Arabische Dichter

Aus der Literaturgeschichte der Araber

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1850-56)



Ibnol-Moallim
(gest. 1196)


Führt die flücht'gen Frauensänften mir zurück


Führt die flücht'gen Frauensänften mir zurück,
Wo ist ohne sie in beiden Welten Glück?

Ihr beklagt euch der Verhind'rung, dass die Weide
Euch sowohl den Wuchs als die Bewegung neide;

Vorwand suchte sie, ihr erstes Wort zu brechen,
Wer wird trauen noch den folgenden Versprechen? -

Wo ist nun Zusammenkunft mit Kampfesrecken,
Mit Schlachtsöhnen, die dahin die Löwen strecken,

Lange Lanzen schwingen sie in ihren Händen,
Ihre Hände sind nur da den Speer zu wenden,

Blanke Schwerter gürten sie um ihre Lenden,
Und sie sprechen nur von ind'scher Schwerter Enden.

Wenn sie sich betrachtend von der Schlacht abwenden,
Kann Entsagung von der Herrschaft Trost nicht senden;

O Bewohner Noman's! sagt: wo sind die Zeiten?
O Bewohner Noman's! die uns Glück bereiten.

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Wie oft sprach ich zu Ihr, Du bist ein Karneol,
Die Waldkuh aber war auf Löwenjagden toll,

Die Waldkuh von Hidschas, ich wollte sie erjagen,
Doch wollte mir das Loos nicht gönnen jenes Jagen.

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Ich schwör's beim Perlenschatz, der nicht betrügt,
Der innerhalb von Ihrem Munde liegt;

Es folget das Kamel des Treibers Schritten,
Und würde mir die Hand auch abgeschnitten;

Wenn sie nicht Leila wäre, wär' ich wohl
Für ihren Hals wie der Medschnun ganz toll.

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Wenn von Bewohnern Nedschd's bestimmt die Schaar,
Bringt aufgelöster Kappzaum nicht Gefahr,

Im Hauch des Ost's ist Liebe zugetheilt,
Die von der schweren Krankheit Seelen heilt,

Der Hauch des Ostes löst in seinem Lauf
Die Knoten und die Schwierigkeiten auf.

Seit ewig her schon bin ich Euch geweiht
Und meine Lieb' entstand nicht in der Zeit,

Wo ist das Blatt, dem ich vertrau' die Klagen,
Ich will sie persisch und arabisch sagen;

Von meinen Wimpern ist der Schlaf gar weit,
Das Elend stehet meinem Leib zur Seit',

Wann Ihr Euch weigert als Phantom zu kommen,
So habt Ihr selbst Euch die Gelegenheit benommen

Und bis sorgfältig Ihr zu mir umkehrt,
Hat mich die Liebe gute Art gelehrt.

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Ibnol-Moallim: ein ausgezeichneter Dichter, der die meisten Gaselen und Lobgedichte sang, den wahren Ausdruck der Liebe und Zärtlichkeit fand und dadurch alle seine Zuhörer begeisterte; viele Fakire wussten dieselben auswendig und schrieben den Schwung der Gedichte Ibnol-Moallim's dem geistigen Einflusse des Scheichs Ibner-Rofaai zu; Taawisi, sein Zeitgenosse, wie er ein grosser Dichter, feindete ihn mit Sticheleien und Satyren an.
(...) Ibnol-Moallim erzählt, dass er zu Bagdad den Predigten Ebul-Feredsch Ibnol-Dschewsi's beigewohnt habe. Er war geboren i. J. 501 (1107) zu Heres, welches ein zum Gebiete des Canales Nehr Dschafer gehöriges Dorf, beiläufig zehn Parasangen von Wasith gelegen.


 

Aus: Literaturgeschichte der Araber
von ihrem Beginne bis zum Ende
des zwölften Jahrhunderts der Hidschret
Von Hammer-Purgstall
Zweite Abtheilung
Von dem Regierungsantritte Mostekifi-billah's
bis zum Ende des Chalifates zu Bagdad im Jahre 656 (1258)
Siebenter Band
Vom achten Jahre der Regierung des ein und dreissigten Chalifen
Moktefi-bi-emrillah bis zum Falle Bagdad's
d. i. vom Jahre der Hidschret 538 (1143) bis 656 (1258)
Wien 1856
(S. 1052-1053)

 

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