hat ihr Himmelsleben
In des Todes Nacht gegeben,
Hat ihr Haupt am Kreuz geneigt.
Hörst du ihre Jubel singen?
Siehst du, wie mit Engelschwingen
Sie nun jauchzend aufwärts steigt?


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Zweiter Theil
Leipzig F. A. Brockhaus 1848 (S. 91-92)
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Er allein

Ich will in meinem Heiland ruhn
Und sonst Nichts weiter suchen;
Er ist mein einzig Eigenthum,
Mein süßer Trost im Leiden,
Die Freude meiner Freuden.

Wo findet meine Seele Ruh',
Als in dem Gottesherzen,
Das sich für uns verblutet hat?
Mein Herz wird bald recht stille,
Trinkt es aus seiner Fülle.

Was möcht' ich doch als dich, mein Herr,
Wohl sonst noch anders suchen?
Hast du doch auch in dieser Welt
Nichts weiter wollen finden
Als alle meine Sünden.

Der Himmel schmilzt in Feuersglut,
Der Erde Kleid veraltet;
Was ich auch denk' und was ich seh' -
Ganz und auf ewig meine
Bist du, mein Hort, alleine.

Wohl brennt das Kreuz die Seele wund,
Die Kräfte woll'n ermatten;
Dann weht von deinem Angesicht
Ein Geist der ew'gen Freude
Voll Trost und süßer Weide.

Holdselig ist der feste Bund
Der Brüderschaft in Christo;
Doch du, Herr, bist das Recht und Licht,
Das aus dem Schildlein blicket
Und meine Seel' erquicket.

Drum ruh' ich nun, mein Gott, in dir
Und suche nimmer weiter;
Mein ewig höchstes treues Gut,
Mein Schild und Helm im Leide,
Mein Stern und Kron' in Freude!


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Zweiter Theil
Leipzig F. A. Brockhaus 1848 (S. 100-101)
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Sehnsucht nach Licht

Geh' mir auf, du Licht des Lebens,
Geh' mir auf und glüh' mich an;
Keine Stimme ruft vergebens,
Antwort hört, wer rufen kann!
Weh' mich an, du strömende Flut
Einer unendlichen, ewigen Fülle;
Laß mich schaun die sonnige Glut
Frei von der Wolken schattiger Hülle!


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Zweiter Theil
Leipzig F. A. Brockhaus 1848 (S. 136)
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Liebe aus Gott

Liebe, die aus Gott geflossen,
Ach, wie süß bist du!
Wo sich deine Quell' ergossen,
Waltet sel'ge Ruh'.
Da ist lauter Kraft und Stille,
Freiheit, Trost und Licht,
Und man schauet ohne Hülle
Gottes Angesicht.

Liebe, dich hab' ich erkoren,
Die sich selbst nicht sucht,
Die auf Golgatha geboren
Segnet Den, der flucht;
Die des Hauptes theure Glieder
Wie sich selber liebt,
Auch das Leben für die Brüder,
O, mit Freuden gibt!

Deren Krone lieblich blühet,
Doch dem Blick verhüllt;
Einfalt, die sich selbst nicht siehet,
Ist ihr Schmuck und Schild.
Ew'ge Treue ist ihr Siegel,
Fried' in Freud' und Schmerz,
Ihrer Reinheit heil'ger Spiegel
Gottes eignes Herz.

Nach des Heilands holdem Bilde
Trägt sie Knechtsgestalt,
Wie ein Kindlein, zart und milde,
Doch in Siegsgewalt.
Tod und Leben überwindet
Ihre Ritterschaft,
Jeder Widerstand verschwindet
Ihrer Gotteskraft.

Wie des Hermons Thau am Morgen
Sich herniedersenkt
Und, dem Menschenblick verborgen,
Halm und Ceder tränkt:
Ist verborgen ihre Stärke,
Lieblich ihre Macht,
Licht und Leben ihre Werke,
Die Gott selbst vollbracht!


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Zweiter Theil
Leipzig F. A. Brockhaus 1848 (S. 156-157)
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Liebesruhe
Dir!

Ach, wie lieblich ist die ew'ge Liebe,
Überschwenglich tief und still!
Wer doch immer, immer stille bliebe
In der sel'gen Liebesfüll'!
Du, mein Leben, ach, wie süß
Ist der Liebe Paradies!

Droben, wie die lichten Morgensterne,
Wohnt die Lieb' in Himmelshöhn,
Taucht den Siegesstrahl in jede Ferne,
Kann im Dunkeln helle sehn.
Wie mein Sehnen dich umfängt,
Sich in deine Seele senkt!

Seit ich mich zu dir daheim gefunden
In dem ew'gen Liebesbund,
Ist auch Kampf und Unruh' überwunden
Und der Friede gibt sich kund.
Zieh' nur immer fern von mir -
Ewig bleib' ich doch bei dir!

Droben aus der ew'gen Lebensquelle
Nur ein Tropfen du und ich!
Nur ein Liebesfunke, eine Welle
Sind wir Beide seliglich!
Du "verschmolz'ne Seele", du,
Welche süße Heimatruh'!


Aus: Aus den Papieren einer Verborgenen
Zweiter Theil
Leipzig F. A. Brockhaus 1848 (S. 159-160)
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Biographie:

Cäcilie Zeller (geborene von Elsner; * 23. August 1800 in Halberstadt; † 24. März 1876 in Halle (Saale)) war eine deutsche Dichterin.

Zeller wurde als Tochter eines Generalleutnant in Halberstadt geboren. Nach dem frühen Tod ihres ersten Ehemanns, des badischen Geschäftsträgers von Meyern (oder Maiern) heiratete sie den Prediger Zeller in Stäfa bei Zürich. Nachdem auch dieser verstorben war, lebte sie bis zu ihrem Lebensende in Halle (Saale). In ihren Gedichten beschäftigte sie sich unter anderen auch mit den kirchenpolitischen Auseinandersetzungen ihrer Zeit. Viele ihrer Gedichte wurden vertont und werden auch heute noch in vielen Kirchengemeinden gesungen.

aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Cäcilie_Zeller

 


 

 


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