Alexis Adolphi (1815-1874) - Liebesgedichte

Alexis Adolphi



Alexis Adolphi
(1815-1874)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 


 



Die Liebe wacht

In dunkler Nacht
Bin ich der Jugend Pfade einst gegangen;
Irrlichter viel umhüpften und umschlangen
Mit wirrem Spiel des Thales glatten Steg,
Und keine Leuchte schien auf meinen Weg.
Da schlug in's Herz durch irre Einsamkeiten
Der Rettungsruf mir wie aus Himmelsweiten:
In dunkler Nacht
Die Liebe wacht!

In dunkler Nacht
Ist mir der Ernst des Mannes dann gekommen;
Doch zur Gefährtin hatt' ich sie genommen,
Die meinem Leben war der milde Stern.
Nun zog ich mutig auch in schwanke Fern',
Ich wußte ja, daß mir ein Trost beschieden,
Daß in der Heimat süßgeschloss'nem Frieden
In dunkler Nacht
Die Liebe wacht!

In dunkler Nacht
Hab' ich sie jetzt in's dunkle Grab gebettet.
Was hab' ich nun für's Leben mir gerettet?
Mein Stern erlosch - giebt's keine Leuchte mehr?
Aus Himmelsweiten wieder hoch und hehr
Ruft Trost und Rettung da die ew'ge Gnade:
Sind noch so einsam finster Deine Pfade,
In dunkler Nacht
Die Liebe wacht!


Aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887 (S. 1-2)

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Meeresstille

Wie mich erfaßt mit heil'ger Macht
Meeresstille in dunkler Nacht!
Leiser und leiser gehen die Wellen,
Einzelne Sterne den Himmel erhellen;
Ungefährdet vom Felsenriff,
Ziehen wir sicher auf schwankem Schiff.

Woher die Stille? woher der Friede? -
Das Meer und das Herz sind sturmesmüde!
Sie haben beide gekämpft und gelitten,
Und Wogendrang und Schmerz erlitten;
Bis endlich die Hand voll Lieb' und Macht
Sie beide, beide zur Ruh' gebracht.


Aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887 (S. 2)

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Liebeswünsche

Mein Lieb, bin ich ein See fürwahr,
Groß, tief und sturmgehügelt:
Sei Du die Sonne, die sich klar
Auf stiller Flut ihm spiegelt!

Bin ich die Muschel, die da ruht,
Vom Meerschlamm trüb umfeuchtet:
Sei Du der Perle reine Glut,
Die ihr im Herzen leuchtet!

Bin ich die dunkle Wetternacht,
Wo dumpfer Donner dröhnet:
Sei Du des Regensbogens Pracht,
Der friedlich sie versöhnet!

Bin ich ein Schifflein fern im Meer,
Fast in ein Nichts verschwommen:
Laß Du als Sternbild licht und hehr
Zum Hafen heim mich kommen!


Aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887 (S. 2-3)

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Ein Traum

Einmal noch im Abendstrahle
Wollt' ich auf dem Berge stehn,
Einmal noch zum grünen Thale
Meinem Lieb entgegensehn.

Ha, wie ich sie da erblickte!
Wie sie leis und linde kam,
Weinend an das Herz mich drückte
Und auf ewig Abschied nahm! -

Aus dem Schlaf hat mich gerissen,
Herz, dein Klopfen wild und schwer:
Naß von Thränen war mein Kissen,
Tiefe Nacht lag um mich her ...

Aus: Das Baltische Dichterbuch
Eine Auswahl deutscher Dichtungen
aus den Baltischen Provinzen Rußlands
mit einer litterarhistorischen Einleitung
und biographisch-kritischen Studien
herausgegeben von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß
Zweite durchgesehene und bearbeitete Auflage
Reval 1895 Verlag von Franz Kluge (S. 165)

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Im reichen Erdenschooße

Im reichen Erdenschooße
Ruht still das Gold,
Lautlos in Meerestiefe
Die Perle hold.

Himmlische Sterne schweigen
In Ewigkeit -
Verstummet meine Lieder
In Seligkeit.


Aus: Das Baltische Dichterbuch
Eine Auswahl deutscher Dichtungen
aus den Baltischen Provinzen Rußlands
mit einer litterarhistorischen Einleitung
und biographisch-kritischen Studien
herausgegeben von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß
Zweite durchgesehene und bearbeitete Auflage
Reval 1895 Verlag von Franz Kluge (S. 166)

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Ich reite

Ich reite durch des Waldes Graus,
Rings öde, dunkle Nacht!
Es streicht mein Roß wie Flammen aus,
Vom Sporne wild gemacht.

Das wilde Roß, das ist mein Herz,
Der Sporn die Liebe heiß;
Es ist die Welt voll Nacht und Schmerz
Des Waldes öder Kreis.

Tritt in den Weg mir, Lichtgestalt,
Du junges Morgenroth!
Fall' ein mir in die Zügel bald,
Sonst rennt mein Roß sich todt!

Aus: Das Baltische Dichterbuch
Eine Auswahl deutscher Dichtungen
aus den Baltischen Provinzen Rußlands
mit einer litterarhistorischen Einleitung
und biographisch-kritischen Studien
herausgegeben von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß
Zweite durchgesehene und bearbeitete Auflage
Reval 1895 Verlag von Franz Kluge (S. 166)

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Wo ein blaues Flämmchen spielt

Wo ein blaues Flämmchen spielt
Nächtlich über'm Grund,
Thut es den verborg'nen Schatz
In der Tiefe kund.

Blaue Flamme licht und rein
Dir im Auge lebt:
Glücklich, wer den tiefen Schatz
Deiner Liebe hebt.


Aus: Das Baltische Dichterbuch
Eine Auswahl deutscher Dichtungen
aus den Baltischen Provinzen Rußlands
mit einer litterarhistorischen Einleitung
und biographisch-kritischen Studien
herausgegeben von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß
Zweite durchgesehene und bearbeitete Auflage
Reval 1895 Verlag von Franz Kluge (S. 166)

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Liebesleben

Mein Lieb, bin ich ein See fürwahr,
Groß, tief und sturmgehügelt:
Sei du die Sonne, die sich klar
Auf stiller Fluth ihm spiegelt!

Bin ich die Muschel, die da ruht,
Vom Meerschlamm trüb umfeuchtet:
Sei du der Perle reine Gluth,
Die ihr im Herzen leuchtet!

Bin ich die dunkle Wetternacht,
Wo dumpfer Donner dröhnet:
Sei du des Regenbogens Pracht,
Der friedlich sie versöhnet!

Bin ich ein Schifflein fern im Meer,
Fast in ein Nichts verschwommen:
Laß du als Sternbild licht und hehr
Zum Hafen heim mich kommen!

Aus: Das Baltische Dichterbuch
Eine Auswahl deutscher Dichtungen
aus den Baltischen Provinzen Rußlands
mit einer litterarhistorischen Einleitung
und biographisch-kritischen Studien
herausgegeben von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß
Zweite durchgesehene und bearbeitete Auflage
Reval 1895 Verlag von Franz Kluge (S. 167)

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Das erste Veilchen duftig

Das erste Veilchen duftig,
So fromm und frühlingsrein,
Wollt' länger leben und siehe!
Dein Auge muß es sein.

Des Sommers glühende Rose
Wollt' auch nicht sterben bald;
Nun lebt sie auf Deiner Wange,
Von Anmuth hold umwallt.

Die Kirsche fiel im Herbste
In süßer Purpurgluth,
Auf Deiner schwellenden Lippe
Sie nun so selig ruht.

Dich sah  ein Stern am Himmel,
In Liebe zog er aus;
Er fand in Deiner Seele
Wieder sein Heimathhaus.


Aus: Das Baltische Dichterbuch
Eine Auswahl deutscher Dichtungen
aus den Baltischen Provinzen Rußlands
mit einer litterarhistorischen Einleitung
und biographisch-kritischen Studien
herausgegeben von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß
Zweite durchgesehene und bearbeitete Auflage
Reval 1895 Verlag von Franz Kluge (S. 167)

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Das Wölkchen

Ein lichtes Wölkchen schaut' ich mal,
Beglänzt vom Abendsonnenstrahl;
Da fiel der Wunsch mir immer ein:
Dies lichte Wölkchen möcht' ich sein!

Des Wölkchens Sonne wärst dann Du,
Und leuchtetest mir liebend zu;
Ich folgte immer Deinem Lauf,
Ging' mit Dir unter, mit Dir auf.

Doch wenn des Himmels helles Blau
Umhüllt von Sturm und Wettergrau,
Und Deines lieben Bildes Licht
Dem armen Wölkchen dann gebricht;

Dann löst' ich mich in Thränendrang,
Und weinte traurig, weinte bang,
Und strömt' als Regen leis' herab,
Und fänd' in kühler Erd' mein Grab.

Und sänk' ich so zur Gruft hinein,
Träf' mich wohl noch Dein letzter Schein:
Dann stieg' aus meinem Erdenlauf
Der Hoffnung lichter Bogen auf.


Aus: Literarisches Taschenbuch der Deutschen in Russland
Herausgegeben von Jegor von Sivers
Riga Verlag von N. Kymmel 1858 (S. 177)

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Der Fischer

"O, gieb mir doch ein Räthsel auf!"
So bat mich jüngst ein Mädchen.
Ich wartete gerade d'rauf,
Und spann ihr dieses Fädchen:

"Es stand ein Stern in ferner Höh',
Und glänzte freundlich Allen;
Der ist in einen blauen See
Einmal hinabgefallen.

Am feuchten Ort gefiel's ihm gut,
Sich trennen konnt' er nimmer;
Und lieblich strahlt aus blauer Fluth
Des Sternleins holder Schimmer.

Da kam ein Fischer jung und fein
Zum Strande hingesprungen,
Dem ist des Sternes Wunderschein
Gar tief in's Herz gedrungen.

Und schnell warf er die Angel aus:
Dich Sternlein muß ich fangen!
Doch ach, er zog sie leer heraus,
Das Sternlein blieb nicht hangen.

So saß er denn bei Tag und Nacht,
Quält' sich manch' liebe Stunde,
Und zum Verzweifeln ruhig lacht
Das Bild auf blauem Grunde.

Und wie nun Mond auf Mond entflieht,
Das Sternlein nicht gefangen,
Ward er des Angelns endlich müd',
Und - ist nach Haus gegangen. -"

Ich schwieg; - das Mädchen sah mich an,
Und sprach mit losem Lachen:
"Du wirst es doch, mein junger Mann,
Nicht wie der Fischer machen?

Denn wer aus blauem Augensee
Der Liebe Stern will bringen,
Der nicht so schnell nach Hause geh'
Vielleicht - wird's doch gelingen!"

Ich hatt' den Hut schon in der Hand,
Wollt' eben leis entwischen;
Ach Gott! nun blieb' ich wie gebannt,
Und - muß noch immer fischen!

Aus: Literarisches Taschenbuch der Deutschen in Russland
Herausgegeben von Jegor von Sivers
Riga Verlag von N. Kymmel 1858 (S. 178-179)

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Zum Hafen

Mein Lieb, bin ich ein See fürwahr,
Groß, tief und sturmgehügelt,
Sei Du die Sonne, die sich klar
Auf stiller Fluth ihm spiegelt.

Bin ich die Muschel, die da ruht
Vom Meerschlamm trüb umfeuchtet,
Sei Du der Perle reine Gluth,
Die ihr im Herzen leuchtet.

Bin ich die dunkle Wetternacht,
Wo dumpfer Donner dröhnet,
Sei Du des Regenbogens Pracht,
Der friedlich sie versöhnet.

Bin ich ein ferner Punkt im Meer,
Der fast in's Nichts verschwommen,
Laß' Du als Sternbild, licht und hehr,
Zum Hafen heim mich kommen.

Aus: Literarisches Taschenbuch der Deutschen in Russland
Herausgegeben von Jegor von Sivers
Riga Verlag von N. Kymmel 1858 (S. 184)

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Nachtgruß

Dunkel stand ich und allein
In des Lebens Wildniß,
Da als Sonne brach herein
Mir Dein liebes Bildniß.

Köstlich ist's, wenn Herzen ganz
Sich in Lieb' umflechten;
Du bist jetzt mein Frühlingsglanz
In den Winternächten.

Wünsch' drum, daß dies kleine Lied
Dir im Herzen bliebe,
Das aus meiner Seele zieht
Als ein Gruß der Liebe.

Aus: Literarisches Taschenbuch der Deutschen in Russland
Herausgegeben von Jegor von Sivers
Riga Verlag von N. Kymmel 1858 (S. 184-185)

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Frühling, duftig und schön ...

Frühling, duftig und schön,
Leuchtete über den Höh'n,
Da in schwellendem Moose
Ward geboren die Rose.

Sommer in strahlender Glut
Trieb zum Herzen das Blut;
Mit wie süßem Gekose
Liebte ich da meine Rose!

Bald zu kühl für den Duft
Wurde die irdische Luft;
Herbstessturm und Gekose
Welkten entblätternd die Rose.

Winter, wie bist du nun kalt!
Herz, wie traurig und alt!
Längst in dürrem Moose
Ich begrub meine Rose.


Aus: Dichterstimmen aus Baltischen Landen
Herausgegeben von Eugen Richter
Leipzig August Neumanns Verlag 1885 (S. 1)

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Ruhelos

Vom Morgen zum Abend, vom Tag bis zur Nacht,
Ich habe an eines, an Dich nur gedacht.
Gedanken sind müde, das Auge fällt zu:
Nun gönne, o Liebe, im Schlummer mir Ruh'!

Vom Westen gen Osten, von Süden nach Nord,
Dich suchend, ich wanderte ruhelos fort.
Der Stab ist gebrochen, mein Herz wohl dazu:
Wann gönnst Du, o Liebe, im Grabe mir Ruh'?

Aus: Dichterstimmen aus Baltischen Landen
Herausgegeben von Eugen Richter
Leipzig August Neumanns Verlag 1885 (S. 4)

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O stirb noch nicht!

O stirb noch nicht, Du meine treue Liebe,
Der ich von je die Seele ganz geweiht!
Damit ein Engel noch der Erde bliebe,
Der Blumen mir in manche Dornen streut;
Verlisch mir nicht, Du meines Lebens Licht!
O stirb noch nicht!

O stirb noch nicht, o Du mein fester Glaube:
Daß Einer bleibt, wenn Alles wankt und fällt!
Ich fiele bald dem Lebenssturm zum Raube
Wenn dieser Anker mir im Meer zerschellt;
Du Glaubensstern, auf den den Blick ich richt',
O stirb noch nicht!

O stirb noch nicht, o Du mein stilles Hoffen,
Daß einst das Ziel dem müden Waller blinkt!
O laß den Blick auf jene Ruhstatt offen,
Wo aller Schmerzen Druck und Bande sinkt;
Du letzter Strahl, der durch das Dunkel bricht,
O stirb noch nicht!

O stirb noch nicht! - Sieh, es will Abend werden,
Mein Herz, das Glaub' und Lieb' und Hoffen eint,
Mein Herz, bleib' noch im Dunkel dieser Erden,
Es jauchzt zuletzt, was lange hat geweint!
Bleib' stark, mein Herz, noch ist's zu Ende nicht!
O stirb noch nicht!

Aus: Dichterstimmen aus Baltischen Landen
Herausgegeben von Eugen Richter
Leipzig August Neumanns Verlag 1885 (S. 10-11)

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Biographie:

Alexis Adolphi, am 13. / 29. August 1815 auf dem Gute Tiegnitz in Livland geboren, besuchte das Gymnasium zu Dorpat, sodann die dortige Hochschule, die er 1840 als "Arzt erster Classe cum elogio" verließ. 1841 unternahm er eine Reise durch Deutschland, Oesterreich, Baiern, die Schweiz nach Italien und wurde auf der Rückreise in Berlin von seinem Landsmanne Baron Roman Budberg in den von M. G. Saphir gegründeten Dichterverein "Tunnel" eingeführt. Im März 1842 kehrte er in die Heimath zurück, im Herbst desselben Jahres wurde er Kirchspielarzt auf dem Gute Groß-Roob bei Wenden und siedelte dann nach Wenden über. Er vermählte sich 1847, verlor die Gattin aber schon 1855 durch den Tod. Drei Jahre später führte er die Schwester der Verstorbenen als zweite Gemahlin heim. Auf einer 1860 unternommenen Reise durch Deutschland lernte er in München Emanuel Geibel kennen, der sich über Adolphis handschriftliche Gedichte anerkennend äußerte und sie ihm mit einer poetischen Widmung später zurücksandte. Aus Gesundheitsrücksichten mußte er wiederholt das Bad Reichenhall besuchen. Er starb in Wenden am 17. / 29. April 1874.
Einer der beliebtesten Dichter seiner Heimath. Dieselben Eigenschaften, die Geibel's Lyrik in so weite Kreise trugen, finden sich auch bei Adolphi, wenn auch in geringerem Grade. Man darf ihn darum aber doch nicht schlechthin einen Nachtreter Geibel's nennen. Anlehnungen an diesen sind ja nicht zu verkennen, trotzdem besteht zwischen Beiden eine gewisse angeborene geistige Verwandtschaft. Jener weiche, milde Ton, der sich bei Geibel so leicht in die Herzen schmeichelt, die einfachen Empfindungen und klaren Gedanken, die Niemandem Räthsel aufgeben und auch ohne sonderlich kräftiges Mitschaffen seitens des Lesers verständlich sind, bedingen wesentlich auch Adolphis Erfolge, an welchen freilich auch Erinnerungen an beliebte ältere Dichtungen, kurz, "die Sprache, die für uns dichtet und denkt", ihren Antheil haben. Ist Adolphi somit auch kein starkes, ureigenartiges Talent, so verfügt er doch über Eigenschaften, welche ihn zu einer außerordentlich sympathischen Erscheinung machen.
Aus allen Gedichten strahlt uns ein warmes und reines, treues und frommes Gemüth entgegen, hingebungsvolle Heimathliebe, lautere Gesinnung und ein gesunder, kernhafter Geist. Seinen Balladen und Romanzen hat er vorwiegend heimathliche Stoffe zu Grunde gelegt.
Adolphi ist auch als Dichter eine ganze und abgeschlossene Individualität, keines jener zerrissenen Zwitterwesen, wie sie die Uebergangszeit des fin de siècle so vielfach auch auf litterarischem Gebiet emporschießen läßt.
Verf.: Gedichte (Riga, 1862, 2. Aufl. 1873).
Nach seinem Tode erschien sein: Poetischer Nachlaß (Riga, 1877).

Aus: Das Baltische Dichterbuch Eine Auswahl deutscher Dichtungen
aus den Baltischen Provinzen Rußlands mit einer litterarhistorischen Einleitung
und biographisch-kritischen Studien herausgegeben von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß
Zweite durchgesehene und bearbeitete Auflage
Reval 1895 Verlag von Franz Kluge (S. 387-388)


 

 

 


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