Hans Aßmann Freiherr von Abschatz (1646-1699) - Liebesgedichte

 

 


Hans Aßmann Freiherr von Abschatz
(1646-1699)

 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 

Als neulich Celadon
Bey Amaranthens Wangen
Getreuer Liebe Lohn
Durch manchen Kuß empfangen /
Zog die verliebte Seele
Aus ihres Leibes Höle.

Sie zog dem Munde zu
Der ihren Mund berührte /
Zur Wallstatt seiner Ruh
Sein treues Herze führte /
Es in ihr Herz versenckte
Und ihr zu eigen schenckte.

Ach / sprach er / voller Lust /
Seht die Rubinen-Schalen
Voll süsser Nectar-Kost /
Voll Arztney meiner Qualen!
Wer wolte vor die Freuden
Nicht willig Mangel leiden?

Ach / wenn man giebt und nimmt /
Versagt und willig giebet /
Wenn uns entgegen kümmt
Das Mündgen / das man liebet /
Und Herz an Herze drücket /
Wie wird der Geist entzücket!

Stärckt der Corallen Zier
Die Ohnmachts-vollen Herzen /
Ich wehle mir dafür
Zum Labsal meiner Schmerzen
Die rothen Zucker-Klippen
Die Balsam-reichen Lippen.

Laßt Bienen auff den Klee
Nach süsser Nahrung fliegen!
Hier quillet eine See
Voll Anmutt und Vergnügen.
Drum laß ich mir vor allen
Den süssen Mund gefallen.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 286-287)
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Die Küsse

Cupido raubt einmahl den Bienen ihren Safft /
Und ward dabey verlezt. Er trug voll Zorn und Rache
Den angenehmen Raub auff meiner Fillis Mund /
Sprach: Daß die Welt niemahls vergesse dieser Sache /
So schmecke / wer dich küßt / des Honigs süsse Krafft /
Und werde / gleich wie ich / doch an dem Herzen / wund!
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 285)
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Ach!

Du fragst / was sagen will diß Ach!
Das ich bey deiner Ankunfft sprach?
Es sprach: Ach! seht die holden Wangen /
Seht die beliebte Fillis an;
Da kommt auff Rosen-voller Bahn
Mein Tod / mein süsser Tod / gegangen.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 249)
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Die Kuß-Scheue

Du stellest dich so wilde
Wenn ich dich küssen will:
Wilt du dich nennen milde /
So weigre dich nicht viel.

Allmosen bald empfangen
Ist einstens noch so lieb /
Als was man muß erlangen
Durch langen Bittens Trieb.

Verziehestu zu geben /
Was du doch loß wilt seyn?
Ich wills mit Wucher heben
Und doppelt bringen ein.

Du würdest meiner spotten
Ließ ich dich gehn vorbey /
Und sagen / daß zum Gutten
Ich viel zu furchtsam sey.

Drum Cloris laß dich küssen;
Und soltest du zum Schein
Dich widersetzen müssen:
Es muß geküsset seyn.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 254)
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Ich leb ohne Ruh im Herzen /
Von der Zeit /
Da zwey schöner Augen Kerzen
Mich versezt in Traurigkeit /
Von der Zeit
Leb ich stets in Schmerzen /
Fühle keine Ruh im Herzen.
Keine Lust war mir zu nütze
Von der Zeit /
Da der kleine Venus-Schütze
Seel und Herze mir bestreit /
Von der Zeit
Leb ich stets in Schmerzen /
Fühle keine Ruh im Herzen.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 279)
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Könte man für Liebe sterben / wär ich längstens kalt und todt /
Solte sie ein Feuer heissen / wär ich längstens Asch und Koth:
Doch ist sie kein Tod zu nennen / woher fühl ich solche Schmerzen?
Und ist sie kein brennend Feuer / was kocht so in meinem Herzen?
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 255)
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Laß dir die süssen Schmerzen
Der Liebe bringen bey.
Dir steht von tausend Herzen
Die Wahl zu nehmen frey:
Laß dir die süssen Schmerzen
Der Liebe bringen bey.

Weil noch die Jahre blühen
So hege Lieb und Glutt.
Die leichten Stunden fliehen /
Das Alter schwächt den Mutt:
Weil noch die Jahre blühen
So hege Lieb und Glutt.

Wiltu vor klug bestehen /
So brauche dich der Zeit.
Wie bald pflegt zu vergehen
Des Lenzens Fröligkeit!
Wiltu vor klug bestehen /
So brauche dich der Zeit.

Geniesse deiner Gaben /
Weil sie im Ruffe seyn:
Der Rosen Zier will haben /
Daß man sie sammlet ein:
Geniesse deiner Gaben /
Weil sie im Ruffe seyn.

Bey vielen Gunst verspühren
Ist nicht genung für dich:
Zitherens Rechte führen
Noch mehre Lust mit sich:
Bey vielen Gunst verspühren
Ist nicht genung für dich.

Das / dem man Liebe träget /
Muß weisen gleiche Gunst:
Wer selbst nicht Flammen heget:
Hat nichts von fremder Brunst:
Das / dem man Liebe träget /
Muß weisen gleiche Gunst.

Wilt du in Freuden leben /
So liebe / was dich liebt:
Ein Herz ums andre geben
Ists / was Vergnügen giebt:
Wilt du in Freuden leben /
So liebe / was dich liebt.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 304-305)
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Mein Bette / glaub ich / ist mit Disteln überstreuet /
Das weichste Küssen wird für mich ein harter Stein.
Mein Leib / der weder Stroh noch Erde vor gescheuet /
Klagt sich in Federn noch / will nimmer ruhig seyn /
Wirfft sich die ganze Nacht mit Seuffzen hin und wieder /
Kein Schlaff erquickt / wie sonst / die abgematten Glieder.
Es ist schon Mitternacht; die Augen stehen offen /
Haubt / Leib und Herze weiß von keiner Ruhe nicht.
Komm / Phöbus / komm herfür / laß mich nicht länger ruffen/
Steck an dem Himmel auff dein angenehmes Licht.
Doch aber hoff ich auch umsonst auff dich / o Sonne /
Wenn ich nicht sehen kan Lisillen meine Wonne.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 269)
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Mit was vor Süßigkeit / o zarter Mund /
Beküß ich den Rubinen-Grund!
Mit was vor Süßigkeit hör ich die Lippen sprechen /
Die voller Honig-Worte seyn!
Ach aber / schöpff ich ein Vergnügen ein /
So muß ich unterdeß des andern mich entbrechen.

Dein Himmels-Geist belebt der Worte Fluß /
Der Seelen Seele deinen Kuß.
Wie soll ich mich der Wahl / der schweren Wahl entbrechen?
Ach / könte doch dein edler Mund /
Dem so viel Gunst der Himmel hat vergunnt /
Mit Reden küssen / und mit Küssen sprechen!
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 285-286)
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O wie glücklich / wer nicht liebet /
Wer nicht fühlt in seinem Herzen
Heisse Schmerzen
Von dem Triebe
Blinder Liebe /
Der die Welt sich untergiebet.
O wie glücklich / wer nicht liebet!
Den kein falscher Blick betrübet /
Dem das Zürnen und Liebkosen
Zweyer Rosen
Ohne Sehnen
Ohne Thränen
Weder Furcht noch Freude giebet,
O wie glücklich / wer nicht liebet!
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 311-312)
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Die Sieben Wochen

Sieben Wochen sind nun hin /
Seit ich / Cloris / von dir bin;
Sieben Monat / sieben Jahre
Bin ich naher meiner Bahre /
Weil ich / liebste Schäfferin /
Sieben Wochen von dir bin.

Schiffbruch leyd ich in dem Port /
Weil der Hoffnung Ancker fort /
Wenn gleich linde Westen spielen /
Muß ich Sturm und Nord-Wind fühlen /
Weil ich / liebste Schäfferin /
Von dir abgesondert bin.

Wie muß Licht und Sonnenschein
Finsterniß und Schatten seyn /
Weil die hellen Augen-Sternen
Deiner Augen sich entfernen /
Und ich / liebste Schäfferin /
Von dir abgesondert bin.

Aus dem Tage wird mir Nacht /
Aus der Nacht ein Tag gemacht /
Denn ich mich bey Nacht und Tage
Mit Verdruß und Wachen plage /
Seit ich / liebste Schäfferin /
Von dir abgesondert bin.

Die betrübte Seele denckt /
Jede Stunde sey verlängt /
Phöbus lasse seinen Wagen
Später um die Erde tragen
Seit ich / liebste Schäfferin /
Von dir abgesondert bin.

Da / wo ich nicht finde dich /
Kan sonst nichts ergötzen mich /
Wo viel andre freudig scherzen /
Da vermehr ich meine Schmerzen /
Weil ich / liebste Schäfferin /
Von dir abgesondert bin.

Mein Vergnügen / meine Freud /
Ist allein die Einsamkeit /
Da ich dir durch Amors Hände
Tausend Küß' und Seuffzer sende /
Die ich dir / o Schäfferin /
Biß zum Grabe schuldig bin.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 291-292)
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Die doppelten Sieben Wochen

Sieben Wochen sind nun hin /
Seit ich / Cloris / von dir bin /
Und noch einmahl sieben Wochen
Hat sich Sonn und Mond verkrochen /
Seit ich / liebste Schäfferin /
Von dir abgeschieden bin.

Ich bin nimmer ähnlich mir /
Seit ich / Cloris / bin von dir:
Meine vormahls rothe Wangen
Hält des Todes Farb' umfangen /
Und der Lippen Glanz stirbt hin
Seit ich / Cloris / von dir bin.

Meiner tuncklen Augen Licht
Siehet seine Sonne nicht /
Ist in trüber Nächte Schatten
Bey dem Tage selbst gerathen /
Bringet sich mit Weinen hin /
Weil ich / Cloris / von dir bin.

Thränen sind die bittre Kost /
Klagen nähret meine Brust /
Ist bey der verhaßten Reise
Meiner krancken Sinnen Speise
Seit ich / liebste Schäfferin /
Von dir abgesondert bin.

Wenn die frühe Sonn auffsteht
Und aus Thetis Armen geht /
Siehet sie mich meine Plagen
Der erwachten Erde klagen.
Weil ich / liebste Schäfferin /
Von dir abgesondert bin.

Wenn Apollo sich verkricht /
Weichen meine Schmerzen nicht:
Auff den Dornen weicher Bette
Wach ich mit der Nacht die Wette /
Denck ohn Unterlaß dahin
Wo ich war und nimmer bin.

Sieben und noch sieben mahl
Mehrt sich täglich meine Qual /
Welche / wo ichs kan erleben /
Mir nicht eher Frist wird geben
Biß ich / liebste Schäfferin /
Einsten wieder bey dir bin.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 292-293)
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Wohl dem / der nicht vonnöthen hat
Gesunde Kost zu nehmen ein /
Dem an der herben Pillen statt
Gelinde Zucker-Körner seyn /
Dem der beliebte Reben-Safft
Vor süssen Julep giebet Krafft.

Es schmeckte nächst Clorellens Mund
Aus ohngefähr geschöpffter Lust /
Was krancke Leute macht gesund.
Wie schlecht bekam ihr diese Kost.
Was andern Krafft und Stärcke bracht /
Das hatte sie bald schwach gemacht.

Doch geht es dir nicht so allein /
Clorelle / meine süsse Zier:
Ich muß auch so gestraffet seyn /
Und leide gleiche Pein mit dir:
Dein Blick / der andre laben kan /
Hat meinem Herzen weh gethan.

Der süsse Vorschmack deiner Gunst
Erreget mir den kalten Brand;
Hier hilfft mir keines Arztes Kunst /
Mein Wohlseyn steht in deiner Hand /
Eh ich kan deinen Zucker-Mund
Beküssen / werd ich nicht gesund.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 280-281)
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Der berechtigte Kuß

Wohnet nicht auff deinen Lippen / meine Freude / mein Vergnügen /
Meine Seele / meine Wonne / ja mein Leben / meine Ruh?
Warum soll ich nicht das Meine / wo ichs finde / wieder kriegen?
Alle Recht und Richter sprechen jedem ja das Seine zu.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 316)
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Liebe und Gegen-Liebe

Worzu dient so süsses Blicken /
Wenn du bist in nichts verliebt?
Ists / daß unser Seuffzer-schicken
Cloris dir Vergnügen giebt?

Zwar offt heist das Herze geben
Sich begeben seiner Ruh /
Doch wer immer frey will leben /
Bringt sein Leben übel zu.

Schönheit mit Verstand vermählet
Trifft offt schlechte Gleichheit an:
Manch getreues Herz erwehlet
Was nicht Farbe halten kan:

Fremde Qual heist Achtung geben
Was für eine Wahl man thu;
Doch / wer unverliebt will leben
Bringt sein Leben übel zu.

Liebe Cloris / lieb in Zeiten /
Liebe was dich wieder liebt /
Was dir / ohne Widerstreiten /
Sein getreues Herze giebt.

Lieb' und Gegen-Liebe geben
Süsse Lust und stille Ruh /
Wer von Liebe frey will leben
Bringt sein Leben übel zu.
(aus: Anemons und Adonis Blumen S. 253)
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Alle Gedichte aus: Herrn Hannß Aßmanns Freyherrn von Abschatz Poetische Übersetzungen und Gedichte.
Mit Königl. Poln. und Chur-Sächs. Privilegio
Leipzig und Breßlau bey Christian Bauch / Buchhändl.
Anno M DCC IV (1704)


 

siehe auch Teil 2

 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Aßmann_Freiherr_von_Abschatz



 

 


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