Arabische Dichter

Aus der Literaturgeschichte der Araber

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1850-56)



Ebu Dschafer Ibn Said
(etwa 1130-1163)


Ein schlankes Reh gab uns den Wein umher


Er sagte auf einen Negerjungen aus dem Stegreife:

Ein schlankes Reh gab uns den Wein umher,
Mit aufgelöstem Haar, wie Ambra von Schiher,

Und seine Schönheit ward durch die des Weines mehr,
Wie Finsterniss der Nacht erhellt durch Sternenheer.

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Auf denselben in einem weissen Kleide:

Von Ebenholz ein Ast,
In Elfenbein gefasst,

Das Gläschen zu Gebot,
Ist reines Morgenroth.

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Für mich ist dein Gesicht
Der wahren Leitung Licht;

Ich brauche Leuchte nicht,
Dass ich nach ihr mich richt'.

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Den Schlitz zerriss ich mir aus Wiedersehens Freude,
Zerrissen hatte mir das Herz Abwesenheit,

Hier, sagte ich, ist nicht der Ort den Schlitz zu spalten,
Wo man des Mädchens sich, des liebsten, freut;

Sie lächelte, wie Blüthen lächeln, sagte dann:
Bei Sonnenwiederkehr zerreisst der Ost das Kleid.

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Ebu Dschafer Ibn Said: der Ahnherr der an Männern von politischem und literarischem Verdienst so reichen Familie der Herrn des Schlosses von Jahssab, berühmt nicht nur als Wesir Ebu Said's, des Sohnes Abdol-Mumin's, des Statthalters von Granada, sondern auch als Nebenbuhler desselben bei der Dichterin Haffsa; er selbst ein ausgezeichneter Dichter, welchem Makri sieben volle Blätter weiht.

 


 

Aus: Literaturgeschichte der Araber
von ihrem Beginne bis zum Ende
des zwölften Jahrhunderts der Hidschret
Von Hammer-Purgstall
Zweite Abtheilung
Von dem Regierungsantritte Mostekifi-billah's
bis zum Ende des Chalifates zu Bagdad im Jahre 656 (1258)
Siebenter Band
Vom achten Jahre der Regierung des ein und dreissigten Chalifen
Moktefi-bi-emrillah bis zum Falle Bagdad's
d. i. vom Jahre der Hidschret 538 (1143) bis 656 (1258)
Wien 1856
(S. 873-874)

 

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